"Killed by the RIAA"
Neue Gebührenordnung für Internetradios in der Kritik
Seitdem am vergangenen Donnerstag die neuen Gebühren für US-Internetradios festgelegt wurden, herrscht Aufregung in der Netzradio-Szene. Einige Sender haben ihren Betrieb bereits ganz eingestellt. Kritik wird auch am Entscheidungsverfahren des US-Gesetzgebers geäußert.
Seit Donnerstag vergangener Woche läuft bei SomaFM nichts mehr. SomaFM hatte es geschafft, mit Genre-spezifischen Streams für Lounge- und Electronica-Klänge zu einem der größten unabhängigen Webcaster zu werden. Doch nun heißt es auf der Website nur noch: "Killed by the RIAA."
Grund für die Einstellung des Betriebs sind die in der letzten Woche verabschiedeten Gebühren für Internetradios. Am vergangenen Donnerstag hatte der Librarian of Congress entschieden, dass Netzradiobetreiber in Zukunft 0,07 Cents pro Song und Hörer an Plattenfirmen und aufführende Musiker zahlen müssen. SomaFM müsste damit nach eigenen Angaben rund 180 000 Dollar pro Jahr bezahlen - ein Betrag, den das bisher allein durch Spenden finanzierte Projekt nicht aufbringen kann.
Auch andere Netzradio-Stationen sehen sich durch die Gebührenentscheidung gefährdet. So hat das NetRockRadio ebenfalls seinen Betrieb eingestellt. In einem Interview mit dem De:Bug-Magazin berichten zudem die Macher des relativ kleinen, unkommerziellen Senders Dublab, dass sie Kosten von 5000-15 000 Dollar auf sich zukommen sehen. Damit würden sich Dublabs monatliche Betriebskosten verzehnfachen. Existenzgefährdend könnte für Stationen wie Dublab auch die Tatsache sein, dass die Gebühren rückwirkend für die letzten vier Jahre gezahlt werden müssen.
Eine Spätfolge des DMCA
Die jetzt festgelegten Gebühren sind gewissermaßen eine Spätfolge des Digital Millennium Copyright Acts. Dessen Autoren waren der Ansicht, dass Internetradios das Potential haben, CD-Verkäufe zumindest teilweise zu ersetzen. Deshalb sollten erstmals auch Tantiemen für die aufführenden Musiker fällig werden. Klassische Radios führen in den USA bisher nur Gebühren an die Komponisten und Musikverleger ab. Als der DMCA im September 1998 verabschiedet wurde, ließ der Gesetzgeber die genaue Höhe der anfallenden Tantiemen zunächst offen. Zuerst sollte sich er Markt entwickeln, dann könne man angemessene Gebühren festlegen, so der Gedanke.
In den folgenden Jahren handelte die von der Recording Industry Association of America (RIAA) gegründete Verwertungsgesellschaft Soundexchange eine Reihe von Einzelverträgen mit Webcastern aus. Die meisten dieser Netzradios gingen wenig später pleite, allein der Vertrag mit Yahoo! hatte Bestand. Als das so genante Copyright Arbitration Panel (CARP) im Auftrag des US-Copyright Offices im Februar einen Entwurf zur Höhe der Gebühren vorlegte, orientierte sich dieser deshalb eng am Yahoo!-Deal.
Yahoo!-Deal sollte Monopol aufbauen
Der CARP-Entwurf sah 0,14 Cents pro Song und Hörer vor - ein Vorschlag, der von Webcastern als viel zu hoch kritisiert wurde. Statt dessen forderten sie, die Gebühren prozentual an den Einnahmen der jeweiligen Station zu orientieren. Die nun festgelegten Raten reduzieren die Gebühren jedoch lediglich auf 50 Prozent des ursprünglichen Vorschlags.
Interessante Einsichten in das Zustandekommen des YAHOO!-Vertrags gibt nun ein Brief von Marc Cuban an den Radio and Internet Newsletter. Cuban ist ehemaliger Eigentümer von YAHOOs Radio-Website Broadcast.com und war als solcher auch an den Vertragsverhandlungen mit der RIAA beteiligt. Nun erklärt er dazu, er habe damals absichtlich zu hohe Gebühren vorgeschlagen, um Webcaster mit geringeren finanziellen Rücklagen aus dem Geschäft zu drängen. Cuban dazu wörtlich:
Der YAHOO!-Deal [...] war so gestaltet, dass es weniger Konkurrenz geben würde, und dass kleine Webcaster, die auf "Prozente des Umsatzes"-Regelungen angewiesen sind, nicht überleben könnten.