Krim-Brücke: Machte erst westliche Hilfe den Angriff der Ukraine möglich?

Wiederholt im Visier der Ukraine: Krim-Brücke. Bild: Leon petrosyan, CC BY-SA 4.0

Exilrussische Medien: Anschlag von Drohnen verübt. Navigation durch Unterstützung aus dem Westen? Das sind die neuesten Details zur spektakulären Attacke.

Die Krim-Brücke, die die Halbinsel mit dem russischen Festland verbindet, hat nach der Stadt Bachmut die wohl größte Symbolwirkung im laufenden Ukraine-Krieg. Kiew betrachtet sie als illegalen Bau und Nachschublinie des Feindes, die es zu zerstören gilt. Moskau sieht sie als Verbindungselement zwischen dem russischen Festland und der Krim. Nun sind beachtliche Details zum jüngsten Angriff auf den Übergang bekannt geworden.

Genutzt wird die Krim-Brücke tatsächlich zum militärischen Nachschub, aber auch zur zivilen Versorgung der Halbinsel und bisher als Anreiseroute für russische Touristen, die unerschrocken immer noch in großer Zahl an die Schwarzmeerküste fahren.

Das 19 Kilometer lange Bauwerk ist von den Russen kaum vollständig gegen ukrainische Angriffe zu schützen. Das wurde bereits zweimal von Kiewer Angreifern ausgenutzt – allein die Reparaturkosten infolge des letzten Angriffs bezifferte der stellvertretende russische Ministerpräsident Marat Chusnullin auf umgerechnet 13 Millionen Euro.

Ein Brückenabschnitt auf einer der beiden Fahrspuren wurde komplett zerstört, der Verkehr wird inzwischen wieder einspurig über die zweite Fahrspur an der Einschlagstelle vorbeigeführt.

Zwei Zivilisten kamen bei dem Anschlag ums Leben, ein verletztes 14-jähriges Mädchen wird in einem Moskauer Krankenhaus behandelt.

Eigenbau mit Starlink-Navigation oder westliches Modell?

Fest steht: Der Anschlag auf die Brücke wurde von zwei unbemannten Kamikaze-Booten ausgeführt. Diese starteten nach russischen Quellen auf der sogenannten Schlangeninsel.

Diese Insel im Schwarzen Meer ist von großer strategischer Bedeutung und wurde im Zuge der Invasion von den Russen besetzt, konnte aber nur wenige Wochen gehalten werden.

Für einen dortigen Ausgangspunkt spricht auch, dass es wenige Tage vor dem Anschlag russische Luftangriffe auf die Insel gegeben hatte.

Dazu glaubt die russische Exilzeitung The Insider zu wissen, dass die russische Luftaufklärung Angriffsvorbereitungen vor Ort registriert hatte.

Die lettische Onlinezeitung Meduza sowie die ukrainische Ukrajinski Prawda berichten unter Berufung auf ukrainische Geheimdienstquellen, dass es sich bei dem Angriff um eine gemeinsame Aktion des Geheimdienstes und der ukrainischen Marine gehandelt habe. Dabei seien Überwasserdrohnen eingesetzt worden.

Ob diese Drohnen aus dem Westen geliefert oder mit westlicher Hilfe gebaut wurden, ist noch umstritten. Die Moskauer Zeitung Kommersant schreibt, zunächst seien zur Ablenkung improvisierte, mit Sprengstoff beladene Jetskis auf die Brücke geschickt worden, um das Abwehrfeuer der Brückenverteidigung auf sich zu ziehen.

In deren Schutz hätten dann professionelle Kriegswaffen zugeschlagen, die keine ukrainische Improvisation gewesen seien. Um was für Drohnen es sich handelte, müsse noch geklärt werden, so die Zeitung.

Angriff auf Krim-Brücke: Welche Drohnen wurden verwendet?

Meduza bezeichnet den ukrainischen Angriff als überraschend, da die bisher bekannten Marinedrohnen bei den Kiewer Truppen nicht über die nötige Reichweite verfügten.

Es sei bekannt, dass die westliche ukrainische Flotte im April 2022 Marinedrohnen des US-Typs Mantas T-12 erhalten habe. Deren Nutzlast sei aber für den verwendeten Sprengstoff zu klein.

Bei einem Angriff auf die russische Schwarzmeerflotte in Sewastopol vor einigen Monaten sei jedoch erstmals ein zweiter Typ von Wasserdrohnen aufgetaucht (hier ein Foto einer auf der Krim gestrandeten und von den Russen erbeuteten Drohne dieses Typs).

Sie sei größer und habe eine höhere Reichweite als beispielsweise Mantas T-12. Sie sei aus zivilen Komponenten zusammengebaut und mit einem Jetski-Motor ausgestattet, so Meduza.

Die Waffe navigiere über das Satellitenkommunikationssystem Starlink des US-Multimilliardärs Elon Musk und seines Raumfahrtunternehmens SpaceX. Laut Meduza gibt es zwei weitere Angriffsversuche der Ukrainer, die auf die Existenz von Langstrecken-Wasserdrohnen hindeuten.

Regierungsnahe russische Quellen wie der Telegram-Kanal Mash sprechen dagegen von möglichen direkt im Westen hergestellten Drohnen bei dem Angriff, etwa dem britischen U-Boot Remus 600.

Beweise oder überzeugende Belege haben diese Quellen nicht. Meduza bezweifelt bei Remus 600 eine ausreichende Tragfähigkeit für den durchgeführten Angriff. Die Diskussion und Ursachenforschung dauern an.

Krim-Brücke: Große strategische und zivile Bedeutung

Die Krim-Brücke hat für Russland nicht nur eine symbolische Bedeutung. Die Zeitung Kommersant bezeichnet sie als "wichtigsten Verkehrsknotenpunkt zwischen der Halbinsel Krim und dem Rest Russlands".

Seit der Eröffnung vor vier Jahren hätten sie 21 Millionen Kraftfahrzeuge überquert, davon drei Millionen Lkw. Dabei nutzten auch viele unerschrockene Krim-Touristen die Brücke, allein von Januar bis August 2022 werden 5,26 Millionen Besucher ausgewiesen.

Ebendiese Touristen bereiten jetzt mit ihrer Abreise Probleme. Als noch unklar war, wie schnell die Brücke zumindest eingeschränkt wieder zur Verfügung steht, erlaubten die russischen Behörden den Landweg über die besetzten Gebiete der Ukraine zur An- und Abreise für russische Urlauber.

Auch diese Route entlang der Meeresküste wird intensiv für den Nachschub der russischen Invasionsarmee genutzt. Die exilrussische Zeitung The Insider spricht von einer massiven Behinderung der russischen Militärlogistik, sollten Zivilfahrzeuge auf dieser vorher für sie gesperrten Route unterwegs sein.

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