Keine Leopard-Panzer aus Griechenland für die Ukraine
Premier Mitsotakis sieht Verteidigungsfähigkeit seines Landes bedroht. Der Konflikt mit der Türkei tut sein Übriges. Und dann ist da noch ein gescheiterter Ringtausch.
Die seit Wochen andauernde Debatte über die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern wurde in Griechenland nicht so eingehend geführt wie in den deutschen Medien. Die Griechen erfuhren, dass der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz lange zögerte und schließlich die Lieferung zusagte.
Erst danach erreichte das Thema auch Medien und Politik in der Hellenischen Republik. Dort aber gibt es erheblichen Widerstand gegen die Lieferung von Leopard-Panzern aus Beständen der griechischen Armee – grünes Licht aus Berlin hin oder her.
Die ukrainische Wochenzeitung Kyiv Post meldete bereits, es lägen Zusagen zur Lieferung von Leopard-Panzern aus Griechenland vor. Die Welt berichtete, Griechenland verfüge über die größte Leopard-Panzerflotte Europas verfüge und könne das Problem der Panzerlieferung ins Kriegsgebiet im Alleingang lösen. Dazu wird es nicht kommen.
Mitsotakis erteilt Absage
Der griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis hat auf einer Pressekonferenz am Rande eines Besuchs in Japan angekündigt, dass Griechenland keine Leopard-Panzer in die Ukraine schicken werde:
Wir haben der Ukraine wichtige militärische Unterstützung geleistet, zum Beispiel mit gepanzerten Transportern, aber wir werden die Leopard-2 aus dem einfachen Grund nicht liefern, weil sie für unsere Verteidigungsstrategie absolut notwendig sind. Wir haben deutlich gemacht, dass wir bereit sind, die Ukraine zu unterstützen, aber nicht auf Kosten unserer Verteidigungsfähigkeit
Kyriakos Mitsotakis
Mitsotakis betonte auch, gegen wen sich Griechenland verteidigen müsse, nämlich gegen den Nato-Partner Türkei. Ankara warf er vor, sich nicht solidarisch mit der Nato zu verhalten, sondern abzuwarten, wie der Konflikt in der Ukraine ausgehe.
Schlechte Erfahrungen mit Ringtausch
Griechenland war schon einmal an der Lieferung gepanzerter Fahrzeuge in die Ukraine beteiligt, die unter deutscher Beteiligung initiiert worden war. Dabei handelt es sich um die als "Ringtausch" bezeichnete Lieferung von amphibischen Schützenpanzern sowjetischer und russischer Bauart vom Typ BMP-1 an die Ukraine.
Da die Bundesregierung dabei die Lieferung eigener gepanzerter Fahrzeuge vermeiden wollte, sollte Griechenland die BMP-1 liefern und im Gegenzug Marder erhalten. Im Herbst 2022 sollten 40 BMP-1 an die Ukraine geliefert werden und gleichzeitig sollte Griechenland 40 Marder als Ersatzfahrzeuge erhalten.
Zwanzig BMP-1 wurden im Oktober 2022 von Griechenland an die Ukraine geliefert. Insgesamt sollte der Ringtausch 100 BMP-1 bzw. Marder umfassen.
Die ersten Marder wurden rechtzeitig für die Paraden zum Nationalfeiertag am 28. Oktober geliefert.
Inzwischen hat Griechenland die erste Tranche, 20 BMP-1, geliefert, aber nur 14 "Marder" erhalten.
Das gesamte Projekt gilt nun als gescheitert. Einen Ringtausch mit 100 BMP-1 wird es nicht geben. Es ist nun die Rede davon, dass der Tausch von 40 BMP-1 gegen Marder bis zum Ende des Sommers, also rund zehn Monate später als angekündigt, abgeschlossen sein soll. Seitens der griechischen Regierung besteht man darauf, dass die Panzer erst dann an die Ukraine geliefert werden, wenn die Ersatzfahrzeuge bereitstehen.
Griechische Medien berichten von langen Verzögerungen beim Ringtausch, die von griechischer Seite auf die langen Wartungszeiten bei Rheinmetall zurückgeführt werden.
Medien aus dem militärischen Umfeld in Griechenland schreiben, dass die für Griechenland vorgesehenen Marder nun von Deutschland vorrangig an die Ukraine geliefert würden, was die Lieferung von Ersatzfahrzeugen für die bereits gelieferten BMP-1 verzögere.
In diesem Kontext wird auf einen Artikel aus dem Boulevardblatt Bild verwiesen. Darin wird ein griechischer Militär zitiert, der versichert haben soll, dass die Griechen Verzögerungen bei der Marder-Lieferung verkraften könnten.
Griechenland rüstet auf, für die Ukraine bleibt nichts übrig
Die Realität sieht anders aus. Da das Heer nach eigenen Angaben neue Schützenpanzer benötigt, wird nun auch nach Alternativen aus US-amerikanischer Produktion gesucht.
Statt überflüssige Waffen in die Ukraine zu liefern, stehen die Zeichen in Griechenland derzeit auf Aufrüstung. Verteidigungsminister Nikos Panagiotopoulos stellte in der Debatte um einen von der linksgerichteten Syriza eingebrachten Misstrauensantrag 172 Rüstungsprogramme vor.
Heer, Luftwaffe und Marine werden von der regierenden Nea Dimokratia massiv aufgerüstet. Die Rüstungsausgaben der Vorgängerregierung lagen bis 2019 bei jährlich rund 500 Millionen Euro. Unter der Nea Dimokratia stiegen sie auf 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2021, 3,4 Milliarden Euro im Jahr 2022 und geplante 2,4 Milliarden Euro im Jahr 2023.
Griechenland besitzt 170 Leopard 2 HEL, 183 Leopard 2A4 und 501 Leopard 1-A5, also insgesamt 854 Leopard-Panzer verschiedener Baureihen. Die Türkei verfügt über 316 Leopard 2A4, 170 Leopard 1A4 und 227 Leopard 1A3, also insgesamt 713 Panzer der Leopard-Baureihe.