Mit dem Aufstieg der Rechtsextremen nimmt Homophobie in Spanien zu

Policía Nacional. Foto: Jerónimo Roure Pérez/CC BY-SA 4.0

Update: Der organisierte Angriff von "acht vermummten Männern" auf einen Homosexuellen am helllichten Tag in Madrid hat sich nun als Lüge herausgestellt

Angriffe auf Schwule und Lesben sind in Spanien keine Seltenheit. Aber die Eskalation, von der an dieser Stelle ursprünglich berichtet wurde, hat es nicht gegeben. Sie hatte in Spanien für große Aufmerksamkeit gesorgt. Auch Regierungschef Pedro Sánchez hatte sich dazu über Twitter geäußert: Man werde nicht zulassen, dass jemand "Angst haben muss, so zu sein, wie er ist".

Anlass waren Berichte über einen angeblichen Angriff von acht vermummten Männern am vergangenen Sonntag im Herzen der Hauptstadt Madrid. Acht mit Sturmhauben vermummte Männer sollen, wie es El País berichtete, einen 20-jährigen Mann vor seiner Wohnung im Party-Stadtteil Malasaña überfallen haben, als er sein Wohnhaus betreten wollte.

Der junge Mann hat aber inzwischen seine Lügen eingestanden. Anders als er behauptet hatte, wurde er von Angreifern weder als "ekelhafte Schwuchtel" beschimpft, noch mit einem Messer in die Unterlippe geschnitten. Darüber hinaus berichtete er, die Gruppe habe ihm mit dem Messer noch "maricón" (Schwuchtel) in sein Hinterteil geschnitten. Auch das stellte sich als Falschaussage heraus.

Die Polizei hatte gegenüber der bekannten großen Zeitung El País zunächst die Vorgänge bestätigt. Darüber wurde auch in ihrer englischsprachigen Ausgabe berichtet.

Demnach ermittelte die Polizei deshalb zunächst auch wegen eines "Hassdelikts". Zitiert wurde ein Polizeisprecher, der vom "ersten Angriff dieser Art" sprach. Die Ermittler stießen aber auf Widersprüche. Aufnahmen von Überwachungskameras ergaben wie Zeugenaussagen keinerlei Hinweise auf den Vorfall.

Im Verhör gab der junge Mann dann zu, dass die Verletzungen einvernehmlich erfolgt seien, während er mit einer anderen Person Sex hatte. "Das ist mir aus den Händen geglitten", zitieren ihn nun lokale Medien. Er habe mit den Lügen seine Untreue vor seinem Freund verbergen wollen.

Im Kontext des Vorganges kam allerdings an Licht, dass Angriffe auf Schwule, Lesben, Queers, Trans- und Inter-Personen (LGBTIQ) in den letzten Monaten in Spanien stark zugenommen haben. Das hatte der spanische Innenminister Fernando Grande-Marlaska bestätigt.

Im Juli dieses Jahres seien bei den registrierten Hassverbrechen rekordverdächtig hohe Zahlen aufgefallen. Mit 138 sei die zweithöchste Monatszahl seit Beginn der Aufzeichnungen registriert worden, nur im vergangenen Mai wurden noch mehr solcher Verbrechen notiert. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 748 Fälle registriert. Das sind 43 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Auffällig ist nicht nur die Zunahme der Übergriffe, sondern Beobachter streichen auch heraus, dass sie zunehmend von Gruppen verübt werden und dass die Übergriffe bisweilen auch tödlich ausgehen. So wurde der 24-jährige Samuel Luiz in A Coruña im Juli vor einer Diskothek von einer Gruppe zu Tode geprügelt und dabei ebenfalls als "Schwuchtel" beschimpft.

Nur zwei Straßenhändler aus dem Senegal - Ibrahim und Magette - hatten, allerdings erfolglos, versucht, den jungen Mann vor den homophoben Angreifern zu schützen und sich damit einem hohen Risiko ausgesetzt, wie Guillermo Fernández-Obanza, Mitglied einer Nichtregierungsorganisation, berichtete.

Die Liste ließe sich weiter fortsetzen. Kürzlich hat ein Opfer in der Exklave Melilla von einem schweren Übergriff Ende August berichtet. Auch dieser Angreifer beleidigte den jungen Mann als "Schwuchtel". Er habe gedroht, "mich umzubringen, wenn ich mein Verhalten nicht ändere".

Wie Innenminister Grande-Marlaska sehen viele Beobachter Zusammenhänge zwischen dem Aufstieg der ultrarechten Vox-Partei und deren homophoben Diskurs und den verstärkten Hassdelikten im Land. Erst kürzlich hatte Telepolis darüber berichtet, dass Vox auch vom Intoleranz-Netzwerk" unterstützt wird, das sich in ganz Europa ausbreitet.

"CitizenGO" ist aus der spanischen ultrarechten und katholisch-fundamentalistischen Organisation "HazteOir" (Verschaff dir Gehör) hervorgegangen. Das Netzwerk, das einen sehr aggressiven Diskurs gegen LGBTIQ-Rechte führt, arbeitet in Deutschland mit der "Initiative Familienschutz" zusammen.

Die wurde 2005 von Beatrix von Storch gegründet, der stellvertretenden Bundessprecherin der AfD. Hinter HazteOir stehen wiederum die paramilitärischen Gotteskrieger von "El Yunque" (Der Amboss) in Mexiko. Mitglieder von HazteOir sind zum Teil auch Mitglieder von El Yunque. Die schon 1955 gegründeten Paramilitärs wollen die "katholische Religion" verteidigen, ein Reich Gottes errichten und "die Kräfte Satans bekämpfen, sei es durch Gewalt oder Mord".