G7: Agenda-Setting in den Alpen

US-Präsident Joe Biden in Elmau beim bilateralen Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Foto: www.g7germany.de

Am zweiten Tag des Gipfeltreffens in Elmau geht es "vor allem" um die Unterstützung der Ukraine gegen Russland – Greenpeace erinnert mit Leuchteffekten an die Klimakrise.

Heute stehe "vor allem die weitere Unterstützung der Ukraine auf dem Tagesprogramm", hieß es von Seiten der deutschen Gastgeber – und das Weiße Haus kannte wesentliche Ergebnisse der Beratungen am zweiten Tag des G7-Gipfels im oberbayerischen Elmau schon vorher.

"Präsident Biden wird sich heute in Deutschland mit den Staats- und Regierungschefs der G7 und Präsident Selenskyj treffen, um unser unerschütterliches, einheitliches Bekenntnis zur Unterstützung der Ukraine fortzusetzen und auf unseren beispiellosen Sanktionen aufzubauen, um Präsident Putin zur Rechenschaft zu ziehen", teilte das Weiße Haus vorab mit.

Die USA würden in Abstimmung mit den G7-Staaten Sanktionen gegen Hunderte weitere Personen und Institutionen erlassen und Strafzölle auf zahlreiche russische Produkte erheben – insgesamt auf mehr als 570 russische Produktgruppen mit einem Volumen von rund 2,3 Milliarden Dollar.

US-Sanktionen gegen den russischen Rüstungssektor würden ausgeweitet, um Russlands Fähigkeit einzuschränken, "militärische Ausrüstung zu ersetzen, die es in seinem brutalen Krieg gegen die Ukraine bereits verloren hat".

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bat die Gipfelteilnehmer dann per Videoschalte um Unterstützung – etwa durch Luftabwehrsysteme, denn die Ukraine wolle den Krieg noch in diesem Jahr beenden. "Wir werden weiterhin finanzielle, humanitäre, militärische und diplomatische Unterstützung leisten und stehen an der Seite der Ukraine so lange wie nötig", hieß es im Anschluss in einem G7-Statement zur Ukraine.

Die Bild hatte online schon am Vorabend frohlockt: "Wir stehen zusammen, Putin!" – Und überhaupt schien sich das Treffen zu großen Teilen um den abwesenden russischen Präsidenten zu drehen, obwohl die "wichtigsten Staatschefs der Welt" nach den Worten des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) genau hier versammelt sind. Vertreten sind Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, das Vereinigte Königreich und die USA, anwesend sind außerdem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) und EU-Ratspräsident Charles Michel.

Kritik an westlichem Tunnelblick und elitärem Charakter des Treffens

Kritikpunkte des Aktionsbündnisses "Stop G7 Elmau", das bis zuletzt versuchte, einen Protest in Hör- und Sichtweite des Treffens gerichtlich zu erstreiten, sind die Exklusivität des Gipfels und der Tunnelblick auf den Krieg in der Ukraine, während das Leid in anderen Kriegsgebieten weniger wichtig genommen wird – vor allem, wenn der Aggressor als Verbündeter des Westens gilt oder gar Nato-Mitglied ist – und während die Bekämpfung der Klimakrise immer weiter hinausgeschoben wird.

Nur 50 namentlich gelistete Personen durften schließlich einen halben Kilometer entfernt vom Tagungsschloss demonstrieren, nachdem sie sich an einem größeren Sternmarsch bis zur Sicherheitszone beteiligt hatten. Das Verwaltungsgericht München (VGH) hatte zuvor einen Eilantrag des Anmelders Franz Haslbeck gegen die 500-Meter-Auflage abgewiesen.

Greenpeace kontra Greenwashing

Auch das angekündigte globale 600-Milliarden-Investitionsprogramm der G7 für Infrastruktur, Klimaschutz und Gesundheitsbereich dürfte kritisch beleuchtet werden, was "Greenwashing" und Investitionen in fossile Energieträger betrifft.

"Die G7 müssen jetzt so schnell wie möglich ihre Importe von Gas, Kohle und Öl aus Russland stoppen und ihre Stromproduktion bis 2035 komplett auf erneuerbare Energien umstellen", bekräftigte am Montag die Umweltorganisation Greenpeace. Und "kritisch beleuchten" ist in diesem Fall sogar wörtlich zu nehmen: Am frühen Montagmorgen hatte ein Greenpeace-Aktionsteam die Slogans "G7: End Fossil Fuels Now" und "G7: Jetzt Gas, Öl und Kohle stoppen" auf einer Breite von 800 Metern an den Hang des Waxensteins in der Nähe des Gipfel-Tagungsorts im Wettersteingebirges projiziert.

Am Sonntag hatte sich Italiens Ministerpräsident Mario Draghi dafür ausgesprochen, dass die westlichen Länder beispielsweise in Afrika auch in die Gasinfrastruktur investieren – nicht etwa nur in den Ausbau der Erneuerbaren Energien. Es sei aber wichtig, dass die Gasinfrastruktur anschließend auch für Wasserstoff genutzt werden könne, so Draghi.

Greenpeace traut unterdessen auch dem deutschen Kanzler Olaf Scholz (SPD) nicht: Scholz verliere beim G7-Gipfel "seine Glaubwürdigkeit", wenn er weiterhin zu den "irrlichternden Positionen" seines Koalitionspartners FDP schweige, erklärte Martin Kaiser vom Geschäftsführenden Greenpaece-Vorstand am Montag. "Scholz muss sich jetzt klar für ein Ende des Verbrenners aussprechen oder wird zum Saboteur des Green Deal", so Kaiser.

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen kündigte an, das "Team Europe" werde 300 Milliarden Euro an staatlichem und privatem Geld als Beitrag für die G7-Investitionsinitiative bereitstellen. "Wir müssen als Demokratien unsere gemeinsamen Kräfte bündeln", sagte sie. Hintergrund ist die Besorgnis über den wachsenden Einfluss Chinas, das ebenfalls in die Infrastruktur von Entwicklungs- und Schwellenländern investiert.