Kriege und Schul-Massaker: Das Krebsgeschwür der Entmenschlichung

Ein Junge im US-Bundesstaat Utah feuert mit halb automatischem Gewehr AR15. Bild: William / CC BY 2.0

Nächstes Schul-Blutbad in den USA. Zugleich werden Nuklearwaffen für Belarus und Uranmunition für die Ukraine geliefert. Von Kriegen im Ausland bis hin zu Massakern im eigenen Land – die Dehumanisierung macht so viel Abscheuliches möglich!

"Chief Drake sagte, es sei noch zu früh, um über ein mögliches Motiv für die Schießerei zu sprechen, er bestätigte jedoch, dass der Angriff gezielt war. Die Behörden seien dabei, Schriftstücke zu prüfen, und hätten Kontakt mit dem Vater des Schützen aufgenommen. . . ."

Robert Koehler ist ein preisgekrönter Journalist und Autor aus Chicago.

Ja, sie werden es herausfinden.

Die jüngste Massenschießerei: Sechs Tote, darunter drei neunjährige Kinder, in der Covenant School in Nashville, Tennessee. Die mutmaßliche Schützin, 28 Jahre alt – eine ehemalige Schülerin der Covenant-Schule – stürmte am 27. März in die Schule und trug (Gott segne Amerika) zwei halb automatische Gewehre und eine Handfeuerwaffe. Er/Sie, offenbar transsexuell, wurde schließlich von der Polizei erschossen.

Wir kommen zu weiteren Nachrichten ...

Wie bitte? Bleiben wir einen Moment bei diesem Wahnsinn, okay? Das ist keine Reality-TV-Show. Und das "Motiv" der Mörderin? Sollte das nicht eine Rolle spielen? Wird eine genaue Analyse die Behörden in die Lage versetzen, den nächsten ähnlich motivierten Menschen zu stoppen, bevor er das Feuer eröffnet?

Ich fürchte zutiefst, dass es nicht einmal darum geht. Massenmord ist einfach Teil des großen amerikanischen Achselzuckens. Wir sind eine einzigartige Nation, die größte Demokratie und die größte Hoffnung der Welt, und die verflixten Morde ... nun, niemand ist perfekt. Und schließlich sind es nicht Waffen, die Menschen töten, sondern Menschen – besonders wenn sie psychisch krank sind – töten Menschen.

Aber angesichts dieses jüngsten Schreckens – nach Angaben des Gun Violence Archive gab es in den Vereinigten Staaten in diesem Jahr bisher 130 Massenerschießungen (definiert als mindestens vier getötete oder verletzte Menschen) – kann ich nur eines tun: Die Empörung erweitern.

Wir sollten sie über die Covenant School hinaus tragen, über Nashville, Angriffswaffen und die Politik hinweg.

In der US-amerikanischen Sozialstruktur, in der globalen Sozialstruktur gibt es eine tief verwurzelte Verbindung zur Hölle. Waffenkontrolle, so vernünftig sie auch sein mag, wird sie nicht überwinden können. Der Massenmord entspringt einem nicht untersuchten, nicht behandelten dunklen Fleck im kollektiven menschlichen Bewusstsein. Er lässt sich mit einem Wort beschreiben: Entmenschlichung.

Dabei handelt es sich nicht einfach um die psychologische Schwäche eines Einzelgängers: die Verweigerung der vollen bzw. jeglicher Menschlichkeit – jeglichen spirituellen Wertes – für Andere, die zum Ziel erklärt werden. Es ist ein Phänomen, das in die soziale Norm eingebettet ist. Wir haben Feinde. Wir brauchen sie. Wir töten sie.

Wir ziehen in den Krieg!

Die Angreiferin trug eine Tarnhose, eine schwarze Weste und eine rote Baseballkappe auf dem Rücken und ging mit gezogener Waffe durch Zimmer und Flure.

Im eigenen Land den Feind liquidieren

Die Mörderin, was auch immer ihr spezifisches "Motiv" war, spielte Krieg. Sie hatte in ihrem Geist und Herzen die Bewohner der Covenant School entmenschlicht. Es ist das Spiel, das die Nationen der Welt – insbesondere die "USA! USA!" – regelmäßig gegeneinander austragen.

Massenerschießungen? Die gibt es überall. Wenn wir (die Guten, mit den Waffen) Krieg führen, dann haben wir keine Wahl. Wenn Nichtkombattanten – sagen wir mal, ein Haufen neunjähriger Kinder – sterben, werden sie auf magische Weise zu Kollateralschäden.

Das Phänomen des Krieges wird kollektiv verherrlicht. Seine entsetzlichen Folgen werden entweder gerechtfertigt oder ignoriert, es sei denn, der Feind ist dafür verantwortlich. Und während ich die Nachrichten über die Schießerei in Nashville verfolgte, war zufällig auch das in den Nachrichten zu lesen:

"Der russische Präsident Wladimir Putin", so die Associated Press, "kündigte am Samstag Pläne an, taktische Atomwaffen im benachbarten Weißrussland zu stationieren – eine Warnung an den Westen, der seine militärische Unterstützung für die Ukraine verstärkt".

Putin sagte, der Schritt sei durch die Entscheidung Großbritanniens in der vergangenen Woche ausgelöst worden, die Ukraine mit panzerbrechenden Geschossen zu versorgen, die abgereichertes Uran enthalten.

Taktische Atomwaffen! Das Böse hat die Weltuntergangsuhr um einige Stufen vorgestellt. Eine Welt am Rande des Atomkriegs? Es gibt keinen Zusammenhang, in den die Medien das einordnen könnten.

Obwohl Putins Rechtfertigung für sein äußerst riskantes Spiel mit dem Nuklearkrieg genannt wird: Die Briten liefern an die Ukraine panzerbrechende Waffen. Das rechtfertigt natürlich nicht Putins Wahnsinn, aber machen wir uns nichts vor: Beide Seiten sind wahnsinnig. Entmenschlichung schafft nur noch mehr vom Gleichen.

Abgereichertes Uran, stärker als Stahl, ist verdammt schmutzig. Die USA haben es im Irak eingesetzt, natürlich ohne jegliche Rechenschaftspflicht. Bei den beiden katastrophalen Invasionen in Falludscha im Jahr 2004 zum Beispiel hinterließ der Einsatz von abgereichertem Uran und weißem Phosphor Krebs und Geburtsschäden von nahezu unvorstellbarem Ausmaß.

So stieg die Zahl der Krebsfälle im Irak von durchschnittlich 40 pro 100.000 Menschen im Jahr 1991 auf 1.600 pro 100.000 Menschen im Jahr 2005, wie der Fernsehsender Al-Jazeera berichtet. Und, mein Gott:

Ärzte in Falludscha beobachten weiterhin einen steilen Anstieg von schweren Geburtsfehlern, darunter Kinder, die mit zwei Köpfen geboren werden, Kinder, die nur mit einem Auge geboren werden, multiple Tumore, entstellende Gesichts- und Körperdeformationen und komplexe Probleme des Nervensystems. … Viele Familien haben zu viel Angst, um Kinder zu bekommen, da eine alarmierend hohe Anzahl von Frauen immer wieder Fehlgeburten und Todesfälle mit schwer deformierten und kranken Neugeborenen erlebt.

Die Dehumanisierung macht so vieles möglich! Eine einsame, verstörte Seele, die einen Massenmord begeht, ist nur ein winziger Teil davon.

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich sehe eine direkte Verbindung zwischen solchen Taten und den Kriegen, die die Nationen gegeneinander führen und die – tatsächliche und potenzielle – Folgen haben, die eine Million, vielleicht eine Milliarde Mal schwerer wiegen als die, die diese Woche in der Covenant School ertragen werden mussten.

Der Artikel erscheint in Kooperation mit dem US-Nachrichtenportal Common Dreams. Übersetzung: David Goeßmann.

Robert Koehler ist ein preisgekrönter Journalist und Autor aus Chicago. Koehler wurde mehrfach für sein Schreiben und seinen Journalismus ausgezeichnet, unter anderem von der National Newspaper Association, Suburban Newspapers of America und dem Chicago Headline Club. Er schreibt regelmäßig für Medien wie Common Dreams und die Huffington Post.

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