Klimaziele und Inkompetenz
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Energieversorgung: Welche Entscheidungen müssten jetzt getroffen werden?
Zurzeit werden die Ziele für den Klimaschutz ständig erhöht. So hat das Europaparlament die Erhöhung der CO2-Einsparungen bis 2030 auf 55% gegenüber 1990 beschlossen. Robert Habeck fordert sofort 65%, weil 55% nicht ausreichen, den Klimawandel zu stoppen. Leider sogar richtig. Aber ist diese Forderung auch sinnvoll?
Politik ist bekanntlich die Kunst des Möglichen. Und die Frage ist, was ist möglich? So, wie unsere Verantwortlichen in Brüssel, in der Regierung und im Wirtschaftsministerium die Energiewende derzeit planen, ist die Sicherheit unserer Energieversorgung gefährdet und es droht eine Katastrophe bei der Stromversorgung.
Die Politik beschließt einfach die Stilllegung von Kraftwerken, ohne einen Gedanken an die Folgen zu verschwenden? Energiepolitik ist aber kein Spiel und man kann nicht einfach willkürlich und ohne jede Sachkenntnis irgendwelche Maßnahmen beschließen, ohne die Folgen vorher durchzurechnen.
Weil sich jetzt zeigt, dass eine sichere Stromversorgung unter den geplanten Bedingungen des Ausstiegs aus dem Atomstrom und der Kohle nicht mehr zu garantieren ist, hat das Bundeswirtschaftsministerium unlängst den Entwurf für ein "Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz" vorgelegt, mit dem die Grundarchitektur für eine Strom-Mangelverwaltung mit ständigen Stromabschaltungen gelegt werden sollte. Der Entwurf musste aber zurückgezogen werden ("Die Stromversorgung ist massiv gefährdet").
Wir müssen uns darüber klar werden, dass wir den CO2-Ausstoß nicht "einfach mal so" verringern können, indem wir CO2-Quellen abschalten und stilllegen. Das meiste CO2 fällt bei der Energieproduktion an und die Energie wird gebraucht. Einfach abschalten geht nicht, wir müssen sie durch regenerativ erzeugte Energie ersetzen. Das sind in der Hauptsache Solar- und Windstrom sowie Umweltwärme. Deren Erzeugung und Nutzung muss massiv ausgebaut werden, damit wir die fossilen Brennstoffe durch sie ablösen können. Leider sind die von Peter Altmaier verkündeten Ausbauziele der Bundesregierung dafür unzureichend.
Es bringt auch nichts, nur wie verrückt Solar- und Windstromkapazitäten aus dem Boden zu stampfen, wenn die Netze den erzeugten Peakstrom dann mangels Verbrauch nicht verkraften können und die Ökostromerzeugung deshalb abgeregelt werden muss.
Stromspeicher
Wir brauchen unbedingt Stromspeicher, die in Peakzeiten als Verbraucher zugeschaltet werden und den Strom in Mangelzeiten wieder einspeisen. Und diese Speicher müssen einen hohen Wirkungsgrad und niedrige Verluste haben, sonst sind es keine Stromspeicher, sondern Stromvernichter. Wir haben noch auf lange Zeit einen großen Mangel an Ökostrom und können es uns nicht leisten, ihn durch ineffiziente Speicher zu verschwenden.
Bei den Speichern muss man zwischen Kurz- und Langzeitspeichern unterscheiden.
Kurzzeitspeicher dienen dazu, den überschüssigen Strom aus den täglichen Erzeugungspeaks aufzunehmen und in den täglichen Strommangelzeiten wieder einzuspeisen. Sie werden etwa 300 Mal oder öfter im Jahr ge- und entladen. In einem 12-kWh-Kurzzeitspeicher werden also im Jahr mehr als drei MWh gespeichert und wieder abgegeben.
Langzeitspeicher werden genutzt, um saisonal überschüssigen Strom für Zeiten, in denen insgesamt nicht genug Strom erzeugt werden kann, zu speichern. Sie müssen um mindestens zwei Größenordnungen größer sein als Kurzzeitspeicher, um jährlich die gleiche Strommenge zu speichern.
Solange wir sowieso zu wenig Ökostrom erzeugen, sollten wir ihn lieber mit Kurzzeitspeichern täglich verbrauchen und dadurch sofort fossile Brennstoffe ablösen. Leider ist auch das Zukunftsmusik.
Natürlich wäre es schön, wenn man jede Wohnung mit einem 12-kWh-Akku als Speicher ausrüsten würde, aber bei 41 Millionen Haushalten würde man dafür eine Speicherkapazität von 492 GWh benötigen. Auch wenn jetzt in Deutschland vier neue Batteriewerke mit riesiger Produktionskapazität gebaut werden (Tesla in Grünheide, 100 GWh/a, SVolt im Saarland 24 GWh/a, CATL am Erfurter Kreuz, 14 GWh/a und VW/Northvolt in Salzgitter, 16 GWh/a), reicht die gesamte Batterieproduktion von mehreren Jahren dafür nicht aus. Außerdem werden diese Batterien vorrangig für die E-Mobilität benötigt. Und last but not least stehen diese Fabriken noch nicht und ob die Rohstoffversorgung für alle gesichert ist, wird man auch erst noch sehen.
E-Autos
Von irgendwelchen Zielen, die auf dem Papier stehen, hat niemand etwas, wenn sie dann so realisiert werden, wie die berühmte eine Million E-Autos, die 2020 auf unseren Straßen rollen sollten.
Wobei E-Autos alleine auch keinen Klimanutzen bringen. Die Deutsche Umwelthilfe hat sich gerade auf die Hybridautos eingeschossen, weil diese noch mehr CO2 verursachen als herkömmliche PKW. Dazu wird eine Studie zitiert, aus der hervorgeht, dass diese Fahrzeuge durchschnittlich nur 35% ihrer Laufleistung elektrisch zurücklegen und dadurch, sowie durch die Tatsache, dass sie zum großen Teil mit Kohlestrom gefahren werden, unter Klimagesichtspunkten schädlicher sind als herkömmliche PKW. Das ist zwar leider richtig, aber kein Grund, die E-Autos und Hybridfahrzeuge abzulehnen. Der Fehler liegt nämlich nicht in der Konzeption der Fahrzeuge, sondern in schlechten und falschen Rahmenbedingungen.
Plug-In-Hybriden sind Kurzstreckenfahrzeuge für Entfernungen unter 100 km. Das reicht in den meisten Fällen vollkommen aus, da die meisten Fahrstrecken weniger als 40 km betragen. Leider werden viele dieser Fahrzeuge aber als Dienstwagen mit einem Nutzungsprofil als Langstreckenlimousine genutzt, wofür sie nicht gemacht sind. Und auch die im Kurzstreckenbetrieb genutzten Fahrzeuge werden oft nach der Fahrt nicht wieder geladen, weil meist keine Lademöglichkeit in der unmittelbaren Nähe vorhanden ist.
Und wenn die E-Mobilität etwas fürs Klima bringen soll, müssen die Fahrzeuge mit grünem Strom geladen werden.
Nun ist Strom aber die gerichtete Bewegung von Elektronen in einem Leiter und es ist in einem Stromnetz völlig unmöglich, den regenerativ erzeugten "grünen" Strom von z.B. im Braunkohlekraftwerk erzeugtem Kohlestrom zu unterscheiden. Die einzige Möglichkeit, wirklich grünen Strom zu tanken, ist, das Fahrzeug dann zu laden, wenn zu viel grüner Strom im Netz ist und seine Produktion sonst abgeregelt werden muss.
Peakzeiten
Das ist in den Peakzeiten regelmäßig der Fall. Leider liegen diese aber meist in der Mittagszeit, wenn alle Photovoltaikanlagen gleichzeitig volle Leistung liefern. In der Nacht gibt es keinen Solarstrom. Wenn wir die E-Autos in der Nacht laden, muss zusätzlicher Strom aus fossilen Brennstoffen erzeugt werden - wir erzeugen also durch das Laden der Autos zusätzliches CO2. Das dies nicht aus dem Auspuff, sondern einem Kraftwerksschornstein kommt, ist fürs Klima völlig egal.
Wenn wir allerdings mit Peakstrom laden, hat das gleich mehrere Vorteile: Wir sparen das CO2 im PKW-Verkehr ein, nutzen den Peakstrom sinnvoll und ermöglichen eine maximale Auslastung der vorhandenen Ökostromerzeugung, da nicht mehr abgeregelt werden muss. Was sich dann auch bei der EEG-Umlage bemerkbar machen wird. Welche Entscheidungen müssten jetzt getroffen werden?
Die Ausbauziele bei Solar und Windenergie müssen deutlich nach oben korrigiert werden. Von der Regierung geplant sind 4,7 GW Photovoltaik und 4,9 GW Windenergieanlagen jährlich im Zeitraum 2020-2030. Benötigt wird ein Zubau von jährlich mindestens 15 GW Solar- und Windstrom. Allerdings ist dabei der Bedarf für die geplante Wasserstofferzeugung noch nicht enthalten. Wenn man den mitrechnet, landet man bei 25-40 GW notwendigem Zubau jährlich. Das liegt jenseits von Gut und Böse.
Deshalb muss man die Wasserstofftechnologie als Energiespeicher mit ihrem schlechten Gesamtwirkungsgrad ablehnen, auch wenn einige Firmen hier ein großes Geschäft wittern. Und es müssen schleunigst die notwendigen gesetzlichen Regelungen und Standards für den zukünftigen Betrieb der Stromnetze geschaffen werden.
Wir können unsere Stromnetze nicht einfach so wie bisher betreiben, wenn wir sie komplett auf Ökostrom umstellen und dabei auch noch sehr viel größere Strommengen (für Heizung und Verkehr) als heute transportieren müssen. Die Probleme sind allgemein bekannt, aber die Politik drückt sich vor klaren Vorgaben und sorgt so dafür, dass nichts vorwärts geht.