Neues Telekommunikationsgesetz in den Niederlanden
Vertrauen ist gut, Abhören ist besser.
Auch die Niederlande folgen dem EU-Trend zur Überwachung der Netze
Anfang April wurde vom Parlament der Niederlande ein neues Telekommunikationsgesetz verabschiedet. Ähnlich wie das gleichnamige Gesetz in Deutschland dient es vor allem dazu, in der neuen Unübersichtlichkeit der deregulierten Telekommunikation und der Konvergenz von Teledienstleistungen (z.B. Kabel TV plus Telephon plus Internet von einem Provider) eine klare rechtliche Basis zu schaffen. Doch das Gesetz enthält auch ein Kapitel über "autorisiertes Abhören".
So heißt es in Kapitel 13, Paragraph 1:
Providers of public telecommunications networks and public telecommunications services shall not make their telecommunications networks and telecommunications services available to users unless they can be wiretapped.
In einem weiteren Paragraphen im selben Kapitel wird festgehalten, daß die Provider selbst die Kosten dafür zu tragen haben, Abhörmöglichkeiten für die Behörden einzurichten. Die Ähnlichkeit zum Teledienstegesetz in Deutschland, wonach Provider den Behörden einen geheimen Zugang zu den Kundenbestandsdaten einrichten sollen, auch auf eigene Kosten, ist unübersehbar.
Regierungen, hier wie da, reagieren verängstigt und aufgeschreckt auf die komplexe und unübersichtlich erscheinende Vielfalt der Telekommunikationsdienstleistungen und -unternehmen. Der Ruf nach mehr Kontrollmöglichkeiten durch den Staat und die Ermöglichung derselben durch übereilt erlassene Gesetzgebung scheinen zur Standardantwort auf die technologischen und ökonomischen Entwicklungen zu werden.
So wird es insbesondere interessant sein zu beobachten, ob derartige Gesetzgebungen den Weg zu einer EU-weiten Vereinheitlichung ebnen, indem konsensuelle Bestimmungen bereits jetzt implementiert werden, oder ob es darüber hinaus zu OECD-weiten Abstimmungen kommt.
Die Regierungen der meisten hochentwickelten Industrieländer scheinen Abhörmöglichkeiten zu befürworten, ebenso wie die Verhinderung des Gebrauchs starker unregulierter Kryptographie durch Privatpersonen. In Positionspapieren und Stellungnahmen tauchen auch immer wieder Forderungen nach obligatorischer Einrichtung von Filter/Bewertungssystemen auf, sowie zur stärkeren Ermunterung der User und Provider zur freiwilligen Selbstkontrolle (letzteres vor allem hinsichtlich Pornographie).
Staatliche Interessen stehen hierbei gegen das Recht der User auf den Schutz ihrer informationellen Privatsphäre. Gesetze wie das niederländische Telekommunikationsgesetz lassen dabei jetzt schon die "Privatsphäre" als reine Leerformel erscheinen.
Während NetznutzerInnen noch relativ sensibel auf die Abgrabung ihrer Cyberrechte reagieren, gehen derartige Neuerungen an der Mehrheit der Nutzer von Telekommunikationsdiensten fast spurlos vorüber, sich in der fälschlichen Annahme wähnend, all das ginge sie nichts an und wäre nur etwas für Computerfreaks. Dabei betreffen Telekommunikationsgesetze, ob nun das holländische oder das deutsche, alle Formen von Telekommunikation, ob nun das Telefonieren mit dem Handy, Nutzung von Extranets oder der höchst unauffälligen Pager.
Das Panoptikon nimmt Formen an...
Der Dutch Telecommunications Act (auf Englisch)