Impeachmentstreit statt Diskussionen über politische Alternativen

Seite 2: Alternativen jenseits der Parteienfalle

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Es wird sich zeigen, ob ein Teil der jungen Linken, die sich in den letzten Monaten sehr für die Wahl von sozialdemokratischen Demokraten wie Alexandria Ocasio-Cortez eingesetzt haben, auch diesen Schwenk nach rechts mitgehen oder ob zumindest einige sehen, dass sie in eine Falle getappt sind, wenn sie sich keine Alternative jenseits von Republikanern und Demokraten vorstellen können.

Diese Alternative wäre die Stärkung von außerparlamentarischen gesellschaftlichen Protesten wie die Bewegung Black Lives Matter, die ihre größte Ausstrahlungskraft hatte, als Obama noch Präsident war. Mit dem Antritt von Trump verlor sie ihre Stärke. Das liegt auch daran, dass jetzt manche wieder in Parteien eine Lösung oder wenigstens ein kleineres Übel sahen. Dabei hat Black Lives Matter in der Hochzeit der Bewegung mehr als die meisten linken Parteien erreicht.

Die Schriftstellerin und Aktivistin Keeanga Yamahttta Taylor gehört zu denen, die sich nicht auf die Scheinalternative Demokraten versus Republikaner einlassen. Ihr Buch mit dem Titel "Von Blacklivesmatter zu Black Liberation" ist in deutscher Sprache im Unrast-Verlag erschienen. In einem Interview mit der Wochenzeitung Freitag äußerte sie auch einige unbequeme Wahrheiten für die Obama-Bewunderer:

Die ärmsten Menschen in den USA waren auch unter Obama Afro-Amerikaner. Es gab tödliche Polizeigewalt gegen Schwarze, die Gefängnisse waren auch vor drei Jahren voll mit schwarzen Männern …. Jahrzehntelang hieß es, dass es einfach nur mehr schwarze Menschen in den Parlamenten bräuchte, um die Situation der Afro-Amerikaner zu verbessern. Die acht Jahre unter Obama haben gezeigt, dass dem nicht so ist.

Keeanga Yamahttta Taylor, Wochenzeitung Freitag

Die Schriftstellerin zeigt auch auf, wie sich Rassismus in den USA auf dem Wohnungsmarkt mit kapitalistischen Verwertungsinteressen vermischt.

Bei vielen rassistischen Mobilisierungen in der Vergangenheit ging es darum, dass weiße Hausbesitzer schwarze daran hindern wollten, sich dort niederzulassen, weil dann der Wert ihres Hauses steigt. 67 Prozent der Amerikaner besitzen ein Eigenheim, das heißt Millionen Amerikaner checken ständig, wie viel ihr Haus noch wert ist.

Keeanga Yamahttta Taylor, Wochenzeitung Freitag

Hier wird deutlich, wie bei der Ausprägung des Rassismus in letzter Instanz kapitalistische Vorstellungen dominierend sind. Auch in der Umweltpolitik war die Obama-Regierung längst nicht so progressiv wie ihr Ruf. So begann die Kriminalisierung der gewaltfreien Umweltschützerin Helen Yost durch das FBI bereits unter Obama.

Menschen, denen es um mehr als einen Austausch von Politikern geht, müssten gerade darüber reden, warum unter der Ägide der Demokraten Repression, Rassismus und Drohnenkrieg viel weniger Empörung auslösen, als wenn diese Politik von Trump und Co. praktiziert wird. Durch das Impeachment-Prozedere wird aber die Debatte davon abgelenkt.

Es wäre schon ein Fortschritt, wenn manche der Linken, die so viel von den Demokraten erhoffen, erkennen, dass grundlegende Alternativen nur jenseits eines Parteiensystems möglich sind, dass mit Johannes Agnoli als "kapitalistische Einheitspartei mit zwei Flügel und Namen" begriffen werden kann.