Internetstreik in Spanien

Telefónica muß Gebührenerhöhung teilweise rückgängig machen

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Barcelona - Die spanische Telefongesellschaft Telefónica hat auf einen Streik der Internet Benutzer vom 3. September mit Preiskonzessionen reagiert. Die Verbilligung der Lokalgebühren für Internetnutzer wurde zusammen mit der Asociación de Usarios de Internet (AUI) ausgehandelt, einer Gruppe, die sich als Repräsentant der 120.000 spanischen Privatnutzer versteht. Der Streik wurde durch die Ankündigung einer Preiserhöhung der lokalen Telefontarife des ehemaligen Telefonmonopolisten ausgelöst. Die Preiskonzessionen vom 15.09. beziehen sich aber nur auf die Nutzung einer lokalen Einwahlnummer von acht Uhr abends bis acht Uhr morgens. Sie sind also nur für die private Nutzung interessant.

Die Erhöhung der lokalen Einwahlgebühren der Telefónica sind Teil einer umfassenden Telefonpreisneugestaltung, die im August angekündigt wurde. Für regionale, interregionale und internationale Anrufe, um die die Telefónica bereits mit der Konkurrenz Retevisión kämpft, finden Preisermäßigungen statt. Nur im lokalen Bereich, in dem die Telefónica noch Monopolist ist, finden massive Erhöhungen statt, die mit dem Wirtschaftsministerium vereinbart wurden. Künftig werden statt 139 Pesetas für eine lokale Verbindung von einer Stunde Länge werktags 314 Pesetas gezahlt.

Die Telefónica hatte offensichtlich nicht mit Widerstand der Privatnutzer gerechnet. Am 3. September haben sich die meisten spanischen Internet-Benutzer, die nicht auf das tägliche Arbeiten mit dem Medium angewiesen waren, nicht ins Netz eingewählt. Auf diese Weise wurde das nationale Internet backbone der Telefónica- die sogenannte Infovía- boykottiert. Andere Formen des Widerstands waren Homepages mit Streikmitteilungen und Protestemails, die an die Telefónica gesendet wurden. Eine Streikgruppe, La Huelga, stellte auf ihrer Website Programme zur Verfügung, mit denen man den Installationen der Telefónica einen "ping," also eine Anfrage auf ein Rücksignal, senden konnte. Das Ziel war die Überlastung des Telefónica-Systems.

Nun bietet Telefónica dem privaten Nutzer zwei verschiedene Discount-Pläne an, "Bononet" und "Masterplan." "Bononet" funktioniert wie eine Rabattmarke, die für einen Zeitraum von 30 Tagen gekauft werden kann. Hiermit kann ein Rabatt von bis zu 52% realisiert werden, aber nur mit der teuersten Karte, die 100 Internetstunden umfaßt und 13.000 Pesetas (circa 160 DM ) kostet. Masterplan ist ein Volumen-Discount, der sich nach der monatlichen Nutzung richtet. Hiermit kann man eine Ermäßigung von bis zu 15% erreichen.

Die Kosten der Preiserhöhung werden durch diese Konzessionen also nur zum Teil kompensiert. Dies gesteht auch die AUI ein, deren längerfristiges Ziel immer noch eine Basisgebühr (Flat rate) ist. Miguel Pérez Subias, Präsident der AUI, sieht die Konzessionen der Telefónica trotzdem als Triumph. Der Tageszeitung "La Vanguardia" sagte er (16.09.98):

"Die Benutzer des Internet haben eine entscheidene Sache erreicht. Eine Firma, die als Monopolist operiert, hat auf Volksdruck mit Eingeständnissen reagiert. Dies demonstriert die Macht des Netzes."

Auch vor Ankündigung der Preiserhöhung war der spanische Benutzer alles andere als zufrieden. In der Septemberausgabe der englischsprachigen Zeitung "Barcelona Business" (The Information Field Ltd.) wurde ein Sprecher von La Huelga zitiert:

"In diesem Land ist der Internet-Service schlecht. Wir müssen lange auf eine Verbindung warten und werden oft aus der Leitung geworfen. Der spanische Benutzer ist Opfer eines Systems, das den technologischen Rückstand zwischen uns und anderen EU und industrialisierten Ländern erweitert."