Internet-Shopping im Test aus Verbrauchersicht
Stiftung Warentest rät zu Vorsicht; auch U.S.-Optimismus abgekühlt.
Im Sommerloch 1999 sind die mitteleuropäischen Verbraucherschützer endlich auch zum Test des Internet aus Verbrauchersicht angetreten. Für Telepolis-Leser nicht unerwartet fiel dabei das Ergebnis recht negativ aus. Realökonomische Vernunft setzt sich langsam gegen ECommerce-Luftschlösser durch.
Deutscher Internet-Warentest
Die STIWA (Stiftung Warentest, Berlin) testete 150 ECommerce-Anbieter, und zwar mittels echter Bestellungen. Nur bei 40 Anbietern, also rund 27 Prozent, funktionierte der Bestellvorgang überhaupt - erhielt also der (Test-)Verbraucher die gekaufte Ware oder Leistung zufriedenstellend. Ein dünnes Ergebnis. Im Supermarkt oder in der Nobelboutique funktioniert das vergleichsweise hundertprozentig. Logische Folgerung daraus ist, daß die STIWA zu Vorsicht bei Internet-Bestellungen rät, insbesondere wenn es sich um ausländische Anbieter handelt.
Ähnliches stellt das auf pragmatische Weiterverwendung von sonstigen Verbraucherquellen spezialisierte Printmagazin "plus" fest: Zu lange (oder unendliche) Lieferzeiten, dürftiges Qualitätsniveau, problematische Zahlungsmodalitäten und ähnliches Ungemach (veraltete URL: www.plus-magazin.de).
Eine private Anmerkung
Wie vor einem Jahr hier konkret angesprochen habe ich auch dieses Jahr, nach erneuter ausgiebiger Internetrecherche, mein neues Funktelephon im Shop in der Nähe mit kleinem Verhandlungsgeplänkel im persönlichen Direktkontakt wesentlich preisgünstiger als irgendwo sonst auf dieser Welt elektronisch erworben.
Auch USA depressiv
Auch die U.S.-Amerikaner müssen inzwischen feststellen, dass die hochausposaunten Träume von einem hübschen schnellen ECommerce in der Praxis doch etwas ins Wanken geraten. Zwei Drittel der US-Internetnutzer sind skeptisch gegenüber ihren flotten, elektronischen Anbietern (siehe Jupiter-Pressemeldung).
Insbesondere die Realisierung der Bestellung führt zu Schwierigkeiten, stellt man bei der Analyse der Probleme des ECommerce fest: die Auslieferung der materiellen Ware ist die Schwachstelle dabei (siehe Forrester-Pressemeldung).
Unterhaltung, News und Neugierde
Rund 14 Prozent der Deutschen nutzen inzwischen das Internet (davon weniger als die Hälfte rein privat), wie bei der Marktforschung des öffentlich-rechtlichen Fernsehens herauskam (nicht zu finden bei ZDF oder ARD, dafür aber PR-mässig sich selber überdribbelnd bei First Surf). Zu rund drei Viertel machen sie das aber nicht des Shopping-Vergnügens wegen, sondern aus Unterhaltungsgründen, wegen der Neugier, oder um zu aktuellen News zu kommen (siehe ComCult).
Übrigens, Frauen
Frauen sind die (direkten oder eher indirekten) Gate-Keeper von Konsum, und waren es zumindest seit der alten Industriegesellschaft immer schon - außer in extrem wohlhabenden Segmenten oder bei männlichen homosexuellen Singles. Bei Stress - und offenbar sind heute Frauen da inzwischen oft gestresster als Männer - reagieren sie, wie Männer auch, in die konservative Richtung. Da bleiben dann individuell wohl auch weniger Spielräume für männliche ECommerce-Spielereien. Realökonomische weibliche Vernunft sei Dank.