Mit Außerirdischen tritt man nicht so einfach in einen Dialog

Interview mit John Billingham, emeritierter Wissenschaftler am SETI Institute in Mountain View

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Das SETI-Institute wurde 1984 zur Erforschung des Lebens im Universum gegründet. Im Zentrum der Aktivitäten steht die Suche nach extraterrestrischen Leben. Seit Cocconi und Morrison 1959 einen Aufsatz in Nature veröffentlicht hatten, indem sie darauf hinwiesen, dass Mikrowellen eine Möglichkeit darstellen, interplanetar kommunizieren zu können, kam die Idee auf, nach Signalen außerirdischer Intelligenz im Mikrowellenspektrum zu suchen. 1960 führte Frank Drake, Mitbegründet des SETI-Institutes, die erste Suche durch. In den 70er Jahren begann sich die NASA für dieses Projekt zu interessieren, während SETI-Projekte wie META oder SERENDIP auch an Universitäten durchgeführt wurden. 1988 begann die NASA offiziell das SETI-Institut finanziell zu unterstützen, zog sich aber schon vier Jahre später wegen des sinkenden Budgets aus dem Projekt zurück. Seitdem versucht SETI die Projekte mit privaten Geldern und Spenden zu realisieren.

1974 wurde vom Radioteleskop in Arecibo die erste Botschaft mit 1679 Bits in den Weltraum gesendet. 1999 gab es den Cosmic Call, der von der Firma Encounter 2001 mit einem russischen Teleskop in den Weltraum ging. Das Unternehmen, das "Weltraumbestattungen" anbietet, will im nächsten Jahr ein Raumschiff mit persönlichen Mitteilungen und Gegenständen von Privatpersonen in den Weltraum als eine Art fliegender Zeitkapsel starten und plant zwei weitere Aussendungen des Cosmic Call.

Seit wann suchen Sie am SETI-Institut nach Signalen außerirdischer Intelligenz?

John Billingham: Seit 1975. Von meinen 30 Jahren bei der Nasa habe ich die meiste Zeit dort zugebracht.

Hatten Sie keine Angst um Ihren Ruf als Wissenschaftler? Ich könnte mir vorstellen, dass Ihre Arbeit unter Kollegen nicht unumstritten ist.

John Billingham: In der Anfangszeit vor 25 Jahren war SETI nicht besonders angesehen und galt als etwas abgedreht. Wir beschäftigten uns zunächst hauptsächlich damit, ausgesuchte Wissenschaftler zusammen zu bringen, um das ganze Projekt der Suche nach außerirdischer Intelligenz gründlich zu diskutieren. Die dabei entstandenen Berichte unterstützten die Idee, also haben wir mit der Suche begonnen. Seitdem ist die Anerkennung für unsere Arbeit stetig gestiegen. Heute gilt SETI bei der großen Mehrheit der Wissenschaftler als wichtiges Projekt.

Nun ist die Suche nach außerirdischer Intelligenz keine rein wissenschaftliche Angelegenheit, sondern hat auch kulturelle, politische, religiöse Bedeutung. Haben Sie sich auch mit diesen Aspekten beschäftigt?

John Billingham: Von Anfang an. Und deren Tragweite ist uns im Laufe der Jahre immer klarer geworden. Denn die Leute fragten uns immer wieder: "Was machen Sie, wenn Sie ein Signal empfangen? Was sagen Sie zu ET?"

Und was sagen Sie?

John Billingham: Dass das sehr wichtige, ungeklärte Fragen sind. Insbesondere die Politik hat sich bisher viel zu wenig darum gekümmert. Daher haben wir vor etwa neun Jahren erstmals einen Workshop mit Teilnehmern aus dem Bereich der Sozial- und Geisteswissenschaften veranstaltet.

Mit welchem Ergebnis?

John Billingham: Die Gruppe kam zu dem Schluss, dass die gesellschaftlichen Fragen im Zusammenhang mit der Entdeckung einer außerirdischen Zivilisation tiefgreifend sind und gründlich erforscht werden sollten, auf alle denkbaren Weisen und vor allem auf internationaler Ebene. Dieser erste Workshop setzte sich noch überwiegend aus US-amerikanischen Forschern zusammen.

Hat so eine internationale Konferenz seitdem schon stattgefunden?

John Billingham: Nein, wir waren noch nicht in der Lage, das nötige Geld dafür aufzutreiben.

Unter Politikern scheint das Thema weiterhin kein besonderes Ansehen zu genießen.

John Billingham: Nein, in internationalen und nationalen Politiker-Kreisen gilt es als nicht besonders wichtig. Die Menschen spüren hier keine Dringlichkeit, ganz im Unterschied zu den vielen anderen, drängenderen Problemen, die unmittelbares Handeln erfordern. Deswegen verfahren sie nach dem Motto: "Warten wir ab, bis wir ein Signal empfangen haben. Dann können wir uns immer noch Gedanken darüber machen." Wir halten das für eine unglückliche Situation und versuchen daher, die Diskussion mit Wissenschaftlern aus allen Disziplinen und Menschen aus allen Lebensbereichen voranzutreiben.

Der Kontakt mit Außerirdischen ist ein beliebtes Thema in der Science Fiction. Haben solche Szenarien viel mit Ihrer Arbeit zu tun?

John Billingham: Kaum. Science Fiction bewegt sich zumeist sehr weit draußen an den Grenzen des Vorstellbaren und hat keinen nennenswerten Einfluss auf unsere Arbeit. Gelegentlich gibt es aber Ausnahmen, die dichter bei der Wahrheit, wie wir sie verstehen, liegen. Carl Sagans Buch "Contact" war so ein Versuch, Fragen der Suche nach außerirdischer Intelligenz in Form eines Romans aufzugreifen. Der danach entstandene, gleichnamige Film zeigt in der ersten Hälfte recht gut wissenschaftliche, technische und gesellschaftliche Konsequenzen des Empfangs eines außerirdischen Signals in der nahen Zukunft. Die zweite Hälfte ist pure Fantasie.

Das vom SETI-Institut geplante Projekt "One Hectar Telescope". 500 Satellitenschüsseln mit einem Durchmesser von jeweils 5 Metern sollen ein kostengünstiges Superteleskop realisieren.

Bisher ist nur einmal und nur für kurze Zeit eine Botschaft von der Erde ins All gesendet worden. Warum unternehmen Sie nicht mehr und systematischere Versuche einer solchen aktiven Kontaktaufnahme?

John Billingham: Wir haben lange darüber diskutiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass es für eine Zivilisation einen großen Schritt bedeutet, mit einer anderen Zivilisation in Dialog zu treten, die vielleicht eine Milliarde Jahre älter und wahrscheinlich in vielerlei Hinsicht weiter entwickelt ist. So etwas unternimmt man nicht einfach so. Wir haben daher als einen Grundsatz unserer Arbeit formuliert, beim Nachweis eines außerirdischen Signals keine Antwort zu senden, bevor Beratungen auf internationaler Ebene stattgefunden haben.

Könnte es sein, dass die Menschen gar nicht die nötige biologische Ausstattung haben, um sich zu einer interstellaren Zivilisation zu entwickeln? Vielleicht ist das eher die Aufgabe einer neuen Lebensform, die aus den heutigen Computern und Robotern hervorgehen mag. Ist SETI@home ein Schritt in diese Richtung?

John Billingham: Lassen Sie mich zunächst auf SETI@home eingehen. Es war eine Idee unserer Kollegen an der University of California in Berkeley, SETI-Enthusiasten in aller Welt übers Internet um etwas Rechenzeit auf ihren Computern zu bitten. Mittlerweile haben sich über 1,2 Millionen Menschen der Initiative angeschlossen. Das zeigt wie groß das Interesse an unserer Arbeit ist. Es hilft uns etwas bei der Auswertung der Daten und sorgt für Begeisterung. Aber zu ihrer ersten Frage...

Ich möchte sie noch etwas präzisieren: Im Moment mag es bei SETI@home noch um die simple Aufteilung der Datenauswertung auf viele Computer gehen. Aber delegieren wir damit möglicherweise nicht auch die Aufgabe der Kommunikation mit außerirdischer Intelligenz an ein globales Gehirn, das sich in Gestalt des Internets entwickelt? Das ist natürlich Spekulation...

John Billingham: Es ist ein früher Schritt in diese Richtung, natürlich. Ich habe da überhaupt keinen Widerspruch.

Vielleicht ist eine solche globale Intelligenz eine notwendige Voraussetzung der Kontaktaufnahme?

John Billingham: Nun, verglichen mit unseren Vorfahren vor hunderttausend Jahren, haben wir so ein planetares Gehirn zu einem gewissen Grad schon entwickelt. Ein britischer Biologe hat die Menschheit einmal als Superorganismus bezeichnet. Diese Entwicklung ist also schon im Gange und wird weitergehen. Manche Spekulationen über die zukünftige Evolution des Lebens laufen darauf hinaus, dass wir zu Cyborgs werden. Das ist nicht unbedingt etwas Schlimmes, sondern, wie Sie schon angedeutet haben, ein natürlicher, evolutionärer Schritt. Wir müssen auch beim Empfang eines Signals außerirdischer Intelligenz davon ausgehen, dass es möglicherweise von einer Maschinen- oder Cyborg-Zivilisation stammt. Viele Menschen mögen diese Vorstellung nicht besonders, obwohl viele Entwicklungen in diese Richtung weisen. Wir befinden uns aber noch in einem sehr frühen Stadium.

Wenn Sie zu den Sternen aufschauen, empfinden Sie demnach Hoffnung, keine Furcht?

John Billingham: Unbedingt.