Griechenland: Polithäftling in kritischem Zustand

Seite 2: Nea Dimokratia vs./ Koufontinas

Gesagt, getan. Mit dem Artikel 3 des Gesetzes 4760 von 2020 wurde eine eigens für Koufontinas Fall zugeschnittene Regel erlassen. "Es ist verboten, wegen Terrorismus verurteilte in Agrargefängnisse und in die Geschäfte der Haftanstalten zu verlegen", heißt es im Gesetz.

Der einzige wegen Terrorismus verurteilte Häftling, der in einem Agrargefängnis war, war Dimitris Koufontinas. Mit dem gleichen Gesetz wurde Koufontinas die Möglichkeit zum Hafturlaub genommen. Der Hafturlaub steht in Griechenland allen Inhaftierten zu, die mindestens acht Jahre in Haft sind. Mörder, Vergewaltiger, aber auch verurteilte Neonazis können ihn beantragen, nur verurteilte Linksterroristen nicht. Denn wegen Terrorismus verurteilt werden in Griechenland nur Personen aus dem linken politischen Spektrum.

Koufontinas erwartete, dass er, wie es im Gesetz steht, nun zurück ins Korydallos Gefängnis kommt. Er wurde aber in die Haftanstalt Domokos verlegt. Er sieht sich wegen der eigens gegen ihn erlassenen gesetzlichen Regelungen als politischer Häftling.

Sämtliche Anträge von Koufontinas auf Verlegung wurden vom Ministerium für Bürgerschutz abgelehnt. Der Bürgerobmann, die einzige unabhängige Behörde, die das Recht hat, Gefängnisse zu betreten und Berichte und Beschwerden zu prüfen, wandte sich bereits Anfang des Jahres wegen der Nichtüberstellung von Dimitris Koufontinas ans Ministerium. Bislang ohne Erfolg.

Zu den weiteren Gesetzesreformen der Regierung gehörte, dass sie dem Justizministerium und damit dem Justizapparat die Kontrolle über die Haftanstalten entzogen hat. Diese wurde stattdessen dem für die Polizei zuständigen Ministerium, dem Ministerium für Bürgerschutz, unterstellt. Die Leitung dieses Ministeriums hat mit Michalis Chrysochoidis, der Minister, der 2002 für die Aushebung der Gruppe des 17. November verantwortlich zeichnete.

Koufontinas Hungerstreik ist ein politischer Akt des Protestes. Konsequent in seiner Einstellung nimmt er dabei den eigenen Tod in Kauf. Es ist auch ein persönliches Duell von Koufontinas mit der Familie Mitsotakis und mit dem von der Pasok zur Nea Dimokratia gewechseltem Michalis Chrysochoidis.

Proteste

Für das Anliegen von Koufontinas hinsichtlich seiner Verlegung haben sich außer Gavras auch weitere Prominente und Universitätsprofessoren stark gemacht. Die Parlamentarier von Syriza, MeRA25 (DiEM25) und der kommunistischen KKE gehören auch dazu.

Die KKE gab hinsichtlich Koufontinas eine Erklärung heraus, mit der sich von den Taten des Verurteilten distanziert, dessen Rechte aber betont:

Die KKE ist gegen die diskriminierende und willkürliche Behandlung eines Gefangenen, die sogar gegen die derzeitige falsche "Strafvollzugsgesetzgebung" verstößt. Sie verteidigt die Rechte von Inhaftierten in Bezug auf angemessene Haftbedingungen, Gesundheitsschutz, Urlaub, Beschäftigung, Bildung usw.

Unter diesem Gesichtspunkt lehnte die KKE mit dem Gesetz 4760/2020 auch die jüngste Änderung des Strafvollzugsgesetzes ab, mit der die Bedingungen für die Überstellung in Agrargefängnisse verschärft wurden, wobei von der Überstallung an diese die wegen Terrorismus verurteilten Personen ausgenommen wurden. Das heißt, dass auf selektive Art und Weise und mit inakzeptablen wissenschaftlichen Kriterien eine Kategorie von Gefangenen ausschließlich aufgrund der Straftat, für die sie verurteilt wurden, ausgeschlossen wurde.

Diese langjährige Haltung der KKE rechtfertigt in keiner Weise persönliche Terrorakte wie die von Koufontinas, die vom Staat und von den Regierungen ausgenutzt wurden und werden, um Volkskämpfe, revolutionäre Ideologie und Aktionen zu verleumden, aber auch um sie ihm Namen des "Kampfes gegen den Terrorismus" zu unterdrücken, und sich so letztendlich gegen die Rechte der Menschen und die Arbeiter wenden - den Kampf der Menschen.

Deshalb muss heute der Kampf gegen die reaktionären Gesetze intensiviert werden, insbesondere gegen den Rahmen der "Terroristengesetze", die von allen Regierungen, von der Nea Dimokratia, von SYRIZA und von der PASOK/KinAL, erlassen, aufrechterhalten und ständig bereichert werden.

Erklärung der KKE

Trotz derartiger eindeutig gegen terroristische Akte gerichteten Solidaritätskundgebungen besteht die Nea Dimokratia darauf, kollektiv sämtliche Unterstützer des Anliegens von Koufontinas als Sympathisanten und Förderer des Terrorismus zu verleumden.

Proteste und Demonstrationen für Koufontinas werden regelmäßig niedergeknüppelt. Auf eine Flugblattaktion in der Nähe der Parteibüros der Nea Dimokratia reagierte diese mit einer offiziellen Pressemeldung:

Erklärung der Pressestelle der Nea Dimokratia 20/02/2021 - 17:16

Der Gruppe von Schreihälsen, die vor den Büros der Nea Dimokratia in der Piräus Avenue vorbeikamen, um die Straße mit ihren Papieren zu verschmutzen und ihre vulgären Parolen zu sagen, informieren wir:

• Koufontinas ist kein politischer Gefangener, er ist ein verurteilter Mörder.
• Das Stück Papier, das sie geworfen haben und auf dem steht "keine Reueerklärung", besagt lediglich, dass sie mit seinen Handlungen einverstanden sind.
• In Bezug auf den Slogan "Der Staat tötet" möchten wir sie darüber informieren, dass Koufontinas derzeit auf einer Intensivstation ist und der Staat ihn behandelt.

Dies ist der Unterschied zwischen der Rechtsstaatlichkeit und den Anhängern reueloser Mörder.

Erklärung der Nea Dimokratia

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