Öffentliche-rechtliche Sender unter politischem Druck
Seite 2: Konzepte von FDP und AfD
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In diesem Punkten stimmen die Forderungen der Christdemokraten, mit denen der Liberalen oder der AfD auffallen überein.
Im Vorfeld der Bundestagswahl im letzten Jahr hatte die FDP auf einem Parteitag einen Antrag mehrheitlich angenommen, mit dem eine "Auftrags- und Strukturreform" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefordert wird.
In das Wahlprogramm eingeflossen ist nur eine kurze Textpassage – ausführlichere Positionen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk lassen sich dennoch finden.
Die Pläne lösten beim Deutschen Journalisten Verband (DJV) heftige Kritik aus. Der DJV-Vorsitzende Frank Überall erklärte damals: "Eine Reduzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf ein Nischenangebot ist verfassungswidrig". Mit dem Beschluss nehme die FDP Platz auf der Bank der Rundfunkgegner aus AfD und Teilen der Union.
Auch der Entertainer Jan Böhmermann hatte auf die Nähe der FDP-Positionen zu denen der AfD aufmerksam gemacht, ohne das näher zu erläutern. Mit Unverständnis reagierte darauf Laura Staudacher, die heute stellvertretende Pressesprecherin der FDP-Bundestagsfraktion ist.
Sie wolle nicht zu einer "Rechtsaußen" gestempelt werden, nur weil sie wolle, "dass Studis und Azubis nicht für Fernsehgarten, Traumschiff & die Helene-Fischer-Show blechen müssen", schrieb sie auf Twitter. Dabei hatte sie wahrscheinlich nicht bemerkt, dass das FDP-Konzept dem "Grundfunk"-Konzept der AfD sehr ähnlich ist.
Die Konzepte beider Parteien sehen vor, dass das Angebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks regionalisiert werden solle. Die gesamte Bundesrepublik soll dagegen nicht mehr mit dem Doppelangebot von ARD und ZDF versorgt werden, sondern nur noch von einem Rundfunkangebot.
Beide Parteien sprechen sich ebenfalls dafür aus, zu privatisieren, was nicht mehr zwingend in Staatshand sein muss: Bei der FDP ist es das ZDF, bei der AfD alle Sender außer: Deutsche Welle, den Angeboten der Länder und des einzelnen deutschlandweiten Senders.
Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem vierten Rundfunk-Urteil von 1986 festgelegt, der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse eine mediale Grundversorgung im gesamten Land sicherstellen, die höheren Anforderungen genügen müsse als Privatsender.
Zu dieser Grundversorgung gehört auch, dass ein inhaltlicher Standard der Programme gewährleistet werden müsse. Die FDP will ihn auf die Bereiche Bildung, Information, Beratung und Kultur beschränken.
Unterhaltung solle künftig auch nur noch "vornehmlich der Vermittlung von Bildung, Information, Kultur und Beratung dienen". Spitzensport solle explizit nicht mehr übertragen werden. Übertragen werden sollen nur noch die Sportveranstaltungen, die den privaten Sendern nicht genug Gewinn einbringen und deren Übertragung sich für sie nicht lohnt.
Ähnlich sieht es die AfD auch: Der öffentlich-rechtliche Programmauftrag solle auf Nachrichten, Kultur sowie Amateur- und Breitensport beschränkt werden. Wegfallen sollen vorwiegend Unterhaltungsformate: Shows, Filme und Serien würden dann kaum noch eine Rolle spielen.
Programme, die sich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten problemlos durch private Anbieter realisieren lassen, z. B. Fußballübertragungen und allgemeine Unterhaltungssendungen, sollen ihnen auch überlassen bleiben.
Auszug aus der "Grundfunk"-Broschüre der AfD
Erfahrungen mit der BBC-Reform
Wohin solche Reformen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks führen können, zeigt sich in Großbritannien. Hier hatten die Rundfunkgebühren auch zu einer gesellschaftlichen Kontroverse geführt.
Unmut erregten sie einmal, da sich der Fernsehkonsum der Briten änderte und sich zunehmend an den digitalen und kommerziellen Angeboten wie Netflix, Disney Plus und Amazon Prime ausrichtete.
Die Rundfunkgebühren sorgten aber auch für Unmut, da man der BBC vorwarf, in gesellschaftlichen Kontroversen politisch voreingenommen zu sein. So hatten sich etwa Politiker über die Berichterstattung der BBC beschwert, als über den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union debattiert wurde. Der Forderung nach Abschaffung der Gebühren wurde dadurch populär.
Nach den Plänen der britischen Regierung sollen die Rundfunkgebühren bis 2027 abgeschafft werden. In der Zwischenzeit werden sie für zwei Jahre bei 159 britischen Pfund "eingefroren", was zu einer Finanzierungslücke von 285 Millionen Pfund jährlich geführt hat. Und wie sich der öffentliche Rundfunk in Großbritannien nach 2027 finanzieren wird, ist bislang noch nicht geklärt.
Die BBC steht nun vor einem gravierenden Umbruch: Einige Sender werden geschlossen und werden zu reinen Online-Diensten, andere Formate werden zusammengeschlossen und bei lokalen Fernseh- und Radiodiensten stehen Kürzungen an.
Das hat zur Folge, dass die Sender CBBC, BBC Four und Radio 4 Extra geschlossen und zu reinen Online-Diensten werden. Die fremdsprachigen Dienste des World Service sollen ebenfalls nur noch online verfügbar sein.
Auch bei lokalen Fernseh- und Radiodiensten soll es Kürzungen geben, vorwiegend lokale Radiosender sollen sich in Zukunft Programme teilen, während manche lokale Fernsehproduktionen ganz eingestellt werden.
Diese Reform trifft mehrere Millionen Briten hart, hieß es dazu in The Guardian; und sie könnte die soziale Spaltung im Land weiter vertiefen. Denn es seien oft die älteren und armen Menschen, die keinen Zugang zum Internet hätten. Und viele weitere verfügten zu Hause nicht über einen Breitband-Anschluss, der aber für den Zugriff auf Streaming-Dienste erforderlich sei.
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