Kann die Friedensbewegung doch rechtsoffen sein?

Seite 2: Versuch einer Klärung?

Mit "Warum die Friedensbewegung nicht rechtsoffen ist" sind auch die 14 Thesen der Initiative "Frieden-links" überschrieben. Unterzeichnet wurden sie unter anderem von bekannten Politikerinnen und Politikern der Linken wie Ulla Jelpke und Winfried Wolf, aber auch von dem langjährigen Friedensaktivisten Willy von Ooyen, die bekannt dafür sind, dass für sie die Grundsätze "Nie wieder Faschismus" und "Nie wieder Krieg" zusammengehören.

Sie plädieren dafür, mit antifaschistischen Grundsätzen auf Menschen zuzugehen, die sich der Friedensbewegung annähern wollen. Doch ob die Thesen zur Klärung beitragen können, ist fraglich. Sie werfen selber viele Fragen aus.

So heißt es in These 12: "Willkommen sind alle, die ehrlichen Herzens für Frieden eintreten. Wer aber meint, Friedenskundgebungen in rechte Versammlungen ummünzen zu müssen, soll zu Hause bleiben".

Das hört sich erst mal gut an. Doch wie erkennt man, ob jemand mit "ehrlichem Herzen" an einer Friedenskundgebung teilnimmt? Das ist doch ein schwammiges, nicht überprüfbares Kriterium. Da ist doch ehrlicher, zu sagen, dass niemand mit rechten Insignien, Bannern und Symbolen auf Friedensdemonstrationen auflaufen soll. Das kann man zumindest klar überprüfen.

Fragen wirft auch die These 2 auf, in der es heißt:

Die Friedensbewegung war schon immer Diffamierungen ausgesetzt. Neu ist gegenüber früher, dass dieses bei uns durch Kräfte aus Organisationen erfolgt, die bisher in der Friedensbewegung verwurzelt waren.

Damit werden innerhalb von großen Mitgliedsorganisationen tiefgehende Widersprüche provoziert, da in ihnen zugleich nach wie vor Menschen aktiv sind, die Stigmatisierung und Ausgrenzung ablehnen. Dasselbe gilt für wichtige Partner der Friedensbewegung, wie Gewerkschaften oder kirchliche Kreise.


Aus: Warum die Friedensbewegung nicht "rechtsoffen" ist

Nun ist die Auseinandersetzung um die Bündnispolitik der Friedensbewegung nicht neu, wie Kristian Golla mit Verweis auf den Friedenswinter erläuterte. Es waren aber langjährige Gruppen der Friedensbewegung, die für eine klare Abgrenzung nach rechts plädierten. Wird das jetzt als Diffamierung begriffen? So liest sich diese These.

Zudem werden Großorganisationen wie der DGB scheinbar nicht von der Diskussion um die Abgrenzung nach rechts abgeschreckt, sondern durch eine aus ihrer Sicht zu geringe Abgrenzung. So sorgt die Personalie des ehemaligen Linken-Politikers Dieter Dehm im osthessischen Fulda für Streit und führte dazu, dass der DGB und die IG Metall ihre Unterstützung für den Ostermarsch zurückgezogen haben.

Diskussionen in der alten Friedensbewegung

Vor fast 40 Jahren im Herbst 1984 fand just in Osthessen, dem sogenannten Fulda-Gap eine bundesweite Manöverbehinderung der Friedens- und Antimilitarismusbewegung statt stand. Damals wurde über vieles gestritten, vor allem über die Frage, wie weit ziviler Ungehorsam gehen darf. Nicht diskutiert hingegen wurde darüber, dass auf der Abschlusskundgebung der sich selbst als Nationalpazifist verstehende Alfred Mechtersheimer sprach, den man schon damals als extrem rechts beschreiben konnte.

Es war schon erstaunlich, dass es von links kaum Kritik daran gab, dass ein Mechtersheimer bei dieser Gelegenheit reden konnte, umgekehrt aber konservative Medien und Politiker Mechtersheimer heftig attackierten. Dabei waren damals auch ehemalige Widerstandskämpferinnen und Widerstandskämpfer gegen das Naziregime Teil des Bündnisses gegen Kriegsvorbereitungen im Fulda-Gap.

Warum gab es damals nicht die Debatte, ob ein Mechtersheimer nicht zu rechts für eine Abschlusskundgebung der Friedensbewegung ist – und warum ist das heute anders? Ein zentraler Grund dürfte der Bedeutungsverlust der gesellschaftlichen Linken sein. Mitte der 1980er-Jahre hatten die Linken in diesen Bündnissen eine gesellschaftliche Hegemonie und sie hatten auch genügend Selbstbewusstsein zu sagen, ein Mechtersheimer macht die Friedenskundgebung nicht zu einer rechten Veranstaltung.

Das ist heute auch deshalb anders, weil die gesellschaftliche Linke an Bedeutung verloren hat. Allerdings gab es schon in den 1980er-Jahren durchaus Kritik an der nationalen Begrenztheit der deutschen Friedensbewegung, beispielsweise in dem Text "In Gefahr und höchster Not ist der Mittelweg der Tod" durch die linksautonomen Revolutionären Zellen. Dort wurde die deutsche Friedensbewegung als Mittelstandsbewegung kritisiert.

Der Publizist Wolfgang Pohrt kritisierte sie sogar als nationale Erweckungsbewegung. Auch ihm gingt es – wie einem Teil der Kritiker heute – nicht darum, die Nato zu verteidigen. So erklärte ein Aktivist der NEA gegenüber Telepolis zur Frage nach Möglichkeiten, sich gegen Aufrüstung und Krieg zu artikulieren:

Das Bündnis "Rheinmetall Entwaffnen" sehen wir aber auf jedem Fall als einen sehr guten Ansatz. Es gab auch immer wieder andere Kampagnen, Demos und Bündnisse, die wir sehr unterstützenswert finden. Beispiele sind die Demo gegen die Berlin Security Conference, die Demo oder die Kundgebung "No Putin - No Nato - No Money for Wars" am 23. Februar.


Ein Aktivist der North East Antifa