Nach der Wahl in Österreich: Das "Modell Orban" auf Erfolgskurs
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Die Anbahnung neuer Bündnisse mit den Rechten und der Trump-Faktor
Aus der Landtagswahl in Niedersachsen kann jeder heraus lesen, was er will. Merkel sieht das Ziel eines grünschwarzgelben Bündnisses damit nicht erschwert. Die SPD ist zufrieden, dass sie auch unter Schulz nicht immer Wahlen verlieren kann. Und schon wird von davon geredet, dass die AfD mit knapp 6 Prozent ihren Zenit überschritten hat.
Dass die extrem zerstrittene niedersächsische AfD, in der sich noch kurz vor den Landtagswahlen Spitzenpolitiker gegenseitig verklagt und aus der Partei ausgeschlossen haben, überhaupt über die 5-Prozent-Hürde kam, zeigt, dass die AfD heute wirklich einen Besenstiel aufstellen kann und trotzdem ins Parlament kommt. Die niedersächsischen Linken, die vor der Wahl jeden Streit aufgeschoben hatten, haben es hingegen wieder nicht geschafft, was deutlich macht, dass es eine strukturell rechte Mehrheit auch in Deutschland gibt.
FPÖ hat Vorbildfunktion für Rechte in Deutschland
Doch interessanter als das niedersächsische Wahlergebnis ist das Ergebnis der Wahl in Österreich, die allgemein als Rechtsruck wahrgenommen wird. Zu den Wahlgewinnern gehört mit der konservativen ÖVP, die Schwesternpartei der Unionsparteien, und mit der FPÖ ein Vorbild der AfD und anderer Rechtspopulisten. Diese Vorbildfunktion ist weit älter als die AfD.
So wurde vor mehr als 20 Jahren der damalige FPÖ-Politiker Jörg Haider in rechten Kreisen zum Role-Modell eines Politikers, der den klassischen Rechtsextremismus mit dem Rechtspopulismus vereinigte. Als Haider zu Diskussionsveranstaltungen in deutsche Fernsehstudios eingeladen wurde, träumte die damals noch zersplitterte deutsche Rechte jenseits der Union vom Modell FPÖ.
Die Parole "Mein Freund ist Ausländer" trugen Rechte vor sich her, um ihr Idol zu verteidigen. Inzwischen ist Haider 8 Jahre tot, davor hat er die FPÖ in die Regierung geführt, dann gespalten und noch immer hat die Partei ihre Vorbildfunktion für die deutsche Rechte nicht verloren. Und noch immer funktioniert die Melange aus Rechtsextremismus und Rechtspopulismus hervorragend.
Die Neonazivergangenheit des FPÖ-Vorsitzenden ist unter dem Titel Die Akte Strache gut aufgearbeitet, auch seine Kontakte zur später in Deutschland verbotenen Wikingjugend gehören dazu. Doch der hat es längst nicht mal mehr nötig, etwas zu dementierten.
Die Entnazifizierung der FPO-Politiker funktioniert heute so wie damals bei ihren Großeltern. Die NS-Vergangenheit war - anders als ein Engagement im Widerstand gegen den NS - damals nicht karriereschädigend und eine Liaison mit der Wikingjugend hindert Strache nicht daran, sich heute seinen Koalitionspartner aussuchen zu können.
Denn neben der ÖVP haben auch die österreichischen Sozialdemokraten von der SPÖ längst klargemacht, dass sie sich eine Kooperation mit der FPÖ durchaus vorstellen können. In einigen Bundesländern klappt die Zusammenarbeit geräuschlos. Die Grünen blieben unter der in Österreich geltenden 4-Prozent-Hürde, auch weil der österreichische Boris Palmer namens Peter Pilz eine eigene Liste aufgemacht hat. Die Liste KPÖ-Plus, auf der einige ehemals linke Grüne kandierten, konnte keine Wahlerfolge erzielen, will aber außerparlamentarisch weiterarbeiten.
Orban und Seehofer jubeln über das Wahlergebnis
Wenn also auch eine Querfront zwischen der SPÖ und der FPÖ nicht gänzlich ausgeschlossen ist, so ist doch ein Bündnis zwischen der ÖVP und der FPÖ wahrscheinlicher. Das gab es bereits 2000 schon einmal. In der EU wurde damals über Sanktionen für Österreich diskutiert. Am Ende zerlegte es sich durch interne Konflikte und vor allem Haiders Machtallüren. Doch heute hätte ein solches Bündnis im europa- und weltpolitischen Kontext einen besonderen Stellenwert. Denn mit einer solchen Koalition würden innerhalb Europas die Staaten gestärkt, die sich offen für eine stärkere Abriegelung Europas gegenüber den Migranten aussprechen.
Zu einen der Anführer dieser Staaten gehört rechtskonservative ungarische Regierungschef Orban, den die beiden österreichischen Wahlgewinner Strache und Kurz zum Vorbild erklärt haben. Auch in den regierungsnahen ungarischen Medien war das Lob für das Wahlergebnis im Nachbarland groß.
Auch der Noch-CSU-Vorsitzende Seehofer hat immer wieder Orbans Politik gelobt und ihm im letzten Jahr auch nach Deutschland eingeladen. Deshalb verwundert es auch wenig, dass die Christsozialen längst ihre eigene Interpretation des österreichischen Wahlergebnisses verbreitet haben und damit sicher auch in der CDU auf Zustimmung stoßen.
Kurz stehe für Klartext in der Flüchtlings- und Europafrage und zeigt, dass die Konservativen damit Wahlen gewinnen können, heißt es aus München. Dass zielt auf die Nachfolger von Merkel, wo immer seltener von Ursula von der Leyen und immer mehr von Jungkonservativen wie Spahn die Rede ist.
Implizit wird damit gesagt, dass die Union in der Flüchtlingsfrage so ungeniert von der AFD abschreiben sollte, wie es die ÖVP unter Kurz von der FPÖ getan hat. Dass es in Österreich nicht darum ging, die Rechtspopulisten klein zu halten, was als Strategie gegen die AfD in Deutschland noch ausgegeben wird, ist klar. Man will ja gemeinsam regieren. Und auch in Ungarn sorgt die rechte Fidesz-Partei mit ihren rassistischen und antisemitischen Kampagnen, dass es links von ihr kaum eine Opposition gibt. Die offen nazistische Jobbikpartei hat oft Schwierigkeiten, sich von der Regierungspartei abzugrenzen, weil die so weit nach rechts gerückt ist.
Die Rechten in der Union, die sich jetzt an Orban und Kurz orientieren, sind keine wirklichen Antipoden zur Merkel-Linie. Es geht nur um taktische Nuancen. Denn Merkel und ihre Anhänger wussten sehr wohl zu schätzen, dass die Orbanisten in verschiedenen Ländern mit der Schließung der Balkanroute zum massiven Rückgang der Migranten beigetragen hat. Nur offen sagen wollte man das nicht. Deshalb gehört Orbans Fidesz im Europäischen Parlament auch zur Europäischen Volkspartei, in der auch federführend die Unionsparteien sitzen.
Als Fidesz die antisemitische Kampagne gegen Soros initiierte, schienen manche in der EVP über eine Trennung von den ungarischen Rechten nachzudenken, die aber bis heute nicht vollzogen wurde.