Geschäftsmodell: Wie Großbritannien und die USA beim Steuerraub mitmischen

ein Geldsack voller britischer Pfund, daneben liegen eine Rolle US-Dollarscheine und Euro-Scheine. Vor diesem Arrangement ist eine Lupe.

Bild: Andrii Yalanskyi/Shutterstock.com

Kaputtes System: Jedes Jahr verschwinden Milliarden durch Steuerflucht. Besonders acht Länder ermöglichen den Raubzug. Wie die UNO nun reagieren will.

Einer Untersuchung von Tax Justice Network, ein internationales Netzwerk, das sich für ein gerechtes und transparentes Steuersystem einsetzt, zufolge entgehen den Ländern weltweit 492 Milliarden US-Dollar an Steuern – jedes Jahr.

Der Grund: Zwei Drittel gehen wegen multinationaler Unternehmen verloren, die ihre Gewinne ins Ausland verlagern, um dadurch Steuern zu vermeiden. Ein Drittel entfällt auf sogenannte Superreiche, die ihr Vermögen in Steueroasen verstecken.

Je geringer die Körperschaftssteuer ...

Tax Justice Network konnte einen erstaunlichen Zusammenhang zwischen der Höhe der Körperschaftssteuer und den Steuereinnahmen entdecken. Auch wenn generell die Körperschaftssteuersätze weltweit gesunken sind, haben multinationale Konzerne mehr Gewinne in Steueroasen verschoben.

Im Jahr 2021 waren es 1,42 Billionen US-Dollar und damit der bisher höchste Wert. Tax Justice Network kommentiert:

Die Daten zeigen, dass multinationale Konzerne, die weniger Steuern zahlen sollten, mehr betrogen haben. (…) Die Länder haben effektiv 32 Milliarden US-Dollar an Steuern an multinationale Konzerne abgetreten, und im Gegenzug haben multinationale Konzerne die Länder noch stärker geschröpft.

"Die schädlichen Acht"

Fast die Hälfte der Steuerverluste (43 Prozent) werden von acht Ländern ermöglicht, in denen acht Prozent der Menschheit lebt: Australien, Kanada, Israel, Japan, Neuseeland, Südkorea, das Vereinigte Königreich und die USA. Tax Justice Network berechnet den Anteil dieser besonderen Gruppe:

• Großbritannien und seine Überseegebiete (Cayman Insel, Bermuda, Britische Jungferninseln) sind für mehr als ein Viertel der Steuerverluste aller Länder verantwortlich. Der Schaden weltweit: 129 Milliarden US-Dollar entgangene Steuereinnahmen pro Jahr.

• Die USA sind für 7,6 Prozent verantwortlich, was die Länder 38 Milliarden US-Dollar pro Jahr kostet.

• Kanada ist für 6,3 Prozent verantwortlich und jährlich 31 Milliarden US-Dollar.

Tax Justice Network kommentiert:

Für jeden US-Dollar, den die "schädlichen Acht" durch die Ermöglichung von globalem Steuermissbrauch an Steuern einnahmen, gingen dem Rest der Welt 16 US-Dollar an Steuern verloren, was die extreme Verschwendung der derzeitigen Regelungen verdeutlicht, für deren Beibehaltung die "schädlichen Acht" gestimmt haben.

Lose-Lose

Tax Justice Network kann in ihrer Untersuchung ein überraschendes Paradox entdecken. Die acht "Hauptschuldigen", die für 212 Milliarden US-Dollar jährlich entgangener Steuereinnahmen weltweit verantwortlich sind, gehören auch selbst zu den großen Verlierern einer Steuerpolitik, die einzig multinationale Unternehmen und Superreichen schützt:

Einige der größten Ermöglicher des globalen Steuermissbrauchs sind auch die größten Verlierer des globalen Steuermissbrauchs - ein Ergebnis, das die Verlierer-Natur des globalen Steuermissbrauchsmodells verdeutlicht.

• USA verloren 73 Mrd. US-Dollar (größter Verlierer weltweit)
• Großbritannien verlor 45 Milliarden US-Dollar (zweitgrößter Verlierer)
• Australien verlor 24 Mrd. US-Dollar (7. größter Verlierer)
• Japan verlor 16 Mrd. US-Dollar (9. größter Verlierer)
• Kanada verlor 11 Mrd. US-Dollar (14. größter Verlierer)
• Südkorea verlor 2 Mrd. US-Dollar (28. größter Verlierer)
• Israel verlor eine Milliarde US-Dollar (37.)
• Neuseeland verlor eine Milliarde US-Dollar (42.)

Insgesamt verloren die acht Länder 177 Milliarden US-Dollar pro Jahr. Alex Cobham, Geschäftsführer des Tax Justice Network, kommentiert:

Die "schädlichen Acht" haben für eine Welt gestimmt, in der wir alle weiterhin eine halbe Billion US-Dollar pro Jahr an steuerbetrügerische multinationale Konzerne und Superreiche verlieren.

Das Vereinigte Königreich und die USA gehören sowohl zu den größten Förderern als auch zu den größten Verlierern dieses verlustreichen Steuersystems, und ihre Bürger fordern immer wieder ein Ende des Steuermissbrauchs, weshalb es absurd ist, dass die USA und das Vereinigte Königreich versuchen, dieses System zu erhalten.

Acht gegen die Welt

Seit einiger Zeit verhandelten die UN eine Resolution, die als die größte Umwälzung in der Geschichte des globalen Steuersystems angesehen wird und die beste Chance für die Welt sein könnte, um den Verlust von knapp 500 Milliarden US-Dollar pro Jahr zu verhindern.

Die "schädlichen Acht" stimmten – wenig überraschend – im August dieses Jahres gegen die Vorverhandlungsbedingungen für die Parameter und Ziele eines UN-Steuerübereinkommens. Aber etwa 110 Länder stimmten für die ehrgeizigen Bedingungen und 44 enthielten sich der Stimme.

Die Welt gegen die Acht plus Argentinien

Vor wenigen Tagen kam es nun in den UN zur Schlussabstimmung. Ein Land schloss sich den bisherigen acht Nein-Sagern an: Argentinien. Die EU enthielt sich geschlossen der Stimme.

Zu den zentralen Zielen der Resolution zur "Förderung einer umfassenden und wirksamen internationalen Zusammenarbeit im Steuerbereich bei den Vereinten Nationen" gehört die Schaffung eines "Governance-Systems für die internationale Steuerzusammenarbeit, das in der Lage ist, auf bestehende und künftige steuerliche und steuerbezogene Herausforderungen kontinuierlich zu reagieren".

Die Länder verpflichteten sich, eine "gerechte Aufteilung der Besteuerungsrechte, einschließlich einer gerechten Besteuerung multinationaler Unternehmen", zu gewährleisten und "Steuerhinterziehung und -vermeidung durch vermögende Privatpersonen zu bekämpfen und deren effektive Besteuerung sicherzustellen".

Irene Ovonji-Odida, Vorsitzende des Tax Justice Network, kommentierte:

Dies ist ein entscheidender Moment. Die Welt hat ein Jahrhundert erlebt, in dem die internationalen Steuervorschriften von einer kleinen Gruppe von Ländern festgelegt wurden – zunächst im Völkerbund und dann in der OECD – , was zu einem explosionsartigen Anstieg der Steuereinnahmen geführt hat, die durch die missbräuchlichen Praktiken multinationaler Unternehmen und reicher Einzelpersonen, die ihr Vermögen im Ausland verstecken, verloren gehen.

Gewöhnliche Bürger, Arbeitnehmer und inländische Unternehmen überall sind die Verlierer, auch in den OECD-Ländern. Jetzt werden wir endlich alle gemeinsam verhandeln, um Regeln festzulegen, die für alle gelten. Für alle, außer für die Steuerhinterzieher!