Make Military Great Again und die Frage: Schmarotzer-Europäer oder US-Parasiten-Plutokraten?

Porträt von Donald Trump

Was von den Schmähungen von Donald J. Trump gegen Europa zu halten ist und wie Tech-Milliardäre die Demokratie zersetzen. Gastbeitrag.

Vor zwei Tagen hat Präsident Trump die Europäer als Schmarotzer beschimpft – und wiederholt, was seine geleakte Sicherheitstruppe behauptet hatte. Stellt sich die Frage, wer die eigentlichen Schmarotzer sind?

Hat sich nach der Covid-19 Zoonose nicht eine neue Form entwickelt – die Symbiose zwischen Präsident Trump und den reichsten Männern auf dem Globus, angeführt von Elon Musk? Diese neue Symbiose, verkürzt Trump-Musk-Team genannt, steht für marktradikale Politik und partikulares Profitstreben einiger Weniger.

"Trump ist ein kleiner Mann"

Wer, so fragt man sich, ist "der Parasit" und wer "das Wirtstier"? Wo reiht man die Besitzer von Big Tech und Big Defense oder den Präsidenten der USA hier ein? Der Yale-Historiker Timothy Snyder gibt eine Antwort:

Wir überschätzen Trump und unterschätzen Musk (…) Die Leute denken, dass Trump Geld hat, aber das hat er nicht. Er hatte nie wirklich Geld. (…) Er meint, man solle glauben, er hätte Geld. Aber er war nie in der Lage, seine eigenen Schulden zu bezahlen.

Er wird in einer Art abhängiger Beziehung sein, denn man gewöhnt sich daran, dass einem Leute Geld geben. Trump ist ein kleiner Mann, und Musk ist ein großer Mann, wenn es tatsächlich um Geld geht. Und ich denke, wenn du ein Freund von Trump wärst, würdest du dir Sorgen machen.Timothy Snyder

Der Verrat der Informationsoligarchie

Das Duo Trump/Musk steht augenscheinlich für eine Verschmelzung von Informationsoligarchie und autoritärer Machtausübung zugunsten von Profitinteressen einiger Weniger – zum Nachteil von sehr vielen – also dem Rest der Welt.

Besonders bemerkenswert ist, dass das Team Trump/Musk oder die neue politisch-plutokratische Macht zwei der eigenen Propagandaziele kurz nach seinem Amtsantritt ins Gegenteil verdreht.

Erstens den von Trump propagierten Isolationismus und Pazifismus ins Gegenteil eines offen kolonialistischen und imperialistischen Vorgehens. Trump hat sogar das Pentagon konkret angewiesen, sich auf eine Usurpation des Panamakanals vorzubereiten. Er droht Dänemark und Grönland und damit der EU ähnliche Aktionen an, die die Russen als "Militäroperationen" bezeichnen würden.

Timothy Snyder kommt im Spiegel zu dem klaren Urteil:

Musk ist ein moderner Imperialist (…) Damals, als die europäischen Mächte Afrika kolonisierten, nutzten sie lokale Clans und Führer, um ihre Macht zu sichern und andere Völker zu dominieren. Heute geht Musk in ähnlicher Weise vor.

Die neuen Oligarchen wollen den Staat nicht zerstören, sondern ausbeuten

Das Team Trump/Musk hat sich außerdem das Zurückdrängen des Staates auf seine Fahnen geschrieben. Manche von ihnen wollen ihn angeblich ganz zerstören – und sie verwenden den Begriff "Peacemaking", um zu behaupten, dass sie es besser können als staatliche Akteure.

Die neue Oligarchentruppe zielt allerdings in Wirklichkeit eher auf das Gegenteil ab. Trump rüstet auf und die Big Tech-Konzerne ebenso wie die Big Defense-Industrie profitieren davon.

Elon Musk betreibt unbeirrt seine private Nebenaußenpolitik. Er flankiert seine globalen Geschäftstätigkeiten und nutzt das libertär-autoritäre Netzwerk – angefangen von Mileis Argentinien bis zu Nayib Bukeles El Salvador, ebenso wie Melonis Italien. Und hat damit Erfolg.

Giorgia Meloni hat bereits italienisches Interesse am Starlink-System angemeldet – statt die Satellitentechnologie des neuen EU-Projekts Iris zu bestellen.

Darum spricht der Autor dieses Beitrags von Aufrüstung statt Isolationismus und von Usurpationsplänen statt Peacemaking.

Mogelpackung Silicon Valley

Musk und Thiel vertreten seit längerem eine reaktionär-expansionistische und militarisierte Politik. Die anderen führenden US-Oligarchen haben ihre ursprünglich links-liberalen Überzeugungen sehr rasch aufgegeben.

Der "Verrat" dieser Überläufer wie Jeff Bezos, Mark Zuckerberg und anderer erscheint moralisch noch verwerflicher als die Positionen von Personen wie Peter Thiel, der seit Jahren offensiv eine radikallibertäre Agenda verfolgt – und der mit Palantir im militärtechnischen Bereich tätig ist und auch J.D. Vance gefördert und als Vizepräsidenten aufgebaut hat.

Der Schock über die Medientycoons Zuckerberg und Bezos erklärt sich durch die Mogelpackung der Marke Silicon Valley. Dieses Tal hat die Tech-Konzerne und den digitalen Kapitalismus geboren, aber gleichzeitig das Feigenblatt eines "kosmopolitisch-linken Weltbilds" entwickelt.

Dieses verbat ein zu enges Verhältnis zur Rüstungsindustrie. Silicon-Valley übertünchte geschickt, dass das Militär am Anfang seiner Erfolgsstory stand. Jetzt lässt Big Tech sein Feigenblatt fallen und geht ohne Hemmungen eine neue, enge Symbiose mit Big Defense ein.

Zuckerberg gibt mit Meta das beste Beispiel ab: Der Konzern hatte zuerst das öffentlich verfügbare Sprachmodell "Llama" nicht für militärische Zwecke freigegeben. Nun aber änderte Meta seine Nutzungsbedingungen und preist seitdem Partnerschaften mit US-Rüstungskonzernen wie Lockheed-Martin sowie dem Überwachungs- und Militärtechnik-Unternehmen Palantir an – das witzerweise zum Portfolio des Peter Thiel gehört.

Zur Begründung schiebt Meta nationalistische Bekenntnisse hinterher.

Disruptiver Wandel der Kriegsführung

Die Oligarchen drängen also den Staat nur da zurück, wo er sie kontrolliert, und blasen ihn da auf und steuern ihn fehl, wo es ihnen nutzt – was eine typisch parasitäre Verhaltensweise ist, wie man sie auch bei Psychotrojanern findet, die die Gehirne von Wirtstieren manipulieren.

So steht Big Tech aktuell Schlange bei der Außenstelle des Pentagon im Silicon-Valley. Das Ziel ist es, auf dem Gebiet der Kriegführung einen kompletten Paradigmenwechsel herbeizuführen.

Der digitale Kapitalismus löst klassische Rüstungstechnologie ab, allen voran durch Drohnentechnologie und KI-Innovationen als Haupttreiber. Das wird den disruptiven Wandel zukünftiger Kriegsführung brutal beschleunigen.

Das ist besonders bedenklich, da diese Kaste zugleich mit der politischen Macht USA die regelbasierte Weltordnung in eine macht- und gewaltbasierte umwandelt. Soweit kommt es, wenn größenwahnsinnige MAGA (Make America Great Again)-Visionen und die superpartikularen Profitinteressen einer winzigen Minderheit matchen.

Einflussreiche Vertreter dieser Fusion wie Peter Thiel streben sogar eine Art rechtsradikale Diktatur von Tech- und anderen amerikanischen Weltkonzernen an.

Vision der firmeneigenen Stadt

Der Musk-und-Thiel-Kenner Quinn Slobodian ergänzt:

Wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen, dass für Musk die Vereinnahmung des Staates kein Selbstzweck ist, sondern nur ein Vorspiel zum Staatsausstieg – der Gründung einer neuen politischen Ordnung (…) erprobt durch die Gründung einer firmeneigenen Stadt (…).

So treten immer stärker antidemokratische, antigemeinwohlorientierte und aggressiv kapitalistische Ziele zu Tage.

Fast erinnert diese Symbiose von Big Tech und Big Defense mit Staatsinteressen an die alte Stamokap-Theorie, die zuerst Rudolph Hilferding im Ersten Weltkrieg entwickelt hatte und die dann Wladimir Iljitsch Lenin übernahm. Dass der Kapitalismus im Endstadium zu einem staatsmonopolistischen System mutieren werde: Eine Finanzoligarchie steuert den Staat und verfolgt imperialistische Ziele.

Timothy Snyder drückt das ähnlich drastisch aus: "Oligarchen" würden versuchen, "den amerikanischen Rechtsstaat von innen zu vernichten". Ziel sei es, dass die Macht bei "ein paar Leuten" bleibe.

Und er klärt weiter auf:

Das ist ein bisschen wie in den 1990er-Jahren in Russland. Du hast den wankenden, reichen, aber nicht sehr reichen Präsidenten (Boris Jelzin damals, Anm. d. A.), umgeben von jüngeren, aktiveren, ehrgeizigen Oligarchen. Das ist das Szenario, in dem du dich jetzt in Amerika befindest.

Timothy Snyder

Musk-Möchtegerns in Europa und Deutschland

Wenn die Eliten der führenden westlichen Macht solche disruptiven Politikziele vertreten, stellt sich die Frage, ob und wie das auf Europa und Deutschland abfärbt.

Ursprünglich hatte das Team Trump/Musk um die rechtspopulistischen Parteien Europas geworben. Inzwischen gehen allerdings sowohl Marine Le Pen als auch Nigel Farage auf Abstand – und Georgia Meloni stützt – anders als Washington die Ukrainepolitik der EU.

Tino Chrupalla hat als AfD-Vize zwar die Einladung Trumps zur Amtseinführung angenommen, aber auch das könnte sich bald als Geste von Gestern entpuppen.

Denn die AfD ist im Kern antiamerikanisch ausgerichtet – wofür allein die ostdeutschen Landesverbände mit der antiimperialistischen Tradition von vor 1989 stehen.

Militarismus en vogue

Tragischerweise sind es die Parteien der politischen Mitte, die in Europa dem MAGA-Modell nacheifern und ein äquivalentes techno-militärisches Programm entwickeln.

Die politische Kommentatorin Almut Rochowanski analysiert:

Ein Blick auf Europa zeigt, dass ein neuer Militarismus die Eliten des Kontinents erfasst und sich in den letzten Wochen katastrophal beschleunigt hat. Nirgendwo ist diese neue Kriegsbereitschaft ausgeprägter als in Deutschland, wo politische Führer und eine neue Generation von "Militärexperten" sich gegenseitig aufwiegeln. (…)

Wenn Militarismus für die USA schlecht war, da er zu langwierigen Kriegen geführt hat, die keine größere Sicherheit bringen, das Wohlbefinden der amerikanischen Gesellschaft verringert, die Politik von Rüstungs-Lobbys vereinnahmt und die Demokratie untergraben hat, warum sollte ein solcher Militarismus dann gut für Europa sein?

Trumpisten in der Regierung Merz?

Und offensichtlich haben sich schon beim Republikanerparteitag vor den US-Wahlen - mit dem am Ohr zugepflasterten Donald Trump – Vertreter von SPD und CDU mit den Trumpisten Verbindungen geknüpft.

Jens Spahn hält seit vielen Jahren engsten Kontakt zu Trump-Gefolgsleuten. Er wurde zu einem Freund des ehemaligen US-Botschafters in Berlin, Richard Grenell. In Talkshows "kokettiert Spahn ganz offen mit Donald Trump als politischem Vorbild" (SZ). Der designierte Kanzler Friedrich Merz hat Spahn für wichtige Ministerposten in seiner Regierung vorgesehen.

Vor diesem Hintergrund ist es nur logisch, dass der designierte deutsche Kanzler und ehemalige Blackrock-Manager, Friedrich Merz, rasch sein zentrales Wahlversprechen von der unantastbaren Schuldenbremse bricht. Und die Partei Die Grünen – die in ihren Ursprüngen einmal eine dezidiert pazifistische Partei war, unterstützt ihn dabei.

Bewegten sich die deutschen Verteidigungsausgaben schon unter Kanzler Scholz auf einem Rekordhoch von 71 Milliarden Euro, so explodieren sie in unbegrenzten Höhen. Experten warnen, dass eine solch gewaltige Summe ineffizient versickern könnte.

Der "Black-Rüstungs-Kanzler"

Aber welche Motivlage treibt Friedrich Merz an? Hier eine mögliche Antwort:

Der künftige Kanzler war zwischen 2016 und 2020 Aufsichtsratschef der Deutschland-Tochter von Blackrock, dem weltweit größten Vermögensverwalter. Blackrock gehört zu den "Big Three" der Branche, er investiert weltweit eine Summe, die rund das Doppelte der Wirtschaftsleistung Deutschlands umfasst.

Blackrock hält auch Anteile an führenden Rüstungskonzernen, etwa dem italienischen Leonardo, dem französischen Dassault, und in den USA an allen "Big Five" der Rüstungsbranche: Boeing, Raytheon, Northrop Grumman, Lockheed Martin und General Dynamics.

In Deutschland hält Blackrock seit vergangenem Jahr einen 5-prozentigen Anteil am größten deutschen Waffenkonzern Rheinmetall, der seit Kriegsausbruch in der Ukraine einen Wachstumshype erlebt – und verstärkter Nutznießer auch der künftigen Umverteilungspolitik, von zivil zu militärisch, sein dürfte.

Jacobin, Der Neue mit den veralteten Ideen

MAGA oder MMGA?

Die Bosse der deutschen Rüstungskonzerne jubeln jedenfalls, weil Merz, Spahn und Co sozusagen dem MAGA-Programm des Teams Trump/Musk nacheifern – was der Autor eher als deutschen Ableger mit dem Kürzel MMGA bezeichnen würde: "Make Military Great Again".

Der Autor Andreas von Westphalen kommentiert auf Telepolis:

Während für das Militär offenbar die Parole "Whatever it takes" gilt, fällt das Soziale dem Vergessen anheim. Zumindest für die Menschen, die sich das Vergessen leisten können. "Die Bundesrepublik Deutschland ist aber ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. So lautet der Artikel 20 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Illegales Lobbying der Rüstungskonzerne

Die neuen Regierenden schmieden eine skrupellose Symbiose zwischen Big Defense und Politik – sprich einer techno-militärischen Allianz mit dem Ziel der ‚Kriegstüchtigkeit‘. Die Rüstungskonzerne haben das übrigens – wie Spahn - von langer Hand vorbereitet und spenden seit vielen Jahren wie ihre US-amerikanischen Pendants großzügig an die CDU/CSU.

Der neueste Skandal aus dem Stück "Stahl und Schweigen" lässt vermuten, dass Merz tatsächlich von Blackrock-Interessen gesteuert ist: Der Konzern Rheinmetall nutzt im Februar 2025 geschickt das politische Vakuum in Berlin aus und stellt unverblümt Abgeordneten Spenden in Aussicht– und heimst glatt einen 5-Milliardenauftrag ein. Auch der Bundesrechnungshof protestiert vergeblich.

Im Übrigen jubelt Armin Papperger, der CEO von Rheinmetall, bereits im Vorfeld des riesigen Schuldenpakets von Friedrich Merz, dass sein Konzern allein 30 bis 40 Milliarden Euro davon abkassieren werde.

Was bedeutet es für die Zukunft, dass sowohl US-amerikanische wie deutsche Konzerne von Big Defense und Big Tech gigantische Summen für Rüstung abgreifen - obwohl doch eigentlich Friedensinitiativen gefragt wären – und das nicht nur von US-amerikanischer Seite?

Die politische Kommentatorin Stavroula Pabst erklärt das:

Wollen Risikokapitalgeber einen ewigen Krieg? Die Milliardärs-Investoren bringen die aufstrebenden Stars im Verteidigungsbereich in Schwung. In diesem risikobehafteten Geschäft aber steht Frieden ihren Gewinninteressen entgegen.

Hans-Christian Lange war Kanzlerberater und ist Gründer der ersten Band- und Leiharbeitergewerkschaft, Social Peace. 2021 hat er das investigative Buch veröffentlicht: "Ein Insider entlarvt die neue Geld- und Politikkaste" und bereitet sein nächstes Buch vor: "Parasiten – Die deutschen Oligarchen".