Können Plastik, Stahl, Zement allein mit Wasserstoff klimaneutral werden?

Stahlwerk. Bild: Ant Rozetsky / Unsplash Licence

Die Industrie ist der zweitgrößter Treibhausgas-Emittent in Deutschland. Vor allem Chemie-, Zement- und Stahlproduktion stellen Herausforderungen dar. Warum es schnelle Lösungen braucht und gibt.

Etwa 20 Prozent der Klimagasemissionen in Deutschland werden durch die Industrie verursacht. Damit ist der Industriesektor nach der fossilen Energieerzeugung (mit ca. 38 Prozent) der zweitgrößte Klimagasemittent, gefolgt vom Verkehr mit ca. 18 Prozent und den Haushalten mit zehn Prozent.

Hans-Josef Fell ist Präsident der Energy Watch Group und Mitautor des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes.

Dass Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ein Förderprogramm auflegen will, um Industrie und Mittelstand bei Klimaschutzaktivitäten zu unterstützen, ist daher gut und richtig. Eine Voraussetzung für die Förderung ist die Umstellung auf 100 Prozent Ökostrom und die drastische Reduzierung anderer Emissionsquellen. Unternehmen in Branchen wie Stahl, Chemie, Zement oder Glas sollen gefördert werden.

Ist Wasserstoff die Maßnahme in einer grünen Industrieproduktion?

Die entscheidende Frage ist nun, welche Maßnahmen am effektivsten sind, um die Industrieproduktion auf eine Nullemissionsbasis oder sogar zu einer kohlenstoffsenkenden Wirtschaftsweise zu bringen.

In der politischen Diskussion wird dabei häufig die Umstellung auf Wasserstoff diskutiert. Tatsächlich wird grüner Wasserstoff, der aus Ökostrom oder durch Photosynthese aus Algen gewonnen wird, eine wichtige Rolle spielen. Wasserstoff aus Erdgas oder Atomstrom sollte jedoch vermieden werden, da dies die Klima- und Umweltprobleme nicht löst.

Die EU-Kommission wird wahrscheinlich weiterhin Erdgas, blauen Wasserstoff und CCS (Carbon Capture and Storage) als Klimaschutzmaßnahmen anerkennen. Es ist auch keine Lösung grünen Wasserstoff aus fernen Ländern wie Namibia oder der Golfregion zu importieren, da der Aufbau der erforderlichen Infrastruktur lange dauert und mit hohen Kosten und Ineffizienzen verbunden ist.

Zudem ist es geopolitisch riskant, die Abhängigkeit von fossilen Energien aus unsicheren und autokratischen Ländern durch Wasserstoffabhängigkeiten zu ersetzen.

Lösungsansätze für eine Nullemissionsindustrie

Die vier emissionsstärksten Zweige der Industrie sind die Stahl- und Eisenherstellung mit rund 35 Prozent, gefolgt von Raffinerien mit ungefähr 22 Prozent, Zementherstellung mit circa 20 Prozent und chemischer Industrie mit rund 17 Prozent. Alle diese und andere Industriezweige sollten ihre Klimagasemissionen bis 2030 weitgehend auf null reduzieren.

Das neue Förderprogramm gibt jedoch bis 2045 Zeit für die Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien und den Abschied von fossilen Rohstoffen wie Erdöl, Kohle und Erdgas.

Chemieindustrie

Die Emissionen der fossilen Raffinerien werden automatisch mit der Umstellung auf 100 Prozent erneuerbare Energien und erneuerbare Rohstoffe – also mit dem Ende der Nutzung von Erdöl, Erdgas und Kohle – beendet, weil sie dann schlicht nicht mehr benötigt werden.

Eine Ausnahme bilden die Bioraffinerien, die schnell an Bedeutung gewinnen müssen. Ein Beispiel dafür ist der in der chemischen Industrie weitverbreitete Grundstoff Naphtha. Ziel sollte sein, Naphtha und andere fossile Grundchemikalien nicht mehr auf Basis von Erdöl und Erdgas, sondern aus nachwachsenden Rohstoffen wie Pflanzenölen oder Algen, also Bio-Naphtha, herzustellen.

Die gesamte Kunststoffchemie sollte weitgehend auf nachwachsende Rohstoffe umgestellt werden. Am besten wäre es, Plastikprodukte aus ökologisch angebauten, nachwachsenden Rohstoffen herzustellen, die nach ihrer Nutzungsdauer von selbst verrotten und somit dem Kreislauf der Natur zurückgegeben werden können. Dies wäre die entscheidende Strategie, um die weitere Verschmutzung der Meere und Landschaften durch Plastikabfälle sowie die Klimagasemissionen aus Müllverbrennungsanlagen zu stoppen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier eine externe Buchempfehlung (Amazon Affiliates) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Amazon Affiliates) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.