Mehr Steuern für die Reichen
Ab einem Jahreseinkommen von 500.000 Euro: Frankreich will sein Defizit senken
So groß war der Schritt, der Mut und die angekündigte Strenge - die famose rigeur - nun doch nicht. Die Reichen würden mehr stärker besteuert, hieß es in den vergangenen Tagen in Frankreich. Die Rede war von einer Kurskorrektur Sarkozys, dem "Président des Riches". Das Finanzministerium würde über eine "außergewöhnliche Mehrbesteuerung" in Höhe von 3 Prozent für Jahreseinkommen ab 300.000 Euro nachdenken, berichtete Le Monde gestern mittag. So weit kam es nicht.
Es werde eine "außergewöhnliche Besteuerung" der Reichen geben, bestätigte ein paar Stunden später Premierminister Fillon vor der Presse, wohl wissend um die Aufmerksamkeit des Themas "Mehr Steuern für Reiche". Aber die Grenzen wurden anders gesetzt: eine "taxe exceptionnelle" von 3 Prozent gibt es erst ab einem Jahreseinkommen von 500.000 Euro. Die würde so lange verlangt, bis das Defizit wieder bei 3 % des Bruttoinlandprodukts liege. Vor den Kopf stoßen wollte man keinen aus der Wähler-Klientel.
Die Reichen-Besteuerung ist der Appetithappen, der das eher bittere Gericht des Sparplans besser verkaufen soll. Sie ist der attraktive Teil eines Austerité-Pakets, das die Regierung gestern vorstellte. 12 Milliarden sollen damit im nächsten Jahr gespart werden. In diesem Jahr rechnet man immerhin noch damit, dass eine Milliarde eingespart werden könnte.
Mehr Schulden könne man nicht mehr aufnehmen, so Fillon, die Toleranzschwelle sei überschritten. Ein Sparplan soll nun richten, was das versprochene Wirtschaftswachstum nicht schafft. Für dieses und nächstes Jahr erwartet man nur mehr ein Wachstum von 1,75 Prozent. Versprochen hatte man sich 2 Prozent, manche gar 2,25. Im zweiten Quartal dieses Jahres verzeichnte man gar eine Stagnation.
Genauere Details des "Anti-Defizit"-Plans würden bis nächste Woche bekannt, gestern stellte der Regierungschef vor allem die Rahmenbedingungen und erwartbare Steuermehreinnahmen heraus. Er ging im Schatten der Reichensteuer auf das umstrittene Thema der Überstundenbesteuerung ein und erwähnte, dass die Steuern auf Alkohol , Tabak und "Sodas" erhöht werden. Die Besteuerung der letzteren Getränke ist eine Neuerung, darunter fallen in Frankreich zuckerhaltige, mit Kohlensäure versetzte Getränke wie Coca Cola, Fanta, Sprite usw. Begründet wird die Abgabe mit Auswirkungen der Getränke auf die Gesundheit.
Die ersten Reaktionen auf Fillons Plan sind vor allem kritisch. Auch das Zugpferd für die "solidarische Anstrengung", die Reichensteuer, sei nur Blendwerk heißt es auf der gemäßigten linken Seite. Weiter draußen bei der Humanité hat die Reichenforscherin Monique Pinçon-Charlot Gelegenheit zum Klartext: Das sei pures Theater, eine Ablenkung. Da diese Maßnahme den Bessergestellten vergleichsweise wenig kostet und gute PR bringe, während die Ärmeren wohl andere Lasten zu spüren bekämen, Kürzung der Sozialleistungen, Einsparungen bei öffentlichen Leistungen. Die 300 Millionen Euro, die der Unternehmensführer Maurice Levy als Mehreinnahmen über Reiche in Aussicht gestellt habe, würden in etwa der Summe entsprechen, die der Staat durch die Besteuerung von Auszahlungen bei Arbeitsunfällen bekomme, wofür die UMP- Abgeordneten gestimmt haben. Das, so Monique Pinçon-Charlot, zeige die "Heuchelei des Systems".
Dem würden die Reichen sicher widersprechen, die sich dem Aufruf zu größerer Solidarität angeschlossen haben. Die Intiative, mit der sich Wohlhabende freiwillig zugunsten höherer Steuerabgaben aussprechen (siehe "Reich und Citoyen"), ist von dem eben genannten Maurice Levy mit angestoßen worden. Miitlerweile haben sich andere in Frankreich bekannte "Sehr-Reiche" angeschlossen und ein Manifest veröffentlicht "Besteuert uns!", "Taxez-nous.
Das Risiko mit dem groß angekündigten Kusrwechsel der Regierung, Gefälligkeit zu verlieren, lag bei den Jahreseinkommen über 500.000 nahe Null.