Lieferkettengesetz soll ab 2023 gelten - aber nur für wenige Firmen

Is denn heut scho Weihnachten? - Mit diesem Lieferkettengesetz eher nicht für diejenigen, die Kakaobohnen pflücken. Symbolbild: Thomas Ulrich auf Pixabay / Public Domain

Bundesarbeitsminister Heil (SPD) ist stolz auf den Kompromiss, der DGB spricht von einem "guten Tag für Menschenrechte", die Linksfraktion von einem "zahnlosen Tiger".

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sprach von einem "historischen Durchbruch", der TÜV-Verband von einer "Selbstverständlichkeit", die nun für viele Unternehmen zur Pflicht werde - für die Bundestagsfraktion Die Linke ist das geplante Lieferkettengesetz zur Einhaltung sozialer und ökologischer Standards dagegen ein "zahnloser Tiger". So drückte sich deren Obmann im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Michael Brandt, an diesem Freitag aus, als bekannt wurde, dass sich die Bundesregierung auf ein Gesetz verständigt hat, das Firmen verpflichten soll, Menschenrechte bei ihren Lieferanten im Ausland durchzusetzen und Umweltstandards einzuhalten.

Allerdings müssen die Unternehmen deshalb noch lange nicht für Verstöße haften - und das Gesetz soll erst Anfang 2023 für Firmen mit mehr als 3.000 Beschäftigten in Kraft treten. Ein weiteres Jahr später soll es auch für Firmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten gelten. Heils Aussage "Das deutsche Lieferkettengesetz kommt noch in dieser Legislaturperiode" bezieht sich lediglich auf die geplante Verabschiedung vor der Bundestagswahl im Herbst.

Mit "liebem Peter" hart verhandelt

Beteiligt waren an dem Kompromiss die Ressorts von Heil und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sowie das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung unter Gerd Müller (CSU). Mit Altmaier soll Heil hart verhandelt haben, gab sich aber versöhnlich mit den Worten "Lieber Peter, ich weiß, dass dir das nicht leicht gefallen ist", als die Minister an diesem Freitag in Berlin das Ergebnis vorstellten.

Heil hält das geplante Gesetz für so ambitioniert wie kein anderes auf der Welt und in Europa: Es solle Menschenrechte schützen und dazu beitragen, Kinderarbeit und Ausbeutung in Entwicklungsländern zu verringern, erklärte er. "Moderne Sklaverei" dürfe kein Geschäftsmodell sein, betonte er.

Nach Meinung des TÜV-Verbandes kommt es jetzt "auf die konkrete Ausgestaltung an", wie dessen Geschäftsführer Joachim Bühler am Freitag erklärte. "Soziale und ökologische Standards müssen klar definiert und deren Einhaltung kontrolliert werden. Unabhängige Prüfungen können das notwendige Vertrauen in die Aussagen der einzelnen Glieder der Lieferkette schaffen". Das helfe den Unternehmen und schaffe Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher, so Bühler, der zugleich betonte, dass es für viele Firmen bereits heute selbstverständlich sei, Lieferketten nach sozialen und ökologischen Standards auszurichten.

"Ohne eine Unternehmenshaftung ist das Gesetz ein zahnloser Tiger", erklärte dagegen Linken-Politiker Brandt. "Immer wieder sehen deutsche Unternehmen bei Menschenrechtsverstößen weg und profitieren sogar davon. Sie müssen deshalb von Betroffenen zur Rechenschaft gezogen werden können, sonst bleibt alles wie es ist."

Lob und doch etwas Kritik vom DGB

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte ein Lieferkettengesetz mit wirksamen Sanktionsmöglichkeiten gefordert, "die nicht an den nationalen Grenzen enden". Dennoch begrüßte DGB-Chef Reiner Hoffmann heute die Einigung: "Das ist ein guter Tag für Menschenrechte und faire Arbeitsbedingungen entlang globaler Wertschöpfungsketten", erklärte er. "Den Ministern Heil und Müller ist es gelungen, ein wirkungsvolles Gesetz auf den Weg zu bringen. Trotzdem sollten perspektivisch auch Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten unter dieses Gesetz fallen. Leider konnte man sich nicht auf einen leichteren Zugang für Betroffene zu Zivilgerichten einigen", so der DGB-Vorsitzende. "Wichtig wäre jetzt, dass die Bundesregierung die EU dabei unterstützt, eine zivilrechtliche Haftung in Europa zu regeln", gab sich Hoffmann optimistisch.

Laut Heil können Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen im Rahmen des Prozessstandsrechts vor deutschen Gerichten für Betroffene zu klagen. Auch könnten Unternehmen, die nachweisbar Verstöße begangen haben, bis zu drei Jahre lang von öffentlichen Ausschreibungen ausgeschlossen werden.

Brandt rechnete vor: "Wenn erst ab 2024 nur Firmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten menschenrechtliche Verantwortung für ihre Lieferkette haben, betrifft das nur rund 2.900 von insgesamt 3,5 Millionen Unternehmen hierzulande." Das seien weniger als 0,1 Prozent der Firmen in Deutschland.

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