KI und GPT: Tschüss, ihr Nutzlosen!
Seite 4: Noch mehr Kontrolle durch eine neue Form des Positivismus?
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Die philosophischen und gesellschaftlichen Probleme und Fragestellungen, die sich durch eine AGI ergeben, sind weitreichend. Zu weitreichend, als dass sie hier im Einzelnen besprochen werden können. Und zu früh ist es auch. Denn vieles spricht dafür, dass der uns blendende Hype selbst aus einem "Verblendungszusammenhang" heraus erwachsen ist.
Und das nicht nur, weil manche Experten wie der britische Computerwissenschaftler Mike Pound bestreiten, dass – wie bei LaMDA behauptet – die Zusammensetzung sinnvoll erscheinender Versatzstücke mit tatsächlichem Sinnieren gleichgesetzt werden kann und den KI-Hype zunehmend als Marketing-Kampagne wahrnehmen.
Wie Benedikter auf Telepolis schreibt, ist die übermenschliche KI zuallererst ein Versprechen. Das "systemintegrierende Potenzial" erlaube es ihr, jeden noch so kleinen Teil des Alltags einem "technologischem Pragmatismus" nachzuordnen, aus dem sie letztlich entstanden ist. KI ist das Versprechen der Beherrschung, der "Entzauberung" der Welt, wie Max Weber es genannt hat. Das ist des Pudels Kern.
Denn mit dem Glauben (denn mehr ist es derzeit noch nicht) an die Allmacht der KI bildet sich eine neue Form des Positivismus heraus, also der Welterschließung, deren Wahrheiten sich alleine auf wissenschaftlich – also: technisch – überprüfbare Analysen stützen: Nur, was gemessen werden kann, ist. Und was nicht gemessen werden kann, ist nicht. Oder zumindest nicht wissenschaftlich. Nicht rational. Fauler "Zauber".
Der Kritischen Theorie und ihren Vertretern (Horkheimer, Habermas und Co.) ist der Positivismus zur Antithese geworden, weil er der Emanzipation des Menschen von der reinen Zweckmäßigkeit zuwiderläuft. Der technische Fortschritt speist sich dagegen vielmehr daraus, dass immer mehr "Lebenswelt" in zweckmäßige "Systeme" integriert wird. Oder, wie es bei Herbert Marcuse etwas radikaler heißt1:
Demgemäß ist der Positivismus ein Kampf gegen alle Metaphysiken, Transzendentalismen und Idealismen als obskurantistischen und regressiven Denkweisen.
Die "Ideologie", die Marcuse beschreibt, heißt bei Adorno und Horkheimer "instrumentelle Vernunft", Habermas nennt sie später beim Namen: "Technik und Wissenschaft". Wolfgang Streeck schreibt noch später von "technokratischen Steuerungsmodellen". Es ist kein Zufall, dass die Kybernetik (gr. kybernan = "steuern") am Ursprung des Informationszeitalters und dem Cyber-Space steht.
"Technologie birgt eine Affinität zum Positivismus", muss auch der Technikphilosoph Andrew Feenberg rund 60 Jahre nach Adorno und Horkheimer bekennen. Dass wir uns mit der Technik eine "zweite Natur" errichten (Vgl. Georg Lukacs), eine "virtual reality", führt dazu, dass wir nur technisch Erschlossenes als wahr annehmen.
Um also endlich zum Thema zurückzukommen: Was die KI nicht kennt, ist irrelevant, gibt es nicht. Das führt spätestens zu Problemen, wenn – wie in der Ukraine gewünscht – die KI die Rolle des Richters übernimmt.
"[Wissenschaftliche] Aufklärung ist totalitär", "[Wissenschaftliche] Aufklärung schlägt in Mythologie zurück", heißt es bei Adorno und Horkheimer 1944. Man könnte auch sagen: Wissenschaftliche Aufklärung verdrängt ihren blinden Fleck, das, worüber sie hinwegsieht. Doch was sie ausschließen will, holt sie ein: Religion. Und so kommt es, dass die neuen KI-Propheten esoterische Ganzheitlichkeit mit totaler Kontrolle verwechseln.
Die Kritische Theorie wirft zwei Fragen auf, die sich bei jeder einzelnen technologischen Erfindung zu stellen lohnen: Wie viel "Lebenswelt" wollen wir dieser Kontrolle opfern, und – vielleicht noch wichtiger – wer darf darüber entscheiden?
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