Groko oder "Jamaika"-Koalition? Nur noch zwei Optionen in Sachsen-Anhalt
Eine Koalition mit AfD oder Linkspartei lehnt CDU-Ministerpräsident Haseloff ab, FDP und Grüne wollen nicht Reserve-Stimmvieh einer hauchdünnen "schwarz-roten" Mehrheit sein
Nach den Worten von Ministerpräsident Reiner Haseloff will die CDU in Sachsen-Anhalt nach ihrem Wahlsieg Sondierungsgespräche mit "allen demokratischen Parteien" Sondierungsgespräche führen. Nach Haseloffs Lesart sind dies die SPD, die FDP und die Grünen. Allerdings hat nach der FDP-Frontfrau Lydia Hüskens inzwischen auch die Spitzenkandidatin der Grünen deutlich gemacht, nicht als schwächstes Glied in einer Koalition mit CDU und SPD regieren zu wollen, nur weil die Mehrheit von "Schwarz-Rot" mit einer Stimme hauchdünn ist: "Wir stehen nicht zur Verfügung um Unsicherheiten der CDU im Abstimmungsverhalten auszugleichen", erklärte Cornelia Lüddemann am Dienstag.
In Frage käme somit neben einer "großen Koalition" aus CDU und SPD mit hauchdünner Mehrheit nur ein "Jamaika-Bündnis", in dem die FDP und Grüne zwar die deutlich schwächeren Juniorpartner der CDU wären, aber immerhin jeweils "wirklich gebraucht" würden und nicht nur "Reserverad" wären, wie Hüskens es ausgedrückt hatte. Der CDU stehen in neu gewählten Landtag 40 von 97 Sitzen zu, der FDP sieben und den Grünen sechs. Die SPD verfügt über neun Mandate.
Maaßen liefert Stimmungsbild für Verhältnis der CDU zur AfD
Die Partei Die Linke wird von Haseloff ebenso wie die AfD außerhalb des demokratischen Spektrums einsortiert. Letztere würde allerdings gerne mit der CDU koalieren, wie der AfD-Ko-Vorsitzende Tino Chrupalla noch am Wahlabend in der Talksendung "Anne Will" deutlich machte. Sein Hauptargument war dabei, dass die AfD bei der Landtagswahl zweitstärkste Kraft geworden war. Haseloff lehnt aber eine Koalition mit der AfD strikt ab - eine solche wäre auch CDU-Führungsgremien in Bund und Ländern zurzeit kaum vermittelbar. Das zeigt die Auseinandersetzung um den CDU-Rechtsaußenpolitiker Hans-Georg Maaßen, der in Südthüringen für den Bundestag kandidiert und wegen seiner inhaltlichen und stilistischen Nähe zur AfD einigen Unionspolitikern peinlich ist.
"Unsäglich" nannte kürzlich CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak einen Tweet von Maaßen, der die Spekulation enthielt, ob die Anfangsbuchstaben des vollständigen Namens der Grünen-Kanzlerkandidatin nur zufällig das Kürzel "ACAB" ergeben: "Annalena Charlotte Alma Baerbock = ACAB = All Cops Are Bastards. Zufall oder Chiffre?", schrieb Maaßen - und erklärte wenig später, er habe den Tweet als "Honeypot" verwendet, um "links-grüne" Hetzer aus der Reserve locken und anschließend blockieren zu können.
Sechs Jahre lang hat Maaßen von 2012 bis 2018 das Bundesamt für Verfassungsschutz geleitet - inzwischen verglich ihn der Thüringer Verfassungsschutzchef Stephan Kramer mit dem AfD-Politiker Björn Höcke, der Zentralfigur des offiziell aufgelösten völkisch-nationalen Flügels. Maaßen verbreite "klassische antisemitische Stereotype" und nutze "doppeldeutige Begriffe", so Kramer, der selbst mehrere Jahre Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland war und aktuell Mitglied der SPD ist. Im Wahlkreis 196 tritt sein Parteifreund Frank Ullrich gegen Maaßen an und liegt zurzeit in Umfragen knapp vor ihm. Kramer selbst wollte in einem anderen Wahlkreis antreten, der Thüringer Verfassungsschutzchef zog seine Kandidatur aber kürzlich zurück.
"Herr Maaßen ist in Thüringen derzeit aktiv und fällt somit auch in meinen Zuständigkeitsbereich", sagte Kramer Anfang der Woche dem Tagesspiegel. Er bezog sich wohl auf Maaßens krude Mischung aus verkürzter Kapitalismuskritik und Antikommunismus, die an die Erzählung von einer "jüdisch-bolschewistischen Weltverschwörung" erinnert - Maaßen geht beispielsweise von einer Verbrüderung von "Kapitalisten aus Davos mit den Leninisten" aus.
In Thüringen weht ein anderer Wind
In Thüringen forderten nach Kramers Äußerungen über Maaßen allerdings nicht nur AfD-Politiker, sondern auch CDU-Abgeordnete die Entlassung des Verfassungsschutzchefs - wegen fehlender politischer Neutralität. In Thüringen war die CDU-Fraktion allerdings auch bereit gewesen, eine von der AfD tolerierte Minderheitenregierung mit der FDP zu bilden, um die Wiederwahl von Bodo Ramelow (Die Linke) als Ministerpräsident zu verhindern. Bundesweite Führungsgremien der CDU hatten die Abgeordneten seinerzeit zurückgepfiffen.