Gamescom: Arbeit ist kein Spiel – Game-Entwickler protestieren

Joystick mit Gewerkschaftsfahne

Gamescom lockt Spielefans. Branche boomt, aber Entwickler leiden. Wie lange lassen sie sich noch ausbeuten?

Die Gamescom in Köln ist die weltweit größte Messe für Computer- und Videospiele. Firmen aus 64 Ländern zeigen technische Innovationen und neue Video- und Computerspiele.

Games-Industrie: Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Deutschland

Trotz der Absage von Konzernen wie Sony und Nintendo ist das Angebot nach Angaben der Veranstalter mit rund 1.400 Ausstellern um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gewachsen. Neben zahlreichen Werbeveranstaltungen zeigen Gamer aus aller Welt bei Turnieren ihr Können.

Bundeswirtschaftsminister Habeck sprach bei Eröffnung der Veranstaltung und betonte die Bedeutung der Games-Industrie für die deutsche Wirtschaft. Nach einer repräsentativen Studie im Auftrag des Digitalverbands Bitkom spielt rund jeder zweite Deutsche (53 Prozent) ab 16 Jahren zumindest gelegentlich Video- oder Computerspiele. Unter den 16- bis 29-Jährigen sind es demnach 90 Prozent.

Branchenvertreter kritisieren jedoch den Minister. So werden wohl mehr als 60 Millionen Euro geplanter Fördergelder gestrichen, die 2025 und 2026 aus dem Etat der Kulturbeauftragten an Gamesentwickler fließen sollten, meldet der Spiegel.

Am Abend traf sich Habeck zum Dinner mit Top-Managern der Branche, darunter Ubisoft-Boss Yves Guillemot und Bandai-Namco-Europa-Chef Arnaud Muller. Ob die Arbeitsbedingungen der Game-Entwickler eine Rolle in den Gesprächen gespielt haben, ist nicht bekannt.

Realität in der Games-Branche: Unsichere Arbeitsverhältnisse und hoher Zeitdruck

Im Vorfeld der Gamescom erhoben die Beschäftigten klare Forderungen. Denn auch wenn für viele junge Menschen die Programmierung von Spielen wie ein Traumjob erscheint, sieht die Realität anders aus.

Die Arbeit in der Gamer-Welt erfolgt unter enormen Zeitdruck. Und die wirtschaftliche Großwetterlage wirkt auch hier: Unsichere Arbeitsverhältnisse belasten viele Programmierer: "Alleine 2023 verloren schätzungsweise mehr als 10.000 Entwickler ihren Job.

Und 2024 rollten bereits ebenfalls die Kündigungswellen über die gebeutelte Branche – auch in Deutschland. Die Gründe dafür liegen zwischen Post-Corona-Ernüchterung, kriegsbedingter Investitionsscheu und der globalen Inflation verborgen", erläutert der Journalist Dom Schott bei netzpolitik.org. Kaum gewerkschaftlich organisiert, sind Beschäftigte oft auf sich alleine gestellt, wenn Stellen gestrichen oder Überstunden eingefordert werden.

Gewerkschaftliche Organisation in der Games-Branche: Nur wenige Betriebsräte vorhanden

Fast zehn Milliarden Euro setzt die Games-Industrie in Deutschland um – mehr als 30.000 Menschen sind bei Publishern, Studios, Agenturen und Medienhäusern beschäftigt. Und trotzdem gibt es bei den hiesigen Unternehmen gerade mal eine Handvoll Betriebsräte, unter anderem bei Nintendo of Europe (Frankfurt), Electronic Arts (Köln), Bigpoint (Hamburg), Microsoft (München) und seit kurzem bei Deck13 in Frankfurt.

GamesWirtschaft

Arbeitende der Games-Branche haben Forderungen für bessere Arbeitsbedingungen formuliert:

Um nicht länger nur über Belastungsspitzen, Belästigung und intransparente Entscheidungen zu klagen, haben sich Beschäftigte der Games-Branche als Game Devs Roundtable (GDRT) aktiv in ver.di organisiert.

Matthias Grzegorczyk

Der deutsche Branchenverband Game meldete in der vergangenen Woche einen Umsatzrückgang von sechs Prozent auf 4,3 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2024. Schlechte Zahlen üben Druck aus, den die Unternehmen an die Beschäftigten weiter geben.

Der Weg zu Tarifverträgen ist deshalb ein weiter, wissen auch Gewerkschafter. Die Gründung von Betriebsräten ist dabei ein erster Schritt, gemeinsam Gegenwehr zu entwickeln, um die Arbeitsbedingungen zu verbessern.