Immer Ärger mit dem Kaktus
BMG muss abermals kopiergeschützte CDs umtauschen
Natalie Imbruglias neuestes Album wird in Europa mit einem CD-Kopierschutz vertrieben, aber offenbar ohne ausreichende Kennzeichnung. Nachdem sich die Beschwerden der Konsumenten mehrten, kündigt Imbrugilas Plattenfirma BMG den kostenlosen Umtausch der CDs an. Unmut erregt das Verhalten der Plattenfirmen mittlerweile auch beim Einzelhandel.
"White Lillies Island" heißt die neueste CD des britischen Popstars Natalie Imbruglia. Wer sich dazu die Kundenrezensionen auf Amazon.de durchliest, kommt kaum auf den Gedanken, dass sich jemand über dieses Album aufregen könnte. Es sei "großartig", "rockig" und man könne es "von vorn bis hinten durchhören", "endlich mal wieder", schreiben die Fans. In Großbritannien war die Reaktion auf das Album jedoch etwas kontroverser. Zahlreiche Kunden beschwerten sich, dass sie das Album eben nicht von vorn bis hinten durchhören konnten, sondern gar nicht - zumindest nicht auf dem Abspielgerät ihrer Wahl. Eine entsprechende Kennzeichnung fand sich jedoch offenbar nicht auf der CD.
Natalie Imbruglias CD ist mit dem Kopierschutz Cactus Data Shield der israelischen Firma Midbar ausgestattet, der das Abspielen auf CD-ROM-Laufwerken sowie auf DVD-Playern verhindert. Angeblich soll "White Lillies Island" sogar auch einigen ganz konventionellen CD-Playern Probleme bereitet haben. Nachdem sich die Kundenbeschwerden mehrten, richtete Imbruglias Plattenlabel BMG in Großbritannien eine eigene Hotline für Konsumenten mit Kopierschutzproblemen ein und versprach ihnen den Umtausch. Zudem soll die Silberscheibe in den nächsten Wochen auch ungeschützt in die Läden kommen.
Einzelhandel gegen Kopierschutz
Für BMG ist das nicht die erste Panne dieser Art. Bereits Anfang letzten Jahres musste man zwei testweise in Deutschland mit Kopierschutz veröffentlichte Alben wieder aus dem Verkehr ziehen, nachdem bereits 130 000 Alben ausgeliefert waren. Auch damals hatte der Cactus Data Shield Probleme gemacht. Offenbar wollte man diesmal schneller sein. Augenscheinlich hat BMGs prompte Reaktion aber auch etwas damit zu tun, dass man es sich nicht mit dem Einzelhandel verderben will.
Dieser reagiert zunehmend ungehalten über die Kopierschutz-Experimente der Plattenfirmen. So veröffentlichte in den letzten Tagen ein Fan auf der Website von Natalie Imbruglia einen Brief, den er angeblich von Virgin Megastores bekommen hat. Darin entschuldigt sich die Einzelhandelskette ausdrücklich für Unannehmlichkeiten mit der fraglichen CD und verspricht, die Beschwerde an die BMG weiterzuleiten. Weiter heißt es in dem Brief:
"Als Einzelhändler unterstützen wir den Kampf gegen den Diebstahl geistigen Eigentums. Aber dies sollte nie auf Kosten der Konsumenten geschehen."
Eine direkte Bestätigung für die Echtheit des Briefs durch Virgin Megastores gibt es bisher noch nicht. Da BMG wiederum jedoch mittlerweile die Existenz der im Brief genannten Hotline bestätigt hat, bleiben nur wenig Zweifel. So oder so dürfte der jetzt angelaufene Umtausch als Erfolg der noch jungen britischen Campaign for Digital Rights gewertet werden. Diese hatte in den letzten Wochen vermehrt zu Protesten kopiergeschützte CDs und Umtauschaktionen aufgerufen.
Sind die Kritiker nur nerdige Kopierfetischisten?
Bei der BMG hat man aber offenbar so seine eigenen Vorstellungen davon, wer sich über kopiergeschützte CDs beschwert. Gegenüber CNets John Borland erklärte jetzt eine Firmensprecherin, sie habe den Eindruck, dass sich gerade die beschweren würden, die man eigentlich vom CD-Brennen abhalten wolle. Dass nicht in jedem Fall die Fans den großen Aufstand proben, war zu andere Gelegenheit auch schon mal dem Sunncomm-CTO John Aquilino aufgefallen. Er las sich die Beschwerden über die mit dem Schutz seiner Firma ausgestattete CD des Country-Stars Charley Pride auf Amazon.com durch. Dabei entdeckte er, dass einige der bitter enttäuschten Country-Fans noch nie zuvor eine Musik-CD besprochen hatten - dafür aber auffällig viele Werke aus dem Hause O'Reilly.