Munition, Hilfen, Opfer: Zwei Jahre Ukraine-Krieg in Zahlen
Was sagen uns die diversen Zahlen über den Krieg? Von verschossener Munition bis zu Hilfen und Umfragen. Hier die Fakten im kompakten Überblick. Gastbeitrag.
Vor zwei Jahren, am 24. Februar 2022, sah die Welt zu, wie russische Panzer in die Außenbezirke von Kiew rollten und Raketen in der Hauptstadt einschlugen.
Entgegen den anfänglichen Vorhersagen fiel Kiew nicht, aber das Land ist auch heute noch in einen Konflikt verwickelt. Die Frontlinie verläuft im Südosten des Landes, wobei sich die umkämpften Gebiete weitgehend auf den russischsprachigen Donbass und die Hafenstädte am Schwarzen Meer konzentrieren.
Kriegsziel änderte sich, westliche Staatskassen wurden geöffnet
Der russische Präsident Wladimir Putin, der die von Russland besetzten Gebiete Donezk und Luhansk bereits einige Tage vor der Invasion als unabhängig anerkannt hatte, erklärte den Krieg von Anfang an zu einer "militärischen Spezialoperation" zur "Entmilitarisierung und Entnazifizierung" der Ukraine.
Das Ziel wechselte jedoch von existenziell – die gesamte Ukraine unter den Einfluss Russlands zu bringen – und strategisch – nur die russischsprachigen Gebiete im Osten und Süden des Landes zu beanspruchen.
In letzterem Fall war Russland wesentlich erfolgreicher. Nach zwei Wintern brutaler Kämpfe und Hunderttausenden von Opfern auf beiden Seiten beanspruchte Russland Ende 2023 nur noch 18 Prozent des ukrainischen Territoriums für sich, verglichen mit sieben Prozent am Vorabend des Krieges und 27 Prozent in den Wochen nach der Invasion.
In der Zwischenzeit wurden die Staatskassen des Westens geöffnet – und, wie manche sagen, geleert –, um die ukrainische Regierung unter Präsident Wolodymyr Selenskyj bei der Verteidigung gegen Moskau zu unterstützen.
Keine realistischen Aussichten auf Ukraine-Sieg mehr
Unabhängig davon sind die ukrainischen Streitkräfte völlig dezimiert, da sie mit einem viel besser ausgestatteten und bevölkerungsreicheren Russland konkurrieren. Während die ukrainische Militärstrategie im ersten Jahr taktische Fehler des russischen Militärs ausnutzen konnte, hat die viel angekündigte Gegenoffensive im Jahr 2023 nicht den nötigen Auftrieb gebracht, um das Land nicht nur von der russischen Besatzung zu befreien, sondern Kiew auch in die Position zu versetzen, um Bedingungen zu stellen.
Wie die Experten des Quincy-Instituts, Anatol Lieven und George Beebe, in ihrem neuen Briefing ausführen, "gibt es jetzt kaum noch realistische Aussichten auf weitere ukrainische Gebietsgewinne auf dem Schlachtfeld, und es besteht ein erhebliches Risiko, dass die Ukraine ihre Arbeitskräfte und ihre Munition erschöpft und sich einem verheerenden russischen Gegenangriff aussetzen wird."
Die einzige und beste Lösung bestehe darin, alle Seiten an den Verhandlungstisch zu bringen, bevor die Ukraine zerstört wird.
Die Geschichte des Krieges – wie er begann und wo er sich heute befindet – ist gut dokumentiert. Am zweiten Jahrestag des russischen Einmarsches in die Ukraine denken wir, dass es aufschlussreich sein könnte, sich die Zahlen anzusehen – Waffen, Hilfe, Umfragen, Bevölkerung und mehr –, die die Kosten und die Konturen des Konflikts über 24 Monate hinweg veranschaulichen, während sie sich weiter verändern.
Ausgegebenes Geld
Der US-Kongress hat für den Krieg insgesamt 113 Milliarden Dollar an Finanzmitteln bereitgestellt. Der überwiegende Teil dieser Gelder floss direkt in die Verteidigung der Ukraine (45,2 Milliarden Dollar an Militärhilfe) und in die Aufrechterhaltung des Funktionierens von Regierung und Gesellschaft (46 Milliarden Dollar an wirtschaftlicher und humanitärer Hilfe).
Weitere Gelder flossen in die Aufrüstung der Verbündeten (4,7 Milliarden Dollar) und die Ausweitung der US-Militäroperationen in Europa (15,2 Milliarden Dollar).
Nach zwei Jahren Krieg sind diese Mittel nun versiegt. Die Biden-Regierung, die früher jeden Monat zwei oder drei neue Waffenpakete verschickte, hat der Ukraine seit dem 27. Dezember 2023 keine größere Waffenlieferung mehr zukommen lassen.
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Da der Kongress um die Verabschiedung zusätzlicher Mittel in Höhe von 60 Milliarden Dollar für die Ukraine ringt, glauben Beobachter zunehmend, dass dieses Hilfspaket das letzte gewesen sein könnte.
Waffen
Das Pentagon hat seit dem Einmarsch Russlands mindestens 3.097.000 Schuss Artillerie an die Ukraine geliefert. Die meisten davon (2.000.000) waren 155-Millimeter-Granaten, die Standardgröße, die von den USA und ihren Nato-Verbündeten verwendet wird. Zum Vergleich: Das sind rund 95.000 Tonnen 155-Millimeter-Munition allein.
Obwohl die USA ihre militärische Produktion hochgefahren haben, produzieren sie nur etwa 340.000 155-Millimeter-Granaten pro Jahr, was bedeutet, dass die Ukraine dreimal so viel Munition verschossen hat wie die jährliche US-Produktion.
Washington hat Kiew außerdem 76 Panzer zur Verfügung gestellt, darunter 31 Abrams-Panzer und 45 T-72B aus der Sowjetzeit. Die Ukraine hat 3.631 amerikanische gepanzerte Fahrzeuge verschiedener Typen erhalten, von Schützenpanzern über Mannschaftstransporter bis hin zu Sanitätsfahrzeugen.
Inzwischen hat die Ukraine 39 Himars aus amerikanischer Produktion erhalten, einen mobilen Raketenwerfer, der für seine Nützlichkeit im Krieg bekannt ist. Was kleinere Waffen betrifft, so haben die USA in den letzten 24 Monaten mindestens 400 Millionen Granaten und Geschosse geliefert.
Todesopfer
Nach Angaben der UNO wurden im Krieg mindestens 10.378 Zivilisten getötet und weitere 19.632 verletzt. Mehr als drei von vier Opfern unter den Nichtkombattanten sind in Gebieten zu beklagen, die von der ukrainischen Regierung gehalten werden, was darauf hindeutet, dass Moskau für den Löwenanteil der zivilen Opfer verantwortlich ist.
Was die militärischen Opfer angeht, so sind gute Daten nach wie vor schwer zu bekommen, und die Schätzungen gehen manchmal weit auseinander. Weder Russland noch die Ukraine haben detaillierte, öffentliche Angaben zu den Auswirkungen des Krieges auf ihre Soldaten gemacht.
Die USA schätzten im August, dass 70.000 ukrainische Soldaten gestorben und weitere 100.000 bis 120.000 verletzt worden sind, sodass sich die Gesamtzahl der Opfer auf über 170.000 beläuft. Russland seinerseits behauptete im November, dass 383.000 ukrainische Soldaten getötet oder verwundet worden seien.
Auf der anderen Seite schätzt Großbritannien, dass Russland mindestens 320.000 Opfer zu beklagen hat, wobei 50.000 russische Soldaten und 20.000 Söldner der Wagner-Gruppe ums Leben gekommen sind. Washington gab im Dezember an, dass Moskau 315.000 Opfer zu beklagen habe, obwohl US-Offizielle keine Aufschlüsselung der Toten und Verletzten vornahmen.
Bevölkerung der Ukraine
Die Vereinten Nationen schätzen, dass die ukrainische Bevölkerung (das gesamte Land innerhalb der international anerkannten Grenzen), die im Jahr 2021 bei 43,5 Millionen Menschen lag, im Jahr 2022 auf 39,7 Millionen zurückging, als der Krieg den Osten des Landes erfasste. Dieser Trend setzte sich 2023 fort, wobei die Bevölkerung auf 36,7 Millionen sank – der niedrigste Stand seit der Unabhängigkeit der Ukraine im Jahr 1990.
Im Januar waren 6,3 Millionen Ukrainer im Ausland auf der Flucht, weitere 3,7 Millionen wurden im Inland vertrieben. Da sich die Fronten beruhigt haben, wächst die Bevölkerung der Ukraine langsam wieder und wird Anfang 2024 37,9 Millionen erreichen.
Die Demografin Elena Libanova schätzt, dass nur 28 Millionen dieser Menschen in den Gebieten leben, die derzeit von der ukrainischen Regierung kontrolliert werden (außerhalb der Krim und des Donbass).
Umfragen in den USA
Zwei neue Umfragen, die in der letzten Woche veröffentlicht wurden, veranschaulichen die Komplexität der Gefühle der US-Amerikaner gegenüber dem Krieg in der Ukraine und der Rolle der USA in diesem Krieg.
Zum einen ergab eine am 16. Februar veröffentlichte Pew-Umfrage, dass eine große Mehrheit der Amerikaner (74 Prozent) den Krieg zwischen Russland und der Ukraine als einigermaßen (30 Prozent) oder sehr wichtig (43 Prozent) für die Interessen der Vereinigten Staaten betrachtet.
Und eine weitere Umfrage von Harris Poll und dem Quincy Institute, das Responsible Statecraft herausgibt, ergab, dass die US-Bürger:innen ein von den USA geführtes Verhandlungsende des Konflikts weitgehend unterstützen.
In den letzten Monaten ging es in Washington jedoch vor allem um die US-Hilfe für die Ukraine, insbesondere darum, ob der US-Kongress die von Präsident Biden beantragten rund 60 Milliarden Dollar für den Kampf Kiews gegen Russland bewilligen wird.
Stimmungswechsel
Laut Pew gaben im März 2022 74 Prozent der Amerikaner an, dass die US-Hilfe für die Ukraine "gerade richtig" oder "nicht genug" sei. Im Dezember 2023 waren in derselben Umfrage nur noch 47 Prozent dieser Meinung.
Die größte Veränderung gab es bei den Republikanern: Im März 2022 sagten 49 Prozent, dass die US-Hilfe "nicht genug" sei, während im Dezember nur 13 Prozent dasselbe sagten.
In der Zwischenzeit stellte Gallup im August 2022 fest, dass 74 Prozent der US-Amerikaner die US-Hilfe für die Ukraine als "ungefähr richtig" (36 Prozent) oder "nicht ausreichend" (38 Prozent) bezeichneten. In der letzten Gallup-Umfrage zu dieser Frage im Oktober 2023 gingen diese Zahlen leicht zurück: 58 Prozent der Befragten hielten die US-Hilfe für richtig (33 Prozent) bzw. nicht ausreichend (25 Prozent).
Friedensgipfel
Es hat mehrere Versuche gegeben, die beiden Staaten zusammenzubringen, um Gespräche zur Beendigung des Krieges zu führen. Kurz nach der Invasion fanden fünf Gesprächsrunden zwischen Russland und der Ukraine in Weißrussland und der Türkei statt, die jedoch unter dem Vorwurf russischer Kriegsverbrechen und dem Druck des Westens auf Kiew, weiterzukämpfen, scheiterten.
Seitdem haben die Kriegsparteien direkt über sekundäre Themen wie die Schifffahrt im Schwarzen Meer und den Austausch von Gefangenen gesprochen. Die Ukraine legte unterdessen einen "10-Punkte-Friedensplan" vor, der die Grundlage für fünf internationale Gipfeltreffen bildete, an denen Russland nicht teilnahm.
Diese fanden im Juni 2023 in Kopenhagen, Dänemark, im August 2023 in Jeddah, Saudi-Arabien, im Oktober 2023 in Malta, im Dezember 2023 in Riad, Saudi-Arabien, und im Januar dieses Jahres in Davos, Schweiz, statt.
US-Kongress
Seit Beginn des Krieges hat der US-Kongress vier Hilfspakete für die Ukraine im Gesamtwert von 113 Milliarden Dollar verabschiedet. Obwohl keines der vier Pakete identisch war und die Hilfe für die Ukraine manchmal mit anderen Ausgaben gebündelt wurde, ähneln die Trends der Unterstützung für Kiew im Kongress denen, die wir in Umfragen sehen, insbesondere bei den Republikanern im Kongress.
Das Ergänzungspaket 2022, das im Mai 2022 in Kraft trat und der Ukraine 39,34 Milliarden US-Dollar an Hilfe zukommen ließ, wurde vom Repräsentantenhaus mit 368 zu 57 Stimmen und vom Senat mit 86 zu elf Stimmen verabschiedet.
Im September 2023 stimmte das Repräsentantenhaus mit 311 zu 117 Stimmen über das Gesetz zur Unterstützung der Sicherheit und Überwachung der Ukraine ab, das Kiew 300 Millionen Dollar an Sicherheitshilfe zur Verfügung stellte, wobei sich die Mehrheit der republikanischen Abgeordneten gegen das Gesetz aussprach.
Am 12. Februar dieses Jahres stimmte der Senat mit 70 zu 29 Stimmen für ein nationales Sicherheitsergänzungsgesetz, das neben Geldern für Israel und die Partner im indopazifischen Raum rund 60 Milliarden Dollar an Hilfe für Kiew vorsieht. Das Repräsentantenhaus hat noch nicht über die Vorlage abgestimmt.
Zum Bericht steuerten Ben Armbruster, Blaise Malley, Connor Echols und Kelley Vlahos Informationen bei. Die Grafiken sind von Khody Akhavi.
Dieser Artikel erscheint in Kooperation mit Responsible Statecraft. Hier das englische Original. Übersetzung: David Goeßmann.