Lockdown mit Abstrichen bis zum 7. März verlängert
Friseursalons dürfen eine Woche früher öffnen. Keine einheitliche Regelung für Schulen und Kitas. "Zero Covid" protestiert gegen Zwang zu Risikoverhalten in der Arbeitswelt
Unabhängig davon, wie realistisch ihre Forderung ist und wer wie dazu steht, legen die "Zero Covid"-Aktivisten, die an diesem Mittwoch während der Bund-Länder-Beratungen vor dem Kanzleramt in Berlin protestierten, die ganze Widersprüchlichkeit der bisherigen Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie offen. Unter dem Stichwort #CovidAtWork sammeln und veröffentlichen sie im Internet Kurzberichte über Infektionsschutzmängel in der Arbeitswelt - und in etlichen Rückmeldungen wird der Frust darüber ausgedrückt, wie dort alles zunichte gemacht wird, was die Politik durch harte Einschränkungen im Freizeitbereich zu erreichen versucht.
"Privat darf ich nix, aber auf Arbeit riskiere ich für Aktionäre meine Gesundheit", zitiert die Initiative R., der "in einem Autokonzern in Ingolstadt" arbeite, wo an den Bändern "alle die Masken unterm Kinn" tragen. A. arbeitet "als Heizungsinstallateur auf einer Großbaustelle in München. Maske trägt kaum wer, man kommt sich in den Wohnungen sehr nah, teilt sich mit gefühlt 100 Leuten vier Dixiklos. Aber mit meiner Freundin ein befreundetes Paar zu besuchen ist ja zu gefährlich..."
Frisiersalons dürfen früher öffnen
Ob der einseitige Lockdown in dieser oder ähnlicher Form vorerst bis zum 7. oder bis zum 14. März verlängert wird und welche Lockerungsschritte dann folgen sollen, darüber wurde bei den Bund-Länder-Beratungen gestritten. Die Bundeskanzlerin war für den 14. März, setzte sich damit aber offenbar nicht durch: Nach Informationen des Tagesspiegels vom Abend soll der Lockdown zunächst nur bis zum 7. März verlängert werden - allerdings dürfen Grundschulen auch im Februar schon zum Präsenzunterricht zurückkehren und Kitas über die Notbetreuung hinaus öffnen, Berlin und Brandenburg haben demnach den 22. Februar als Öffnungstermin im Visier.
"Zero Covid" fordert weiterhin einen konsequenteren Lockdown, der alle nicht lebenswichtigen Bereiche der Arbeitswelt einbezieht: "Anstatt Schulen bald zu öffnen, müssen Betriebe und Büros bei vollem Lohnausgleich geschlossen werden", erklärte die Kampagnensprecherin Gizem Fesli am Mittwoch. Zur Finanzierung sollten "Sonderabgaben auf Unternehmensgewinne und sehr hohe Vermögen erhoben werden".
Dergleichen stand bei den Beratungen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten der Länder nicht zur Debatte, dafür war die Rede von einer Wiedereröffnung der Friseursalons schon ab dem 1. März. Zur Begründung sei in Arbeitspapieren von Bund und Ländern auf die "Bedeutung von Friseuren für die Körperhygiene" verwiesen worden. "Friseurbetriebe können unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts mit Reservierungen sowie unter Nutzung medizinischer Masken den Betrieb ab 1. März 2021 wieder aufnehmen", zitierte die Berliner Morgenpost aus der Beschlussvorlage.
GEW mahnt einheitliche Regeln und Grenzwerte an
Für die Öffnung Schulen und Kitas zeichnete sich bei den Beratungen zunächst kein bundesweit einheitliches Vorgehen ab. Laut Beschlussvorlage des Bundes sollte dieses besonders umstrittene Thema praktisch ins Ermessen der einzelnen Länder gestellt werden.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte sich für einheitliche Regelungen ausgesprochen - was nicht heißt, dass aus ihrer Sicht Öffnungsschritte unabhängig von den Infektionszahlen bundesweit überall gleichzeitig erfolgen sollen. Bei gleicher Inzidenz müsse aber "im Kreis A das Gleiche passieren wie im Kreis B", so die GEW-Vorsitzende Marlis Tepe am Mittwoch gegenüber Telepolis. "Wenn das jetzt nicht klappt, ist das bitter", so Tepe. Aktuell müssten Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher bei der Impfstrategie stärker berücksichtigt werden.
Nach Informationen von "Zero Covid" wurden sogar schwangere Lehrerinnen entgegen dem ärztlichen Rat zum Präsenzunterricht genötigt. Kampagnensprecher Wilhelm Schulz kündigte gegenüber Telepolis für die nächsten Tage einen "gewerkschaftspolitischen Aufruf" an, um Beschäftigten, die ihren Unmut über erzwungenes Risikoverhalten bisher überwiegend anonym äußern, den Rücken zu stärken.
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