Konflikt mit Iran: Europäische Länder mit Autozöllen erpresst?

EU-Vertreter behaupten, dass Trump mit Zöllen in Höhe von 25 Prozent gedroht haben soll, um die E3 auf die Seite des maximalen Drucks auf Iran zu bringen

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Die drei europäischen Staaten, Großbritannien, Frankreich und Deutschland haben mehrfach erklärt, dass sie an der Atomvereinbarung mit Iran (JCPOA) festhalten wollen, und Iran betonte ebenfalls mehrfach, dass es an der Vereinbarung festhalten will. Zwischen diesen beiden Erklärungen liegt viel nebeliges Gelände.

US-Präsident Trump hatte vergangene Woche gefordert, dass auch die drei europäischen Länder (E3) aus der Atomvereinbarung aussteigen sollten. Da sich Merkel und Makron schon nach dem einseitigen Ausstieg der USA auch dafür aussprachen, dass nachverhandelt werden müsse, gaben sie damit eine Position zu erkennen, die auf der Linie der USA lag. Iran lehnt bis dato jede Nachverhandlung ab.

So bestand nach der Rede Trumps zum iranischen Raketenangriff auf US-Militärbasen im Irak eine Wahrscheinlichkeit, dass die E3 tatsächlich umschwenken könnten (Trump: Nato soll sich sehr viel stärker im Nahen Osten engagieren, weil auch der britische Premierminister Johnson näher an Trumps Kurs ist, als dass von ihm substantieller Widerstand gegen einen JCPOA-Ausstieg zu erwarten wäre. Auch ihm liegt daran, den Druck auf die iranische Führung zu erhöhen.

Schlichtungsmechanismus

Die Erklärung der drei Staaten am vergangenen Dienstag kam also nicht wirklich überraschend. In ihrem Statement werfen die E3 Iran vor, dass das Land wesentliche Restriktionen der Vereinbarung breche und trotz diplomatischer Bemühungen ihrerseits am Bruch festhalten würde, weswegen man jetzt handeln müsse und den sogenannten Schlichtungsmechanismus, der im JCPOA vorgesehen ist, in Gang setzen. Man sehe aufgrund der Aufhebung der Restriktionen seitens Iran keine andere andere Möglichkeit ("therefore been left with no choice").

Mit der dazu gehörigen Behauptung setzen die ersten Nebelschwaden der Konfrontation ein. "Im Gegensatz zu seinen Statements hat Iran niemals den Schlichtungsmechanismus ausgelöst und hat auch keine rechtlichen Gründe, um mit der Einhaltung der Bestimmungen der Vereinbarung aufzuhören." Dem steht die nämlich Position Irans gegenüber.

Die Führung in Teheran hatte mit der Erklärung des ersten Schritts zur Aufhebung von Restriktionen (es ging um die Erweiterung des erlaubten Lagerbestands von angereichertem Uran) betont, dass man damit im Rahmen des JCPOA verbleibe - und sich zumindest andeutungsweise auf den Schlichtungsmechanismus bezogen. (Einfügung: Teheran nahm mit dem ersten Schritt im Juni 2019 öffentlich Bezug auf die beiden Artikel 26 und 36 im JCPOA. Artikel 26 liefert den vereinbarten Rahmen, auf den sich Teherans Behaupung stützt, wonach die Schritte zur reversiblen Aufhebung der Bestimmungen innerhalb der JCPOA-Vereinbarungen geschehen, und Artikel 36 bildet den "Auftakt" der Artikel zum Schlichtungsmechanismus).

Es soll sogar ein offizielles Schreiben existieren, in dem Iran darum bittet, eine gemeinsame Kommission einzurichten, die für den Schlichtungsmechanismus vorgesehen ist und diesen damit in Gang zu setzen.

Fakt ist aber, das ist bislang nicht passiert. Warum das nicht geschah, gehört zu den offenen politischen Fragen. Haben die Europäer entsprechende Anfragen ignoriert oder hat Iran nicht wirklich mit Nachdruck darauf gedrängt, dass der Schlichtungsmechanismus auch in Gang gesetzt wird?

Zu den politischen Eigentümlichkeiten gehört auch, dass die E3-Länder signalisieren - obwohl dies nicht klipp und klar aus der offiziellen Stellungnahme herauszulesen ist -, dass sie den Schlichtungsmechanismus nicht bis zum UN-Sicherheitsrat bringen wollen, wie es der Mechanismus vorsieht.

"Die Europäer haben den Iranern mitgeteilt, dass sie nicht die Absicht haben, die Sache vor den UN-Sicherheitsrat zu bringen, sondern dass sie den Streit innerhalb der Gemeinsamen Kommission (Joint Commission, die im Fall des Schlichtungsmechanismus eingesetzt wird) austragen und belassen wollen", heißt es in einem Bericht von al-Monitor aufgrund von Insiderinformationen des Think Tanks European Council on Foreign Relations.

Die diplomatische Zusatzmitteilung zur Einordnung der E3-Erklärung hat anscheinend größere Kreise gezogen, sie findet sich auch hier. Und sie wird in einem Kommentar im Guardian aufgenommen, demzufolge sich die E3 mit ihrem Vorstoß einen neuen diplomatischen Raum für Verhandlungen erschließen wollen.

Im UN-Sicherheitsrat würde es um den "Snap-Back" gehen, um die Wiederkehr der UN-Sanktionen, die vom JCPOA ausgesetzt wurden.

USA suchen Erfolg über Druck

Zwar gibt es ein Foto von hochrangiger Stelle des Auswärtigen Amts, das eine entspannte Atmosphäre bei Gesprächen zum Schlichtungsmechanismus suggeriert, aber das sagt nichts über die Erfolgsaussichten des neueröffneten diplomatischen Möglichkeitsraums aus.

Für die Führung in Teheran misst sich der Erfolg daran, ob US-Sanktionen wieder zurückgenommen werden - oder ob ihre Wirkung zumindest umgangen (Instex) oder durch einen angekündigten EU-Milliarden-Kredit kompensiert werden. Verhandlungen mit Trump sind aus Sicht der iranischen Regierung ausgeschlossen, man traut dem US-Präsidenten nicht. Das Vertrauen ist in den letzten Wochen auch nicht erhöht worden.

Für Trump wäre neues Abkommen mit Iran der Erfolg, den er anstrebt - mit Bedingungen, die für die Führung Iran, nach allem, was man bislang dazu gehört hat, nicht akzeptabel sind (insbesondere die Restriktionen des iranischen Raketenprogramms und die Vorgaben zum "Verhalten Irans" in der Region).

Manche erkennen in der jüngsten nebulösen Geschichte diesen einen klaren Punkt, dass Trump nun die drei europäischen Länder auf seine Seite bringen will, um den Druck auf Iran derart zu erhöhen, dass Teheran zu einer Neuverhandlung des JCPOA einlenkt.

Dazu hat Trump nach Informationen der Washington Post erstmal Druck auf die europäischen Länder ausgeübt. Unter Berufung auf nicht namentlich genannte EU-Beamte soll Donald Trump Strafzöllen auf Autos aus der EU in Höhe von 25 Prozent gedroht haben, um "im Atomstreit mit dem Iran Druck auf Berlin, London und Paris zu machen". Angeblich soll dies der oben genannten E3-Erklärung vorangegangen sein.

Der US-Botschafter in Deutschland Richard Grenell bezeichnete den Bericht der Washingtoner Post als "Fake News". Dass die USA bei ihrer Iran-Politik des "Maximalen Drucks" zu Mitteln des Wirtschaftskrieges greift, ist allerdings gewiss keine Fiktion. In diesem Rahmen ist viel möglich, wie schon das abenteuerliche Outlaw-Gehabe im Umgang mit dem iranischen Tanker Adrian Darya 1 (zuvor Grace 1) zeigte, auch da wurden die Europäer eingespannt.