Mehrheit für Nuklearwaffen? – Jetzt spricht die Friedensbewegung
- Mehrheit für Nuklearwaffen? – Jetzt spricht die Friedensbewegung
- Lea Heuser, Aachener Friedenspreis: "Menschen in Öffentlichkeit bringen, die unter Krieg leiden"
- Ekkehard Lentz, Bremer Friedensforum: "Für die Friedensbewegung bleibt noch viel zu tun"
- Klaus Stampfer, Augsburger Friedensinitiative: "Grüne mögen zum Ergebnis beigetragen haben"
- Michael Sünner, Kölner Friedensforum: "Nicht alle Wissenschaftler gleichermaßen angehört"
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Umfrage zeigt Meinungswandel zu US-Atombomben in Deutschland. Aktivisten geben unterschiedliche Antworten. Ein Gedanke aber eint sie
Bundesweit gibt es in Folge des Krieges Russlands gegen die Ukraine erstmals eine knappe Mehrheit für den Verbleib US-amerikanischer Atomwaffen in Deutschland. Insgesamt hatten sich – wie auch Telepolis berichtete – 52 Prozent der Befragten in der Infratest-dimap-Umfrage im Auftrag des ARD-Politikmagazins Panorama (NDR) für die weitere Stationierung von US-Atomwaffen in Deutschland ausgesprochen – 40 Prozent für den unveränderten Verbleib und zwölf Prozent für eine Aufstockung und Modernisierung. 39 Prozent votierten noch für einen Abzug. Neun Prozent antworteten mit "Weiß nicht / Keine Angabe".
2019 hatten sich in einer YouGov-Umfrage 59 für einen Abzug dieser Waffen und nur 18 Prozent klar dagegen ausgesprochen.
Zerstörungsradien bei der Explosion einer SS-25 in deutschen Hauptstädten (16 Bilder)
Das Meinungsforschungsinstitut hatte im Auftrag von "Panorama" vom 30. Mai bis zum 1. Juni dieses Jahres insgesamt 1.337 zufällig ausgesuchte, wahlberechtigte Personen ab 18 Jahren in Deutschland befragt.
Telepolis fragte Vertreter relevanter Organisationen der Friedensbewegung, wie sie das Umfrageergebnis deuten und wie sie darauf reagieren wollen. Hier ihre Antworten.
Xanthe Hall, IPPNW: "Momentaufnahme mitten in einer Krisenzeit"
"Nach jahrzehntelanger Opposition gegen die Stationierung von Atomwaffen in Deutschland ist dies die erste Umfrage mit einem anderen Ergebnis. Das zeigt eine starke Verunsicherung in der Bevölkerung, wie Deutschland mit der nuklearen Bedrohung aus Russland umgehen sollte.
Es gibt wieder eine große Angst vor einem Weltkrieg und einer weiteren Eskalation bis zum Atomkrieg. Die Umfrage ist eine Momentaufnahme mitten in einer Krisenzeit. Sie zeigt eine drastische Schwankung von der vorherigen öffentlichen Meinung. Allerdings ist diese Mehrheit von 52 Prozent nicht sehr solide, denn es gibt ein Konfidenzintervall von zwei bis drei Prozent. Eher kann man von einer Spaltung in der Gesellschaft reden.
Interessant in der Umfrage ist die mangelnde Befürwortung für die Modernisierung von Atomwaffen. Dieser Modernisierungsprozess läuft bereits.
Aber gerade einmal 40 Prozent wollen, dass Atomwaffen "unverändert bleiben". Das zeigt wiederum, dass die meisten Menschen nicht wissen, dass schon ab nächstem Jahr die Atomwaffen in Deutschland durch neuere und stärker aufgerüstete Atombomben ausgetauscht werden. Diese sollen auch besser einzusetzen sein.
Friedensorganisationen müssen die Öffentlichkeit weiterhin darüber aufklären, wie diese Waffen wirken und was der Modernisierungsprozess bedeutet. Wichtig wäre zudem klarzumachen, dass eine nukleare Aufrüstung zu der Eskalation des bereits bestehenden Konflikts beträgt."