Maria mag nicht mehr römisch, sondern nur noch katholisch sein
Seite 3: "Maria 2.0" wird auch in Zukunft nicht schweigen
- Maria mag nicht mehr römisch, sondern nur noch katholisch sein
- "An alle Menschen, die guten Willens sind"
- "Maria 2.0" wird auch in Zukunft nicht schweigen
- Prominente Vorkämpferin: Uta Ranke-Heinemann
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In einem WDR-Interview sagte Lisa Kötter, für sie stelle sich die Frage, ob eine Mitgliedschaft in dieser Institution nicht auch Komplizenschaft sei. Das bezog sie ausschließlich auf ihre Person. Dieser Satz wurde falsch wiedergegeben, so dass der Eindruck des Vorwurfs an verbleibende Kirchenmitglieder entstand. Das rief breite Empörung hervor.
Laut einem Bericht des Portals katholisch.de will sie sich auch weiterhin "nicht das Recht nehmen lassen, Kritik zu üben und versuchen, Dinge in Bewegung zu setzen". Auch in ihrer Heimatgemeinde in Münster wollen die beiden Frauen demnach weiter aktiv sein und - sobald die Pandemie es zulässt - auch die zur Zeit ausgesetzten Donnerstagsgebete von "Maria 2.0" wieder aufleben lassen. Die rebellischen Frauen ziehen ihre Konsequenzen, geben aber den Glauben - und vor allem die Hoffnung - nicht auf. Oder "gehen, um zu bleiben", wie Andrea Voß-Frick sagt:
"Was ich abstreife ist das Römische oder - wie ich es mittlerweile nenne - das Toxische. Das, was Menschen verletzt, was Lebenswirklichkeiten diffamiert, was Machtmissbrauch in unzähligen Facetten begünstigt. Was ich ebenfalls hinter mir lasse ist die Hoffnung, dass sich die römisch-katholische Kirche 'von Amts wegen' verändern wird. Denn das, was sie verändern müsste, um glaubhaft jesuanisch zu werden, würde die gesamte Institution derart in Frage und auf den Kopf stellen, dass kein Stein mehr auf dem anderen bliebe. Dazu fehlt ihnen das Vertrauen. Was ich mir aber NICHT nehme lassen ist das Katholische, das Allumfassende im besten Wortsinn: Teil einer Gemeinschaft zu sein, die niemanden ausschließt."
Warten auf den Austrittstermin
Lisa Kötter und Andrea Voß-Frick sind nicht die einzigen, die aus dem Umgang der katholischen Kirche mit den Fällen sexualisierter Gewalt in ihren Reihen, dem Schutz der Täter und der mangelnden Empathie mit den Betroffenen, Konsequenzen ziehen.
Nach Erhebungen des britischen Meinungsforschungsinstituts YouGov sagen "vier von fünf Deutschen, die katholische Kirche habe an Glaubwürdigkeit verloren". 78 Prozent halten das Zölibat für "weltfremd", 28 Prozent der Befragten gaben an zu überlegen, aus der Kirche auszutreten, 35 Prozent der Männer und 23 Prozent der Frauen. Von befragten ehemaligen und aktuellen Kirchenmitgliedern bemängelten jeweils 39 Prozent die Intransparenz beim Umgang mit den Fällen sexualisierter Gewalt. 38 Prozent der aktuellen und 47 Prozent der ehemaligen Mitglieder gaben an, die Moralvorstellungen der Kirche stimmten nicht mit den ihren überein.
Zu guter Letzt veranlassen aber am ehesten die Kirchensteuern zum Austritt: 64 Prozent der ehemaligen sowie 31 Prozent der aktuellen Mitglieder nannten diese als (möglichen) Austrittsgrund. Laut der Forschungsgruppe Weltanschauungen in Deutschland (FOWID) überlegen "derzeit (gleichbleibend) rund 30 Prozent, aus der Kirche auszutreten".
Laut Statistik des Erzbistums Köln gingen die Taufen von 21.021 im Jahr 1980 auf 13.438 im Jahr 2019 zurück, während die Austritte im gleichen Zeitraum von 10.128 auf 24.298 im Jahr stiegen. Kein Wunder, dass Lisa Kötter und Andrea Voß-Frick bis in den April hinein warten zu müssen, um ihre Ankündigung vom 25. März auch in die Praxis umsetzen zu können.
Dass ihr Engagement nicht völlig ungehört blieb, zeigt auch die Tatsache, dass selbst die TV-Serie "Um Himmels Willen" offenbar von "Maria 2.0" inspiriert wurde. Im Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur sagte Hauptdarstellerin Janina Hartwig:
"In der kommenden Staffel geht es neben dem Zölibat vor allem um die Stellung der Frau in der katholischen Kirche. Zu zeigen, an welche Grenzen Schwester Hanna da kommt, um ihren Glauben nicht zu verraten, war für mich superspannend. (...)
Die katholische Kirche muss sich öffnen. Ihr bleibt doch gar nichts anderes übrig, sonst verliert sie weiter Mitglieder."
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