MDR: Shitstorm nach Panzer-Kommentar
Seite 2: Wer darf über die Ukraine diskutieren?
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Dieser Kommentar hat es in sich: Die MDR-Journalistin Rommy Arndt hat sich für den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) in einem knapp fünfminütigen Audiobeitrag mit der Debatte um Panzerlieferungen an die Ukraine auseinandergesetzt. Ihr Urteil ist eindeutig, sie spricht sich gegen solche Lieferungen aus, argumentiert mit Bedenken, ja sogar Angst vor einer Eskalation.
Eine Position, die viele Deutsche teilen dürften. Laut einer Umfrage im Auftrag der ARD ist die Meinung im Land gespalten: 46 Prozent sind für die Lieferung der schweren Waffensysteme, 43 Prozent dagegen. Dabei gibt es große Unterschiede zwischen Ost und West sowie zwischen den Altersgruppen.
Die Reaktionen auf das Stück waren und sind massiv: Eine Million Mal wurde allein das Posting auf Arndts Seite im Kurznachrichtendienst Twitter angezeigt, knapp dreitausend Kommentare finden sich dort und mehr als 2.000 Likes. Die Journalistin legte nach und verwies an gleicher Stelle zu Wochenbeginn auf eine MDR-Telefonerhebung, nach der sich im Sendegebiet zeitweise 94 Prozent gegen Panzerlieferungen an Kiew aussprachen.
Über all das kann und muss man diskutieren. Ebenso wie Teile des Kommentars, wenn Arndt etwa die angeblich stets graue Kleidung der FDP-Bundestagsabgeordneten Marie Agnes Strack-Zimmermann thematisiert, die zum Thema eine radikal andere Position einnimmt. Was aber hat ihre Kleidung damit zu tun? Oder wenn sie den Vernichtungskrieg der Hitler-Wehrmacht gegen die Sowjetunion nur auf Russland reduziert, die Ukraine aber nicht erwähnt.
Was aber seit dem vergangenen Donnerstagnachmittag stattfindet, ist keine inhaltliche Auseinandersetzung oder Debatte über journalistische Qualität. Arndt und der MDR, dessen Chefredaktion sich zu einer seichten Distanzierung veranlasst sah, stehen einer Verbots- und Diffamierungskampagne gegenüber, in der sich vieles von dem bricht, was in der deutschen Medienlandschaft schiefläuft; die zeigt, wie destruktiv Polarisierung wirkt.
In zahlreichen Twitter-Kommentaren wird Arndt die Kompetenz abgesprochen, das Thema zu kommentieren. Die Journalistin wird auf ihre Rolle als "Eventmoderatorin" reduziert. Als ob alle Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Experten für Militär- oder Sicherheitspolitik wären.
Am aktivsten in der Kampagne gegen den MDR und seine Journalistin ist wieder einmal Matthias Meisner, der früher einmal für den in Berlin erscheinenden Tagesspiegel tätig war. Heute arbeitet Meisner unter anderem als freier Mitarbeiter für die Denkfabrik Zentrum Liberale Moderne, die nach Medienberichten zu erheblichen Teilen von der Bundesregierung finanziert wird – und deren Führungspersonal sich vehement für Panzerlieferungen an Kiew ausspricht.
Dass er dem MDR und Arndt auf dem Blog Volksverpetzer "Kreml-Propaganda" unterstellt, zeigt, wie verengt die Debatte um den Ukraine-Krieg, die europäische Sicherheit und die Folgen der Aufrüstung einer Kriegspartei inzwischen verläuft. Und welche bizarren Formen sie mitunter annimmt: Wenn etwa ein ehemaliger Tagesspiegel-Mitarbeiter einer MDR-Mitarbeiterin vorwirft, "im Auftrag der sächsischen Staatsregierung" Veranstaltungen zu moderieren, selbst aber von einer umstrittenen staatlichen Förderung für ein nicht minder umstrittenes politisches Projekt profitiert.
Nein, wir brauchen endlich eine offene Debatte über die Ukraine, über diesen Krieg in Europa, und über die möglichen Folgen. Dazu gehört natürlich auch eine Kontroverse über die Lieferung schwerer Waffensysteme. Es wäre doch verrückt, wenn diese Debatte, die offensichtlich eine Mehrheit der Deutschen bewegt, unterbunden würde.
Und dass eine Journalistin vor allem von alternden und alten weißen Männern kritisiert, zurechtgewiesen und auf ihre Rolle als Moderatorin von Happenings reduziert wird, zeigt, dass gut gemeint nicht unbedingt besser gemacht ist.
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