Jens Spahn attestiert der Ampelkoalition ein Penis-Problem
Seite 2: Rechte Identitätspolitik: Vom Interesse zur Kultur
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Der Normalbürger protestiert nicht, scheint's, er arbeitet, bekommt Kinder und zieht mit ihnen ins Eigenheim. Um von einer Bevölkerung aus solchen Bürgern und einer "schweigenden Mehrheit" (Gruber) sprechen zu können, ist Homogenisierung nötig.
Deswegen tauchten naheliegende Fragen auf der bemerkenswerten Veranstaltung nicht auf. Zum Beispiel: Wie bekomme ich meine Bude warm (und verursache trotzdem weniger Treibhausgase)? Wie komme ich möglichst schnell zur Arbeit und zurück? Warum kosten Wurst und Fleisch so viel? Wie gewinnen wir nachhaltig Energie, die sich die ganze Bevölkerung leisten kann?
Wer Probleme zu kulturellen Frage erklärt, wechselt das Thema. Der Rechtspopulismus zieht rhetorisch unterschiedliche Interessen zu einer homogenen "schweigenden Mehrheit" zusammen und stellt ihr eine Elite gegenüber, deren Charakter diffus bleibt.
Angeblich dominiert sie Staat, Kultur und Wissenschaft, sie hat komische Ideen und Vorlieben. Aber sie definiert sich gerade nicht über Vermögen oder Kapital. Jens Spahn, der im Frühjahr eine Immobilie in Berlin für immerhin 5,3 Millionen Euro veräußerte, fiele es ansonsten wohl schwer, mit ihr so hart ins Gericht zu gehen.
Von Florida lernen, heißt siegen lernen?
Von Florida lernen heißt siegen lernen, mögen sich CDU-Politiker wie er denken. Vielleicht soll der Flirt mit dem Rechtspopulismus Jens Spahn doch noch zur CDU-Spitzenkandidatur verhelfen, denn Friedrich Merz macht als Oppositionsführer gerade eine schwache Figur. Gefährlich sind solche Manöver allemal – denn der "Kulturkampf von rechts" hat eine Tendenz zur Eskalation.
Er blockiert alle umwelt- und sozialpolitische Initiativen, die den neoliberalen Status quo gefährden könnten. Gleichzeitig schürt er Ressentiments gegen Minderheiten und eine vermeintlich liberale Elite. Angehörige von Funktionseliten nennen andere Angehörige der Funktionselite elitär, weil sie wissen, dass die Bevölkerung die Nase voll hat. Gerade weil aber diese Identitätspolitik deren materiellen Bedürfnisse nicht berührt, muss die Dosis gesteigert werden – siehe Florida.
Einmal an die Macht gelangt haben die Kulturkämpfer Mittel in der Hand, ihrerseits die Bevölkerung "umzuerziehen", bestimmte Gruppen zu drangsalieren – und unter die Räder kommen potenziell alle, die keine "Normalbürger" sind.