Jagd auf Erdgas: Wird Frankreich Soldaten im Jemen-Krieg einsetzen?
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Riesige Gas-Funde in afrikanischen Ländern wecken Begehrlichkeiten in der EU. Frankreich will Medienberichten zufolge Soldaten in den Jemen-Krieg schicken, um ein LNG-Terminal zu sichern. Kommen jetzt Gaskriege statt Erneuerbare?
Zuerst ein kurzer Abriss zu den jüngsten Gas-Funden in Afrika, die vor dem Hintergrund der fossilen Energiekrise mehr und mehr ins Visier der EU geraten:
Aufgrund des Ukraine-Kriegs haben sich die Europäischen Union und ihre Mitgliedsstaaten auf die Suche begeben, die russischen Gaslieferungen mithilfe anderer Exportländer zu kompensieren. Dabei gerät auch Afrika zunehmend in den Fokus. Die Bundesregierung möchte zum Beispiel Erdgas aus Senegal erhalten. Aus einem Gasfeld an der Küste des westafrikanischen Landes soll Ende kommenden Jahres LNG auch Richtung Deutschland exportiert werden.
Auch an der ostafrikanischen Küste vor Mosambik und Tansania hat es gewaltige Offshore-Energiefunde gegeben. Seit 2019 sind dort bereits mehrere große Unternehmen der Öl- und Gasbranche mit Investitionen eingestiegen, darunter die französische TotalEnergies, die italienische Eni, die norwegische Equinor, die amerikanische Exxon und die staatliche chinesische China National Petroleum Corporation (CNPC). Erste LNG-Exporte Mosambiks werden bereits dieses Jahr erwartet, aber erst ab 2026 rechnet man mit größeren Mengen, die von dort auf die Weltmärkte fließen.
Die Denkfabrik Geopolitical Intelligence Services (GIS) mit Sitz in Lichtenstein teilt mit, dass nach Angaben des Internationalen Währungsfonds Länder wie Mosambik und Tansania mittelfristig von den Bemühungen der EU um eine Diversifizierung ihrer Energiequellen profitieren könnten und somit eine stärkere Exportnachfrage aus der Region verzeichnen, insbesondere angesichts der jüngsten Entscheidung der Europäischen Union, Gas als nachhaltig einzustufen.
In ihrer im Mai veröffentlichten RePowerEU-Initiative bezeichnete die EU die afrikanischen Länder südlich der Sahara als eine Region mit "ungenutztem LNG-Potenzial" und als Partner, der dazu beitragen kann, ihre Abhängigkeit von russischen Energielieferungen zu verringern.
Weiter heißt es in der Energie-Analyse der GIS:
"Der Optimismus über diese Entwicklungen sollte mit einer gewissen Vorsicht einhergehen. Sicherheitsrisiken stellen nach wie vor das größte Hindernis für die volle Entfaltung des Potenzials der Region dar, ebenso wie ein schwacher institutioneller Rahmen, der durch den plötzlichen Zustrom von Reichtümern weiter unter Druck geraten könnte."
David Goeßmann, Telepolis
Aus Angst vor der winterlichen Erdgasknappheit infolge eines russischen Erdgaslieferstopps treiben europäische Regierungen in immer gefährlicheres geopolitisches Fahrwasser.
Statt den Ausbau der Erneuerbaren Energien endlich massiv voranzutreiben, steigern sich die Aktivitäten der europäischen Regierungen immer mehr in die Suche nach Erdgaslieferungen, insbesondere von LNG, aus allen Teilen der Welt.
Noch immer haben jene Regierungen nicht verstanden, dass die gesamte verfügbare Erdgas- und Erdölförderung der Welt kaum steigerbar ist – jedenfalls nicht um die Mengen, die den abzuschaltenden russischen Energielieferungen entsprechen.
Wohlgemerkt kann das Problem nicht gelöst werden, indem – wie es immer mehr skrupellose Stimmen, z.B. aus der AFD fordern – Nordstream 2 in Betrieb genommen wird. Dadurch würde die Kriegsfinanzierung des Aggressors Russland nur noch mächtiger werden. Dies wäre vollkommen inakzeptabel und würde mit Sicherheit nicht zum ersehnten Frieden in der Ukraine führen.
Die Diversifizierung neuer Erdgaslieferungen aus fernen Ländern ist aber nur in geringem Umfang möglich und würde Jahre in Anspruch nehmen. So hat Katar erst kürzlich mitgeteilt, dass es die großen LNG-Mengen, die Deutschland erwartet, in den nächsten Jahren gar nicht liefern kann. Und auch Kanada war beim jüngsten Besuch von Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck sehr zurückhaltend, was die deutschen Wünsche nach LNG-Lieferungen betrifft.
Meine Warnungen, dass die Diversifizierungsstrategie Deutschlands und der EU nur in neue geopolitische Spannungen führen, scheinen sich schneller zu bewahrheiten, als vorherzusehen war.
Wie The New Arab berichtet, will Frankreich Soldat:innen in den Krieg nach Jemen senden, um neue Erdgasexporte im LNG-Terminal Balhaf in der umkämpften Provinz Shabwa vorzubereiten und militärisch zu sichern.
Seit sieben Jahren kämpfen Saudi-Arabien und der Iran im Stellvertreter-Krieg im Jemen um ihre Vorherrschaft. Der Krieg im Jemen gilt daher als eine der schlimmsten humanitären Katastrophen weltweit.