Globale US-Militärpräsenz und die Rolle Deutschlands

Seite 3: Weltweiter Widerstand wächst

Weltweit gibt es eine Vielzahl von Standorten mit Militärbasen, wo es gut dokumentierten Widerstand gibt. Die Motive sind dabei sehr unterschiedlich. Überwiegend spielen die Umwelt- und Gesundheitsbelastungen eine Rolle, wie Fluglärm durch (sehr laute) Uralt-Transportmaschinen, Kampfjet-Übungszonen und Hubschrauber. Weitere erhebliche Belastungen sind extrem starke elektomagnetische Strahlungen durch Radaranlagen sowie die Belastung von Oberflächengewässern mit Schadstoffen wie vor allem PFAS-Löschschäume.

Die kumulierten Altlasten im Boden durch PFAS, Mineralöle und Kerosin wirken sich hingegen erst nach Jahrzehnten als Zeitbomben im Grundwasser und damit für die Trinkwasserversorgung aus, sofern keine aufwendigen Sanierungen vorgenommen werden. Politisch wird der Protest vor allem dann, wenn zivile Einrichtungen von US-Militär genutzt werden, wie z.B. in dem politisch neutralen Irland der Flughafen Shannon.

Massenproteste gibt es vor allem in Okinawa. Im August 2018 demonstrierten 70.000 Menschen gegen die umweltzerstörende Verlegung der US Air Base Futenma an den Küstenstreifen von Henoko. Die ganze Dramatik von militärisch verursachten Umwelt- und Gesundheitsbelastungen hat der seit 10 Jahren in Okonawa lebende britische Journalist Jon Mitchell vor allem durch systematische Nutzung des "Freedom of Information Act" der USA aufgearbeitet und Ende 2020 in seinem Buch "Poisoning the Pacific – The US Military‘s secret dumping of Plutonium, Chemical Weapons, and Agent Orange" veröffentlicht.

Doch es ist eine andere Frage, welche Auslöser zu einem durchschlagenden und erfolgreichen Widerstand führen. In Okinawa regt sich z.B. vor allem Protest nach Gewaltverbrechen von US-Soldaten, die aufgrund des Truppenstatuts ungesühnt bleiben.

Aus US-amerikanischer Sicht ergeben sich völlig andere Herangehensweisen. Vine als Hauptredner eines Kongresses der US-Friedensbewegung in Baltimore im Januar 2018 verwies auf den Niedergang der öffentlichen Infrastruktur in den USA am Beispiel des maroden ÖPNV sowie dem fortschreitenden Ausfall von Heizungen in Schulen bei winterlichen Temperaturen. Dem stellte er die hervorragende Infrastruktur von US-Militärstützpunkten im Ausland gegenüber, wie z.B. die medizinische Versorgung in Guantánamo Bay, wovon US-Steuerzahler nur träumen könnten.

Diese monetäre Sicht ließe sich auch in Deutschland auf die Militärregion Kaiserslautern anwenden. Dort befindet sich in Landstuhl das größte US-Militärhospital im Ausland, das in der 50er-Jahren gebaut und seitdem fortlaufend modernisiert wurde. Obwohl dieses nach allgemeinen Maßstäben nach wie vor modern ausgerüstet ist, wird derzeit direkt gegenüber der Air Base (mit weiteren, bereits erfolgten Einschnitten in das dortige Naturschutzgebiet) ein neues US-Hospital erstellt, für das fast 1 Mrd. US-Dollar veranschlagt sind, wovon deutsche Steuerzahler ca. 15 Prozent als Planungskosten übernehmen.

Begründung war seinerzeit (im Jahr 2010), dass man Kriegsverletzte rasant und direkt auf den Operationstisch bringen müsste. Das US-Hospital in Landstuhl ist zwar keine 10 km Luftlinie entfernt, aber nur über öffentliche Straßen erreichbar, obwohl auch ein Helikopter-Landeplatz vorhanden ist.

Das neue US-Hospital in Weilerbach ist dem gegenüber von der Air Base nur durch eine öffentliche Landstraße getrennt. Damit diese einem blitzschnellen Übergang von der Air Base nicht im Wege steht, wird zugleich mit dem Krankenhaus ein neues Gate mit verschlungener Straßenführung, Brückenbauwerk und komplexen Kontrollstellen errichtet.

Ein umfassendes Bild von dieser erschreckenden Gigantomanie erhält man leider nicht über das Satellitenbild - wo aber der Flächenfraß des US-Militärs zu sehen ist - sondern am besten direkt vor Ort. Die Kampagne Stopp Air Base Ramstein beteiligte sich am 30. April an dem "International Day of Action against Military Bases" mit einem Fahrradmarathon um die Air Base, wo diese kilometerlange, mit verschlungenen Zufahrten und Barrieren überdimensionierte Kontrollstellen (mit Umgehungsstrecken für Kriegsverletzte) nicht zu übersehen waren.

Dies ist auch ein Grund, warum bei den anstehenden Aktionstagen in der Woche vom 5. bis 11. Juli diesmal gleich mehrere Fahrrad-Sternfahrten zur Air Base vorgesehen sind, bei denen man sich ein Bild von der Dimension dieser militärischen Logistik-Drehscheibe machen kann.

Der Autor ist Betreiber des Datenbank- und Visualisierungstools VisualBases, das im Auftrag der Kampagne Stopp Air Base Ramstein für den jährlich stattfindenden International Congress against Military Bases in Kaiserslautern erstellt wurde.

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