G7 und Russland: Brüchige Einigkeit

Seite 2: Schwellenländer reihen sich nicht in Front gegen Russland ein

Ein Hauptgrund für die Einladung Indiens, Indonesiens, Südafrikas, Senegals und Argentiniens zum G7-Gipfel war die Ausweitung der globalen Allianz gegen Russland. Aber dieses Ansinnen ist gescheitert. Dem Wall Street Journal zufolge erklärte Indiens Premierminister Narendra Modi bei einem bilateralen Treffen mit Scholz, dass Indien sich nicht an den Bemühungen gegen Russland beteiligen könne, und verteidigte auch öffentlich die Käufe von Erdöl aus Russland.

Ein zweiter Bereich, in dem die G7 darauf hoffte, Russlands Einnahmen zu schmälern, ist der Stopp der Einfuhr von russischem Gold. Auch hier fehlte es an einem Konsens. Scholz wollte, dass der US-Vorschlag zunächst auf EU-Ebene diskutiert wird. Der Vorsitzende des Europäischen Rates, Charles Michel, zeigte sich jedoch skeptisch: "Was das Gold betrifft, so sind wir bereit, die Details zu diskutieren.

Der Sprecher des Kremls, Dmitri Peskow, zeigte sich offen ablehnend:

Der Edelmetallmarkt ist global, er ist recht groß, umfangreich und sehr vielfältig. Wenn ein Marktteil aufgrund illegitimer Entscheidungen an Attraktivität verliert, dann gibt es, wie bei anderen Gütern auch, eine Umorientierung dorthin, wo diese Güter mehr nachgefragt werden, wo sie bequemer zu erwerben sind und wo es legitimere Wirtschaftsregime gibt.

Der zurückhaltende Auftritt von US-Präsident Joe Biden auf dem G7-Gipfel spricht für sich selbst. Er begnügte sich damit, den anderen Staats- und Regierungschefs das Reden zu überlassen. Am letzten Tag des Gipfels, als die Sonne verschwand und sich dunkle Wolken über der imposanten Bergkulisse hinter Schloss Elmau senkten, berief sich Biden auf ein drohendes Gewitter, um eilig zum Münchner Flughafen abzureisen, und verzichtete auf eine Rede, die er eigentlich halten wollte.

In der Tat ist der Bruch fast surreal. Auf dem letzten G7-Gipfel unter deutschem Vorsitz im Jahr 2015 hatten sich die westlichen Staats- und Regierungschefs verpflichtet, bis zum Jahr 2030 mindestens 500 Millionen Menschen vom Hunger zu befreien. Seit 2017 sind die Zahlen jedoch nur noch gestiegen, und im Jahr 2022 werden über 150 Millionen Menschen mehr an Unterernährung leiden. Das Klima ist ein weiterer Risikofaktor.

Klimapolitik: Deutschlands Zurückrundern wird wahrgenommen

Bundeskanzler Scholz ist in die Kritik geraten, weil er auf dem G7-Gipfel versucht hat, die Vereinbarungen zum internationalen Klimaschutz zu verwässern. Aufgrund der Energiekrise versucht Deutschland, seine Selbstverpflichtung zum Ausstieg aus der öffentlichen Finanzierung fossiler Brennstoffe bis Ende 2022 rückgängig zu machen.

Dieses Jahr ist zweifellos ein wichtiges Jahr für das Klima. Die internationale Gemeinschaft hat versprochen, die nationalen Klimapläne zu aktualisieren und sie so anzupassen, dass das 1,5-Grad-Ziel noch vor der UN-Klimakonferenz in Ägypten im November erreicht werden kann. Damit dies gelingt, hätten die G7 mit gutem Beispiel vorangehen müssen.

Das Gegenteil ist eingetreten: Deutschland steigert seine Kohleimporte aufgrund der Unsicherheiten bei den russischen Gaslieferungen. Die G7 betonten die Rolle verstärkter Lieferungen von Flüssigerdgas und fügten hinzu, dass sie "anerkennen, dass Investitionen in diesem Wirtschaftsbereich als Reaktion auf die derzeitige Krise notwendig sind".

Scholz warnte erneut vor der realen Gefahr von Energieengpässen in der deutschen Wirtschaft und einem Lehman-ähnlichen Dominoeffekt. Zweifellos ist dies eine eklatante Umkehrung der Klimastrategie.

Im Grunde weist all dies darauf hin, dass die G7 nicht wissen, wie sie einen Ausweg aus den "Sanktionen aus der Hölle" gegen Russland finden sollen. Der Gipfel hat gezeigt, dass die bestehenden Sanktionen gegen Russland die Schmerzgrenze der meisten westlichen Entscheidungsträger ausgereizt haben. Und die europäischen Staats- und Regierungschefs stellen nun fest, dass weitere Sanktionen ihren Preis haben werden.

Sicherlich ist es dringend notwendig, eine neue westliche Strategie für den Fall einer längeren wirtschaftlichen Konfrontation mit Russland zu beschließen und die Wähler über die möglichen Folgen aufzuklären. Die deutsche Regierung warnte vor einer möglichen Gasverknappung, die zur Schließung von Fabriken und einer möglichen Rationierung der Gaslieferungen an Haushalte führen könnte.