Netzentgelte-Reform: 10 Millionen Haushalte profitieren von günstigerem Strom
Ab 2025 sinken die Netzentgelte für Millionen Haushalte im Norden und Osten. Die Bundesnetzagentur will die Kosten der Energiewende fairer verteilen.
Von der Änderung der Netzentgelte profitieren rund zehn Millionen Haushalte. Bisher wurden die Kosten für den Netzausbau, der für die Energiewende notwendig ist, auf die Kunden umgelegt, in deren Netz eingespeist wird. Diese sollen nun entlastet werden. Im Gegenzug steigen die Netzkosten in den Netzen, in denen mehr Strom verbraucht als aus erneuerbaren Energien eingespeist wird.
Die bisherige Praxis stammt noch aus der Zeit der stromtechnischen Einbahnstraße, als der Strom in rund 300 zentralen fossilen Großkraftwerken erzeugt und von dort in einem kaskadierten System über mehrere Spannungsebenen bis zu den einzelnen Haushalten verteilt wurde.
Gerechtere Verteilung der Kosten
Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hatte am 30. August die Festlegung zur Verteilung der Mehrkosten veröffentlicht, die in Verteilernetzen mit besonders viel erneuerbarer Stromerzeugung entstehen. Die Entlastung wird damit zum 1. Januar 2025 wirken.
In dieser Festlegung gibt die BNetzA einen Rahmen vor, mit dem Netzbetreiber mit besonders hohen Kosten durch den Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung identifiziert werden, um alle Stromverbraucher fairer an diesen Mehrkosten zu beteiligen.
Aus Bonn kommt in diesem Zusammenhang die folgende Nachricht: "Abschätzungen zum Ausgleich der Mehrkosten, dem sogenannten Wälzungsvolumen, und zu den konkreten Entlastungen bei einzelnen Netzbetreibern sind ab Mitte Oktober möglich. Die Bundesnetzagentur wird diese Zahlen veröffentlichen."
Warum sollen die Netzkosten neu erteilt werden?
Zu den konkreten Hintergründen der Neuverteilung der Netzentgelte teilt die BNetzA in ihrer Meldung vom 30. August mit:
Viele Stromverteilernetze sind noch nicht hinreichend digitalisiert und ausgebaut. Dies ist aber auch für die Aufnahme und den Weitertransport des regional erzeugten erneuerbaren Stroms erforderlich. Kosten von Ausbau und Digitalisierung treten bundesweit in unterschiedlichem Maße auf. Grund dafür ist, dass Windenergieanlagen vorwiegend im Norden und großflächige Freiflächen-Photovoltaik in überwiegend ländlichen Regionen entstehen.
Alle Netzkosten werden über die Netzentgelte durch die Stromkunden refinanziert. Hierbei tragen die Kunden in den Netzregionen, die jetzt entlastet werden sollen, derzeit alle Kosten für die Integration der erneuerbaren Stromerzeugung. Damit verteilen sich die Kosten aktuell nicht gleichmäßig auf alle Netznutzer. In weiten Teilen Nord- und Nordostdeutschlands sind die Netzentgelte – als Bestandteil der Stromkosten – merklich höher als in anderen Regionen Deutschlands. In einigen Netzgebieten betragen die Netzentgelte bis zu rund 15 ct/kWh, während es Regionen gibt, in denen diese unter 5 ct/kWh betragen. Auch innerhalb einiger Bundesländer wie zum Beispiel Bayerns und Baden-Württembergs unterscheiden sich die Netzentgelte deutlich.
Mit der Novelle des Energiewirtschaftsrechts im Dezember 2023 hat die Bundesnetzagentur die Kompetenz erhalten, entsprechende Entscheidungen zu den Netzkosten zu treffen. Hierzu wird die Behörde in den kommenden Monaten zahlreiche Festlegungen treffen müssen. Die Beschlusskammern der Bundesnetzagentur treffen Regulierungsentscheidungen in Netzzugangs- und Entgeltverfahren sowie im Rahmen der sektorspezifischen Missbrauchsaufsicht. Die Beschlusskammern tragen den besonderen europarechtlichen Vorgaben hinsichtlich der Transparenz und Unabhängigkeit der Entscheidungsmechanismen in der Regulierung Rechnung.
Wo sollen die Netzentgelte sinken?
Aufgrund der neuen Kostenverteilung für den Stromnetzausbau können im kommenden Jahr schätzungsweise zehn Millionen Haushalte in Deutschland mit niedrigeren Energiepreisen rechnen, während es anderswo etwas teurer wird. Bei der Reduzierung der Netzentgelte trifft es den Norden und Osten Deutschlands sowie Bayern. Betroffen sind die ländlichen Regionen, die mehr einspeisen als verbrauchen. Dies gilt jedoch nicht für die Großstädte in diesen Regionen.
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Der Energiekonzern Eon teilte nach Meldung der Süddeutschen Zeitung mit, ″dass seine Verteilnetz-Töchter die Netzentgelte teilweise deutlich absenken. Diese Firmen decken etwa 700.000 Kilometer Stromleitungen ab und damit circa ein Drittel des gesamten deutschen Verteilnetzes.″
Bei Schleswig-Holstein Netz sollen laut der gleichen Quelle die Netzentgelte im kommenden Jahr um 27 Prozent sinken und die in Brandenburg tätige E.dis Netz GmbH will die Entgelte um 20 Prozent reduzieren. Bei der ebenfalls in Ostdeutschland aktiven Mitnetz mbH aus Cottbus soll es zehn Prozent günstiger werden. In Bayern will die Bayernwerk Netz GmbH die Netzentgelte um elf Prozent absenken und die Lechwerke um 27 Prozent. Auch bei anderen Firmen sinken die Entgelte zweistellig, wie beim kommunalen Netzbetreiber Wemag aus Mecklenburg-Vorpommern.