Neue US-Zölle: Zocken wird teurer

Nicht nur Nintendos kommende Konsole dürfte auf dem US-Markt teurer werden
(Bild: agustin.photo/Shutterstock.com)
Nach Ankündigung von Importzöllen durch US-Präsident Trump warnt Branchenverband ESA vor massiven Negativfolgen für Spieleindustrie. Was Gamer jetzt befürchten müssen.
Nicht nur, dass die Nintendo Switch 2 in den USA teurer wird: Die jüngsten Strafzölle der Trump-Administration könnten die Videospielbranche in den USA in Verwerfungen bringen.
Die vorgeschlagenen Importabgaben in Höhe von zehn Prozent für nahezu jedes Land sowie deutlich höheren Zöllen für Produkte aus China und Vietnam, wo die meisten Konsolenhardware gefertigt wird, könnten in den USA Preiserhöhungen von Spielekonsolen nach sich ziehen und auch darüber hinaus den gesamten Wirtschaftsbereich erschüttern – davor warnte die Entertainment Software Association (ESA), die Lobbygruppe der Spieleindustrie in Washington.
In einem Interview mit dem Branchenportal IGN zeigte sich Aubrey Quinn, Vizepräsidentin der ESA besorgt: "Es gibt so viele Geräte auf denen wir Videospiele spielen: Nicht nur Konsolen wie die Nintendo Switch, sondern auch VR-Headsets, Smartphones und PCs. Wenn wir denken, es gehe nur um die Switch, dann nehmen wir es nicht ernst. Das betrifft die gesamte Branche auf allen Ebenen."
Konsumentenausgaben und Jobs in Gefahr
Die negativen Folgen würden sich laut Quinn nicht auf ausländische Unternehmen beschränken, auch US-amerikanische Firmen seien betroffen: "Selbst in den USA ansässige Hersteller beziehen Produkte, die für die Herstellung dieser Konsolen und Spiele über die Landesgrenzen kommen müssen. Daher wird es unabhängig von der Firma einen echten Einfluss geben."
Während das US-Handelsministerium bei Trumps Zollplänen von einer Stärkung der heimischen Wirtschaft spricht, erwartet Quinn das Gegenteil: Die Strafzölle würden letztendlich die Konsumentenausgaben massiv dämpfen, was wiederum Einnahmen, Beschäftigung und Investitionen der Spieleindustrie beeinträchtigen dürfte.
"Videospielkonsolen werden mit geringen Margen verkauft, um Einstiegshürden für Verbraucher zu senken", heißt es auf der Website der ESA zum Thema Zölle. "Zölle bedeuten, dass die Zusatzkosten an die Konsumenten weitergegeben werden, was sich in einer Kettenreaktion schädlich auf die Branche und die von ihr generierten und unterstützten Arbeitsplätze auswirkt."
Lieferketten nicht über Nacht anpassbar
Dem Argument, dass Videospielfirmen mehr Produktionsschritte in den USA durchführen sollten, um Zölle zu vermeiden, hält Quinn entgegen, dass Lieferketten sehr komplex seien und sich nicht von heute auf morgen ändern ließen: "Alles was entschieden wird, kann sich nicht schnell auswirken und darf keine reflexartige Reaktion auf irgendeine Ankündigung sein."
Tatsächlich zeigt der Fall Mexikos, wo der Großteil der physischen Videospiele für die USA produziert wird, wie schwierig eine Verlagerung wäre: Circana-Analyst Mat Piscatella warnte im Juni, dass eine damals angedachte Importabgabe von 25 Prozent für Produkte aus Mexiko die Zahl der in den USA erscheinenden Disc-Spiele deutlich drücken könnte.
Den Aufbau inländischer Alternativen zur mexikanischen Disc-Fertigung sieht er wegen des schrumpfenden Marktes für physische Spiele skeptisch.
Bestes Beispiel für die möglichen Auswirkungen der Zölle ist der Aufschub der US-Vorbestellungen für Nintendos neue Konsole Switch 2 – nur Stunden nach Bekanntwerden von Trumps Zollplänen und einer Vergeltungsabgabe Chinas. Der ohnehin hohe Preis von 450 US-Dollar für die Switch 2 war laut Analysten sowohl eine Reaktion auf erwartete Importzölle als auch auf andere Faktoren wie Inflation und Bauteilkosten.
ESA setzt auf Gespräche und Unterstützer-Mobilisierung
Um die negativen Auswirkungen der Zölle abzufedern, setzt die ESA nun auf Gespräche mit der Trump-Regierung: Man diskutiere mit Mitarbeitern des Weißen Hauses und des US-Handelsbeauftragten, um zu zeigen, welche Risiken die geplanten Maßnahmen für Wirtschaft und Verbraucher bergen, so Quinn.
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Darüber hinaus rief die ESA-Sprecherin besorgte Gamer dazu auf, Druck auf die Politik auszuüben: Je mehr Abgeordnete von ihren Wählern hören, dass die Zölle sie beunruhigen, desto eher werde man in Washington Gehör finden und etwas bewirken können.
Ob und in welcher Form die geplanten Zölle letztendlich kommen werden, ist auch für die ESA noch unklar. Präsident Trump hat zuletzt angedeutet, dass branchenspezifische Ausnahmen möglich sein könnten.
An solchen hatte die ESA bereits 2020 erfolgreich für die damals verhängten China-Zölle gearbeitet. Die Lobbyorganisation betont jedoch, dass der potenzielle Schaden weit über einzelne Unternehmen und Konsolen hinausgeht. "Es ist egal welche Firma: Die gesamte Branche wird es zu spüren bekommen", so Quinn.
Auswirkungen auf Europa noch unklar
Welche Auswirkungen die neuen Zölle auf die europäische Gamingbranche haben werden, ist indes noch nicht absehbar. Es gibt jedoch mehrere Ansatzpunkte, in welcher Form sich die Zölle für europäische Gamer bemerkbar machen könnten:
So ist vorstellbar, dass Hersteller wie Sony oder Nintendo könnten gestiegene Hardwarekosten in Folge teurer werdender Lieferketten auch an europäische Kunden weiterreichen werden. Auch könnten Unternehmen Produktionsstandorte aus China verlagern (z.B. nach Vietnam oder Mexiko), um US-Zölle zu umgehen. Kurzfristig könnte dies zu Lieferengpässen – und Preisanstiegen führen.
Mögliche Gegenmaßnahmen der EU, die auch die Tech-Branche treffen, könnten ebenfalls zu einer Verteuerung führen.
Noch sind die Auswirkungen für europäische Spieler und Spielehersteller nicht absehbar. Es zeichnet sich jedoch ab, dass der wirtschaftliche Rahmen der Branche insgesamt eher schwieriger wird – auch in Europa.