Julian Assange sechs Jahre in Botschaft von Ecuador in London
Linke fordert Freilassung des Aktivisten und verweist auf Drohungen aus den USA
Die Linke hat am sechsten Jahrestag des Botschaftsasyls von WikiLeaks-Gründer Julian Assange am Dienstag die Freilassung des Internetaktivisten und Publizisten gefordert. Der Gesundheitszustand des 46-Jährigen biete Anlass zu zunehmender Sorge, schrieb die Vizevorsitzende der Linksfraktion, Heike Hänsel: "Sechs Jahre De-facto-Gefangenschaft in engen Räumen der ecuadorianischen Botschaft in London, ohne Ausgang und getrennt von seiner Familie sind eine empörende Verletzung der Menschenrechte mitten in Europa."
Zugleich kritisierte die Politikerin die Kappung der Internet- und sonstigen Medienverbindungen von Julian Assange in den Räumen der Botschaft von Ecuador in London. Die Verweigerung des Zugangs zu Kommunikationsmedien stellt eine weitere Verschärfung der ohnehin harten Bedingungen dar, so Hänsel. Die Botschaft des südamerikanischen Landes hatte den gebürtigen Australier bereits Ende März alle Kommunikationsverbindungen gekappt. Zur Begründung hieß es damals in einer Erklärung des Außenministeriums in Quito, Assange habe seine Zusage gebrochen, sich nicht öffentlich in Angelegenheiten anderer Staaten einzumischen. Einige Äußerungen von Assange über soziale Medien gefährdeten die Beziehungen des südamerikanischen Landes zu Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Assanges Anwalt in Ecuador, Julio Poveda, bestritt die Vorwürfe: WikiLeaks arbeite nicht von den Räumen der diplomatischen Vertretung aus.
Die Lage des politisch Verfolgten ist aus zwei Gründen dramatisch: Zum einen hat die Regierung von Ecuador unter dem amtierenden Präsidenten Lenín Moreno gegenüber Vorgänger Rafael Correa einen radikalen Politikwechsel vollzogen und mit vielen Prinzipien der Correa-Regierung gebrochen - und dazu zählt offenbar auch das politische Asyl für Assange (Deal mit London). Zum anderen bezeichnete US-Justizminister Jeff Sessions die Festnahme des WikiLeaks-Gründers unlängst als eine seiner "Prioritäten". Zur Begründung sagte Sessions, seine Sicherheitsexperten seien "von der Zahl der undichten Stellen schockiert", weshalb man den Kampf gegen solche "Leaks" verstärke und versuche "ein paar Leute ins Gefängnis zu stecken, wann immer ein Fall vor Gericht gebracht werden kann".
Hänsel bezeichnete diese Äußerungen nun als "alarmierend": "Die Gefahr einer Auslieferung an eine unberechenbare Regierung in den USA ist daher größer denn je." Hinzu komme, dass die Arbeitsgruppe zum Thema willkürliche Inhaftierungen der Vereinten Nationen "die verschiedenen Formen der Freiheitsberaubung, denen Julian Assange ausgesetzt wurde, als eine Form der willkürlichen Inhaftierung" verurteilt habe, ohne dass Großbritannien oder auch die deutsche Bundesregierung daraus politische Konsequenzen gezogen hätten.