Kita-Krise: 306.000 Kleinkinder ohne Krippenplatz

Kleinkinder beim Essen in der Kinderkrippe mit Erzieherin

Drei Kleinkinder essen in einer Krippe unter der Aufsicht einer Erzieherin – Krippenplätze sind immer noch Mangelware.

(Bild: Oksana Kuzmina / Shutterstock.com )

Zahl der Kinder unter drei Jahren sinkt, dennoch mangelt es an Krippenplätzen. Besonders im Westen ist die Lage angespannt. Was bedeutet das für Eltern und Kommunen?

Obwohl in Deutschland immer weniger Kinder geboren werden, fehlen nach wie vor Hunderttausende Betreuungsplätze für die Jüngsten. Laut einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) gab es im Frühjahr 2024 bundesweit für 306.000 Kinder unter drei Jahren mit Betreuungsbedarf keinen Platz in einer Kinderkrippe oder bei einer Tagesmutter.

"Der Mangel an Kitaplätzen ist ein politisches Armutszeugnis", kritisiert IW-Bildungsexperte Wido Geis-Thöne besonders mit Blick auf Westdeutschland. "Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist immer noch in weiten Teilen der Bundesrepublik stark eingeschränkt."

Dabei zeigt sich ein deutliches West-Ost-Gefälle: Während in Bremen für fast jedes vierte Kind (23,9 Prozent) kein Krippenplatz zur Verfügung steht, sind es in Mecklenburg-Vorpommern nur 3,9 Prozent. Insgesamt ist die Situation in Westdeutschland deutlich angespannter als in Ostdeutschland.

Sinkende Kinderzahlen verändern die Betreuungslandschaft

Paradoxerweise ist die Betreuungsquote der unter Dreijährigen bundesweit von 36,4 Prozent im Vorjahr auf 37,4 Prozent gestiegen – obwohl weniger Kinder betreut werden. Der Grund: Die Zahl der Kinder unter drei Jahren sinkt von 2,38 Millionen Ende 2018 auf 2,27 Millionen Ende 2023.

Diese Entwicklung stellt die Kommunen vor neue Herausforderungen. Im Osten, wo der Geburtenrückgang früher einsetzte und stärker ausfiel, droht in den kommenden Jahren sogar ein Überangebot an Krippenplätzen. "Im Osten muss die Politik schon heute darüber nachdenken, das Betreuungsangebot zu reduzieren", sagt Geis-Thöne.

Im Westen ist der Bedarf dagegen weiterhin hoch. Hier müssen Länder und Kommunen den Krippenausbau deutlich forcieren, um die bestehenden Lücken zu schließen.

Elternwünsche und Kinderbedarf im Blick behalten

Insgesamt wünschen sich Eltern immer häufiger einen Krippenplatz für ihr Kind. Laut der IW-Studie besteht im Jahr 2024 ein Bedarf von 1,15 Millionen Betreuungsplätzen für unter Dreijährige. Besonders groß ist die Nachfrage in Brandenburg: Hier wünschen sich 67,2 Prozent der Eltern einen Betreuungsplatz für ihr Kind unter drei Jahren. In Bayern sind es lediglich 44,0 Prozent.

Geis-Thöne mahnt jedoch, beim Ausbau der Betreuungsinfrastruktur nicht nur die Wünsche der Eltern, sondern auch die Bedürfnisse der Kinder im Blick zu haben. Besonders wichtig sei die frühe Förderung von Kindern aus fremdsprachigen Familien. In Bremen beispielsweise, wo viele Kinder einen Migrationshintergrund haben, besuchen nur 77,3 Prozent der Kinder ab drei Jahren eine Kita.

Gerade bei größeren Gruppen von Kindern, die nach dem dritten Geburtstag unbetreut bleiben, müsse geprüft werden, aus welchen sozialen Kontexten sie kommen, so der Experte. Bei besonderem Förderbedarf, etwa in der Sprachentwicklung, müsse dringend darauf hingewirkt werden, diese Kinder früher in eine Kita zu bringen.