Großoffensive für die Weltausstellung

Erneute Preiskorrekturen

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Voller Spannung warteten die Journalisten auf die angekündigte Pressekonferenz anlässlich der am 7. Juli tagenden Aufsichtsratssitzung der EXPO. Mit einer dreiviertel Stunde Verspätung wurde von einer ereignisreichen und entscheidungsfreudigen Sitzung berichtet. Beschlossen wurden neue Ticketangebote und die bereits im Vorfeld angekündigte Werbeoffensive mit 70 Millionen Mark beziffert.

Insgesamt war der Aufsichtsrat mit der Qualität der Weltausstellung zufrieden. Das wird auch durch die Besucherzufriedenheit von 90 Prozent bestätigt. In Umfragen geben mehr als die Hälfte der Besucher an, einen zweiten Besuch zu planen. Die Weltpartner sowie die Mehrzahl der Nationen freuen sich ebenso über die positive Resonanz. Die meisten Pavillons melden hohe Besucherzahlen. Der Deutsche Pavillon erwartet am Wochenende zum Beispiel den Millionsten Besucher. Für die positiven Beispiele hat die EXPO selbst die hohe Zahl der Staatspräsidenten, Regierungschefs und Minister angeführt, die bislang die Weltausstellung besucht haben. So viele Staatsgäste sollen sonst nicht einmal im Jahr Deutschland besuchen.

Dennoch zeigt sich, dass die Weltausstellung überwiegend von Besuchern aus Niedersachsen und insbesondere aus dem Raum Hannover getragen wird. Nach einer groben Hochrechnung soll jeder sechste Niedersachse in Hannover gewesen sein, aus Baden-Württemberg beispielsweise aber nur jeder 16. Einwohner. Grund genug, noch einmal 70 Millionen DM aus der Planungsreserve für "eine aggressive Werbemaßnahme" zur Verfügung zu stellen. Die Werbekampagne soll sich besonders an interessierte Besucher aus den skandinavischen und den Benelux-Staaten richten. Die Zahl von 50 Millionen DM, die in den letzten Tagen durch die Medien geisterte, soll nur eine Spekulation der Medien gewesen sein. Man wollte nicht zugestehen, dass der Werbeetat noch einmal um 20 Millionen aufgestockt wurde. Immer noch ist man bestrebt, die anvisierten 40 Millionen Besucher zu erreichen. Nach Ansicht des Aufsichtsratsvorsitzenden Helmut Werner sei das ein ehrgeiziges Ziel. Gleichzeitig räumte er aber auch ein, dass Fehler gemacht wurden. Die Prognosen seien zu optimistisch gewesen.

Neue Preisgestaltung

Trotz der qualitativen Zufriedenheit will man sich bei der EXPO mit der bislang erreichten Besucherzahl natürlich nicht begnügen. So gab es in der letzten Woche nur durchschnittlich 90.000 Besucher, was mit der Verteuerung des Abendtickets um fünf Mark verbunden sein könnte. Daher hat der Aufsichtsrat auf der aktuellen Sitzung eine neue Preisgestaltung beschlossen. Wegfallen sollen für die gesamte Ausstellungsdauer die so genannten "bürokratischen Steuerungseinheiten". Gemeint sind damit Maßnahmen, um Besucherströme am EXPO-Gelände über die Preisgestaltung gezielt steuern zu können. Ab sofort fallen die Parkgebühren und die Tageskassenaufschläge weg.

Zusätzlich gelten ab dem 10. Juli bis einschließlich zum 31. August in der so genannten Ferien- bzw. Urlaubszeit neue Eintrittspreise.

  1. Pro Erwachsener erhält ein Kind bis zu 12 Jahren freien Eintritt.
  2. Senioren ab 60 Jahren erhalten ganztägig ein Ticket für 49 DM.
  3. Das Familienticket (zwei Erwachsene mit bis zu vier Kindern) für 159 DM wird ebenfalls bis zum 31. August verlängert.
  4. Das zur Zeit schon verbilligte Abendticket für 15 DM gilt bereits ab 18 Uhr.

Mit der Gültigkeit des Abendtickets ab 18 Uhr sowie der Ermäßigung für Alleinerziehende hat sich der niedersächsische Ministerpräsident Gabriel offenbar Gehör verschafft. Unberücksichtigt blieb dagegen seine Forderung nach einer Wochenendkarte für 100 DM. Absolut neu ist die Ermäßigung für Senioren. Trotz der Pressekonferenz spiegelt die EXPO-Homepage die neue Preisgestaltung noch nicht wieder. Für den Zeitraum nach dem 31. August wollte man auf der Pressekonferenz noch keine verbindliche Stellungsnahme abgeben. Nach Auskunft der Geschäftsführung wird dann wieder auf die "normale" Preisgestaltung zurückgegriffen. Gleichzeitig hielt man sich aber den Entscheidungsraum für weitere Maßnahmen offen.

Wie groß ist der finanzielle Verlust?

Zynisch wird angemerkt, dass ab sofort jeder Autofahrer willkommen sei und jeder nun auch auf der EXPO sein Abendessen einnehmen könne. Doch zu dem mit den Preissenkungen einhergehenden wirtschaftlichen Verlust wollten sich weder der Aufsichtsratsvorsitzende Werner noch die Generalkommissarin Breuel äußern. Nach wie vor geht man von den eingeplanten 1.8 Milliarden Mark Einnahmen aus dem Ticketverkauf aus. Trotz der neu beschlossenen Werbekampagne besitzt die EXPO noch eine Planungsreserve von ca. 80 Millionen, so dass auch noch weitere Lenkungsmaßnahmen finanzierbar wären.

Doch so ganz stimmig kann diese Zahl nicht sein, denn es muss zwangsläufig eine Finanzierungslücke entstehen. Tagsüber besuchen hauptsächlich Schüler für 29 DM Eintritt die EXPO und am Abend sind es Besucher mit dem Abendticket. Mit keinem Wort werden außerdem die fehlenden Einnahmen aus Parkplatzgebühren und des Tageskassenzuschlages erwähnt. Insofern ist es fraglich, ob der bislang gehandelte Verlust von 400 Millionen DM zu halten ist.