"Joker: Folie à deux": Höcke und Weidel im Arkham Asylum?

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Sollen wir uns Populisten als Joker und Harley Quinn vorstellen? Wenn das Publikum die Moralpredigt verdient: Todd Philipps Joker 2 als Erziehungskino.

What do you get when you cross a mentally ill loner with a society that abandons him and treats him like trash?! I'll tell you what you get, you get what you fucking deserve!

Was bekommt man, wenn man einen psychisch kranken Einzelgänger mit einer Gesellschaft kreuzt, die ihn im Stich lässt und wie Abfall behandelt?! Ich sage dir, was du bekommst, du bekommst, was du verdammt nochmal verdienst!

Joker zu Murray Franklin, bevor er ihn live auf Bildschirm erschießt

"It's okay baby. Let's give the people what they really want.
Es ist okay, Baby. Lasst uns den Leuten geben, was sie wirklich wollen"

Lee/ Harley Quinn

Aber ich liebe Euch doch alle!

Erich Mielke

Vielleicht muss man Björn Höcke einfach mal knuddeln. Vielleicht hat der Mann nur irgendwann, von irgendwem nicht genug Liebe bekommen, und darum tut er heute, was er tut, um endlich die Aufmerksamkeit zu bekommen, von der er jeden Tag albträumt; um endlich so gesehen zu werden, "wie er ist", wenn er in den Spiegel guckt.

"What the World Needs Now is Love, is Love", wird im Film an einer solchen Stelle gesungen. Vielleicht gibt es keine Kranken und Kaputten und Massenmörder in den Knästen dieser Erde, sondern nur Menschen, die man einfach liebhaben muss, um sie zu kurieren.

Der Joker der deutschen Politik

Nein, natürlich ist Höcke glücklicherweise kein Massenmörder, sondern nur Schreibtischtäter und Geschichtslehrer.

Aber stellen wir uns einfach mal vor, er würde das, was er der deutschen Öffentlichkeit und den staatlichen Institutionen und vor allem den Bürgern täglich antut, nicht nur durch den Terror der Worte, der Gedanken, der zur offen Schau getragenen Demokratieverachtung, sondern mit Sprengsätzen anderer Art vollziehen – schon säße er hinter Schloss und Riegel im "Arkham Asylum" in der Zelle neben Arthur Fleck, dem Joker.

Und er würde sich weiter danach sehnen um jeden Preis in die Öffentlichkeit zu kommen, sich wie Joker darin suhlen, dass sich die Menschen viel zu viel mit ihm beschäftigen.

Denn Höcke ist der Joker der deutschen Politik: Nicht sehr lustig, aber narzisstisch. Eigentlich höchst unsicher, sobald die Kameras laufen, dies aber kompensierend durch Großsprechertum und Gewaltphantasien. Auch er markiert die Nulllinie der liberalen Demokratie.

Darum lohnt es sich, sich den Film unter dieser Perspektive anzusehen. Schon ist er weniger langweilig und überflüssig, als er tatsächlich ist.

Das Ausagieren einer grundlegenden Machtlosigkeit

Passt das alles auch zum Wahlkampf in den USA? Wäre Arthur Fleck nicht in abgeschrabbelten Sozialbauten in der Bronx, sondern wie Bruce Wayne als Kind reicher Geschäftsleute in Long Island aufgewachsen, wäre er vermutlich irgendwann zum Präsidenten gewählt worden, und könnte sich als "Disruptor in chief" aufspielen.

"Wer Trump mit dem Joker vergleicht, beleidigt den Joker", schrieb der slowenische Philosoph Slavoj Žižek bereits 2019. Das war aber vor dem Sturm auf das Kapitol.

Spätestens dann wurden die Parallelen evident: Ein verwöhntes Söhnchen, das seinem Vater auch noch im Grab beweisen möchte, dass er "kein Loser" ist, kann nicht verlieren, kann sich sein Spielzeug nicht wegnehmen lassen, darum versucht er es kaputtzumachen. Infantilismus verbunden mit Raserei des Mobs, Gewaltausbrüche als Kompensation für Impotenz, Raserei als Ausagieren einer grundlegenden Machtlosigkeit.

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Insofern passt der Film auch zum Wahlkampf in den USA ganz gut. Er zeigt, wie es mit Trump nach der Wahlniederlage im November weitergehen könnte. Und er zeigt, den Mann vor Gericht.

"Joker" war nie einfach Unterhaltung, es war aber auch nie seriöse Gesellschaftskritik, eine tiefenpsychologische Studie über die Entstehung von Gewalt und pathologischer Männlichkeit.

Joker ist das eigentliche Opfer

Zu Beginn vor der eigentlichen Handlung gibt es eine lange wunderschöne Animationssequenz – ein guter Einstieg, für den der Franzose Sylvain Chomet verantwortlich ist: Joker tanzt darin mit sich selbst. Das ist lustig und überraschend, bevor es sich ins Abgründige, Brutale dreht und mit einer blutroten Leinwand endet: rot, rot, tot.

Eine Rekapitulation des Originals und zugleich Vorschau auf das Kommende, in der Joker einmal mehr nicht als brutaler Massenmörder, sondern als das eigentliche Opfer gezeichnet ist, ein Opfer seiner Familie, der Umstände, der Gesellschaft.

Denn was auch dieser der Film sein will, ist klar: Eine düstere Allegorie auf Einsamkeit und soziale Verwerfungen, auf unsere Zeit, die eine gestörte Seele missversteht und sie in einen Terror-Clown verwandelt. Einen traurigen Clown ...

Täter-Opfer-Umkehr

Genau eine solche Täter-Opfer-Umkehr hatte Regisseur Todd Phillips bereits in seinem ersten Teil unternommen. Darin verwandelte er die Comic-Figur, eigentlich ein Inbegriff an clownesk-destruktiver Lust am Chaos und an der Zerstörung falscher Gewissheiten, in den Helden eines ernst gemeinten Sozialdramas in der Tradition von Martin Scorseses "Taxi Driver".

Der Film wurde ein Megahit, der der weltweit über eine Milliarde Dollar einspielte, den Goldenen Löwen bei den Filmfestspielen von Venedig und zahlreiche Auszeichnungen auf der ganzen Welt erhielt, darunter den Oscar für seinen Star Joaquin Phoenix.

Aber Todd Phillips war immer schon ein Missverständnis. Vielleicht muss man jetzt einfach zugeben, dass man den ersten Film missverstanden hat, dass man etwas hineininterpretiert hat, was gar nicht drin lag. Irren ist menschlich.

Phillips mag den Joker revolutioniert haben, wie nicht wenige Kritiker schrieben – aber nur indem er ihn "enteierte" und um das eigentlich Jokerhafte beraubte, das Anarchistische, um die Fähigkeit, das Unerwartete zu tun, das psychologisch nicht Naheliegende.

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Stattdessen wurde diese nur noch "Joker" genannte, realitätsnahe Knalltüte und verbitterte hochgefährliche Einzelgänger zum Kino-Helden aller Incels ("involuntary celibates"), jener Männer, die unfreiwillig weder romantische noch sexuelle Beziehungen führen und sich stattdessen in sozialen Netzwerken zu Frauenhassgruppen zusammenfinden – all das vermutlich (und hoffentlich!) gegen den Willen seiner Macher. Aber das ändert nichts daran, dass Todd Phillips’ Joker-Interpretation unter Incels traurigen Kultstatus genießt.

Wer den ersten Film kennt, versteht, warum. Und auch die Fortsetzung wird daran leider nichts ändern – im Gegenteil bestätigt sie das Frauenhassbild der kaputten Incel-Gemeinde.

Joker als Wrack

Die Fortsetzung beginnt zwei Jahre nach dem Ende des ersten Films in der Irrenanstalt "Arkham Asylum", wo dieser pathologische Massenmörder Arthur Fleck, alias Joker, gespielt von Joaquim Phoenix mit extrem magerem und verunstaltendem Körper – Maske trifft hier das irre Method Acting des Schauspielers, der sich 23 Kilo herunterhungerte und darauf auch noch stolz ist – inhaftiert ist, und von den brutalen Wachen drangsaliert wird. Ein Topos auch des Comics.

Während der langen Haftzeit ist Fleck zu einem Wrack geworden, ein Schatten dessen, was er einmal war und was er eigentlich sein möchte.

Von einer etwas zu wohlmeinenden Anwältin beraten, wartet er auf seinen Prozess, während er mit seiner Persönlichkeitsspaltung zu kämpfen hat. In Gotham City sind die Folgen seiner früheren Taten noch allgegenwärtig. Die von Joker entfesselten Kräfte des Chaos und der Anarchie wirken nach.

Diese erste Dreiviertelstunde des Films ist ganz gelungen. Auch als Gefängnisfilm funktioniert das Ganze. Und die Idee, ein Musical daraus zu machen, ohne die Musicalelemente aber zu dick aufzutragen, ist sogar hervorragend.

Doch düstere Musik hat von Anfang an schon vorweggenommen, dass dann bald alles in diesem Film aus den Fugen gerät.

"Zum ersten Mal fühle ich mich nicht mehr so allein"

Joker meldet sich zur Gesangsgruppe im Knast. Dort trifft er ein geheimnisvolles blondes Mädchen, genau gesagt, sie stellt sich ihm in den Weg. Er hatte sie bereits einmal zuvor im Vorübergehen erspäht, worauf sofort die Fetzen flogen. Ihr Name: Lee.

Sie ist ebenfalls gefangen und teilt mit ihm den gleichen Wahnsinn der Kombination aus Allmachtsphantasien, Narzissmus und Zerstörungssehnsucht. Liebe? Könnte man sagen. Folie à Deux? Auf alle Fälle.

Dies wird nun, so scheint es zumindest, die alte Geschichte von jenem bestimmten Typ Frauen, die sich in einen Massenmörder verlieben, ihn im Gefängnis kennenlernen und ihn retten wollen. Oder, wie in diesem Fall, befreien.

"Was macht so ein netter Typ wie du, an einem Ort wie diesem?"

Seine Antwort: "Ich habe fünf Leute umgebracht. Eigentlich waren es sechs." Und dann: "zum ersten Mal fühle ich mich nicht mehr so allein."

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Lady Gaga spielt diese vom Drehbuch her kontextlose, zum Klischee geronnene Figur hervorragend: mit Charisma, Präsenz und all der Ambivalenz und Abgründigkeit, die dem Joker dieses Films fehlt.

Lee heizt von nun an den Joker in diesem schizophrenen Irren an, erweckt ihn wieder zum Leben. Als es zum Sex kommt, schminkt sie ihn vorher, flüstert ihm ins Ohr: "Ich will dein wahres Ich sehen", meint aber den Joker. Und bald ist uns Zuschauern klar: Diese Lee ist womöglich noch viel, viel durchgeknallter als der Joker.

Und irgendwann tanzen beide den Walzer eines kollektiven Deliriums, der Zerstörung eines Systems und der Errichtung eines "Berges".

Allegorie auf die Entertainment-Industrie

Irgendwann sehen beide im Knast zusammen einen alten Film: Das Musical "The Band Wagon" von 1953 mit Fred Astaire ...

Sie singen den Song "That's Entertainment", eines der programmatischen Lieder Hollywoods. Der Clown, die Liebe und das Böse sind in ihm bereits in der ersten Strophe untrennbar miteinander verknüpft:

"The clown with his pants falling down/ Or the dance that's a dream of romance/ Or the scene where the villain is mean/ That's entertainment!..."

"Der Clown, dem die Hose runterfällt/ Oder der Tanz, der ein Traum von Romantik ist/ Oder die Szene, in der der Bösewicht gemein ist/ Das ist Unterhaltung! ... "

Durch diesen Song wird das Ganze natürlich auch zu einer Allegorie auf die Entertainment-Industrie – zumindest ist dieser Film als so abgründiger wie unverblümter Kommentar auf sie und die Sensationslust des Spektakels, zu der die Medien geworden sind, gemeint.

Die Leute sagen dann Sätze, die die Drehbuchautoren aus medienkritischen Standardwerken von McLuhan, Postman und Chomsky zusammengekritzelt haben, und behaupten, ungemein ironisch natürlich: "Es kann nicht realer werden als das, es war Live-TV." Und Ähnliches.

Aus dem Werkzeugkasten der Gebührenverweigerer

Als er ein Live-Interview gibt, dreht Joker den Spieß um und macht dem Moderator und "den Medien" moralische Vorwürfe: "Do you really care???" Dabei weint er fast und guckt Phoenix-haft verzweifelt. Und wir im Publikum sollen aufschreien: "Nein, nein, sie sind böse, böse, diese Fernsehmoderatoren!" Aus dem Werkzeugkasten der Gebührenverweigerer.

Überhaupt sollen wir ihn ganz doll mögen, was auch immer er getan hat, sollen Mitleid mit ihm haben, denn er ist zwar ein Massenmörder, aber eigentlich war es ja nur die böse Mutter und die bösen Umstände, die ihn vom rechten Weg abgeführt haben.

Es ist fürchterlich.

Und es wird nicht besser, als uns Zuschauern auch noch erklärt wird – es wird sogar von einem Musiklehrer in heiligem Ton ausgesprochen –, warum Musik eine so große Rolle spielt in diesem Film: "Wir benutzen Musik, um uns ganz zu machen. Um die Brüche in uns selbst auszugleichen."

Alles ist in dieser Form extrem didaktisch. Im Radio ruft eine Frau an und sagt: "Es reicht. Genug! Dieser Idiot hat keinen Prozess verdient." Und eigentlich hat sie recht, aber das kann man so einfach auch wieder nicht sagen. Und dann gibt es zwischendurch noch einen Tagtraum des Jokers: Alles sieht darin aus wie eine Show aus den 1970er- oder 1980er-Jahren, und wir sehen dann, wie böse Medien die guten Menschen ausnutzen.

Tagträume hat er übrigens öfter, und manche sind so brutal, wie man sich die des Jokers vorstellt.

Sollen wir uns Höcke oder Weidel nun als Joker vorstellen? In jedem Fall kommt es dann zum Aufstand der Irregeleiteten und Erniedrigten, Beleidigten und Destruktiven, der sich für einen "Aufstand des Volkes" hält.

"There is no Joker!"

Ich bin nicht politisch. Ich will die Leute nur zum Lachen bringen.

Joker

Aber wie lustig sind Höcke und Weidel? Vielleicht bietet auch hier der Joker ganz ernsthaft einen Schlüssel zum Verständnis: Er sagt nämlich einmal "Was mich wirklich zum Lachen bringt? Ich dachte immer, mein Leben wäre eine Tragödie. Aber jetzt weiß ich: Es ist eine Komödie!"

Tatsächlich müssen wir uns die Karrieren von Höcke und Weidel als Komödie vorstellen.

Dies ist ein Film, der ohne Unterlass Moral predigen möchte. Die Moral der Eindeutigkeit, der Codes des Schwarz-Weiß, des Gut-Böse. Das darf er ja machen, auch wenn so etwas natürlich eher uninteressant ist, aber warum nimmt er für dieses Unterfangen ausgerechnet eine Figur der Ambivalenz und zerstört sie?

Als Joker endlich der Prozess gemacht wird, darf er sich selbst verteidigen und als Joker geschminkt im Prozess auftreten. Nach einigen Zeugenbefragungen erklärt er in seinem Abschlussplädoyer: "There is no Joker! There is just me!" Natürlich enttäuscht das alle im Publikum. Dann macht es Bumm, und das Gericht wird in die Luft gejagt. Woraus dann aber auch nichts folgt. Wieder ein visueller Coitus Interruptus.

Der Film nimmt sich nicht wirklich ernst

Zur Moral der Eindeutigkeit gehört auch, dass der Film uns allen sicherheitshalber vermitteln möchte, dass die richtige Antwort auf unsere ungerechten und brutalen gesellschaftlichen Zustände nicht Gewalt oder das Niederreißen von allem sein sollten.

Warner Bros.

Denn "What the World Needs Now is Love, is Love". Was die Welt jetzt braucht, ist Liebe. Wirklich? Mag schon sein ... Vielleicht muss man einfach nur anfangen, Bernd Höcke und all die anderen, all die Massenmörder in den Knästen dieser Erde zu küssen und knuddeln – dann wird die Welt wieder gut und wir singen gemeinsam "Heile Heile Gänschen..."

Aber nein. Lassen wir den Quatsch! Auch der Film nimmt ihn ja nicht wirklich ernst. Denn natürlich wird dieser Joker wieder von aller Welt verraten, nicht zuletzt von der Frau Lee, die ihn nach Strich und Faden belogen hat. "Joker 2: Folie a deux" tut ja nur so, als ginge es ihm um die Liebe und die Leute, insofern sie Menschen sind. Um die Leute geht's ihm zwar schon, um die nämlich, die eine Kinokarte kaufen.

Es geht ihm also nicht um die Leute als Menschen, sondern die Leute als Publikum und Konsumenten. Und wie das heute so ist, gefällt man dem Publikum ganz besonders gut, wenn man ihm eine reinhaut oder zumindest ins Gesicht spuckt. Genau das macht dieser Film. Ein trojanisches Pferd. Es gibt dem Publikum, was es verdient – nach Ansicht der Macher.

Wenn man es darauf anlegt, das Publikum zu enttäuschen

Der Filmtitel "Folie à deux" stammt aus der Psychopathologie des 19. Jahrhunderts, von den französischen Psychiatern Charles Lasègue und Jules Falret (1816-1883/1824-1902), und bezeichnet das "Lasègue-Falret-Syndrom", die – faszinierend-abgründige – Übertragung eines Wahns von einer Person auf eine zweite. Das passt hier haargenau, denn der Titel hat auch einen Doppelsinn.

Dieser liegt darin, dass er einerseits "Wahnsinn zu zweit" bedeutet – von Lee und Joker nämlich –, also auf zwei Wahnsinnige verweist. Zum anderen aber auch auf eine gespaltene Persönlichkeit.

Man kann sich im Fall des Jokers nun fragen, wer von den beiden, Harley „Lee“ Quinn oder Joker, der Verrückte ist. Aber die Frage ist falsch gestellt, denn beide sind ja nur zwei Hälften eines Ganzen und schlicht gesagt sind beide so durchgeknallt, wie es kaum schlimmer gehen kann. Die eine ist nur die manische, die andere die depressive Seite eines verrückten Individuums.

Joker schwingt sich diesmal aber nicht dazu auf, das Volk aufzuwiegeln und die Macht zu erobern. Im Gegenteil scheint es der Regisseur absichtlich darauf anzulegen, das Publikum zu enttäuschen, indem er dessen Erwartungen durchkreuzt.

Phillips spielt mit seinen Zuschauern ein ständiges Spiel des Aufbaus von Erwartungen und ihrer Enttäuschung. Wenn man die Masche aber einmal kapiert hat, ist es auch nicht mehr besonders lustig.

Eine ständige Antiklimax, mit der der Regisseur die Hollywood-Dramaturgie und das Spektakel, das zu ihrem Wesen gehört, aus dem Film verbannt, und doch ständig damit arbeitet. Das ist nicht Aufklärung, sondern Zynismus.

So wie auch der Musikeinsatz und überhaupt der ganze Film ein einziger riesiger Zynismus sind: "That's life" wird gesungen und dazu laufen Bilder von Terror, von Gewalt, von Toten.

Dies ist der Versuch, Superheldenkino mit einem intellektuellen Film zu verbinden. Herausgekommen ist das Klischee eines Problemfilms: Das ist nicht witzig und es ist nicht klug.

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Lee sagt Joker (und damit uns, falls wir es immer noch nicht kapiert haben) "alles, was wir hatten, war die Phantasie". Er heult daraufhin, ist überhaupt eine Heulsuse und wird dann von der Polizei verhaftet und am Schluss, ja da bekommt er im Gefängnis eine Glasscherbe in den Bauch gerammt und vielleicht ist er tot, aber wahrscheinlich, das muss man fürchten, kehrt er noch ein ganz vielen Fortsetzungen wieder.

Das Schlimmste, was ein Clown tun kann, ist aber zu langweilen. Joker sagt uns eigentlich: "Aber ich liebe euch doch alle." Weil er selbst unbedingt geliebt werden will. Dieser Joker ist nicht lustig. Er ist nicht kritisch, wie er es einst bei Christopher Nolan war. Er ist ein Prediger. Ein Prediger der Moral.