Ölembargo gegen Russland: Sanktionen, Allianzen, Drohungen

Wie sich ein deutscher Regierungspolitiker die internationale Lage zurechtbiegt

Michael Roth, SPD-Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses, hat Großes vor. Er wolle eine "internationale Allianz für Energie und Klimaschutz", ließ er Radio Berlin-Brandenburg wissen. Es sei nämlich nicht sinnvoll, dass im Falle eines EU-Embargos das Öl aus Russland dann in andere Staaten fließt.

Das ist entweder schrecklich naiv oder eine versteckte Drohung. Denn entgegen der hiesigen Wahrnehmung beteiligt sich – wie Telepolis bereits mehrfach erwähnte – nur eine Minderheit der internationalen Staatengemeinschaft an den Sanktionen gegen Russland. Nur die Nato- und EU-Staaten und ihre engsten Verbündeten.

Insbesondere China und Indien, die ganze arabische Welt, Afrika und Südamerika sind außen vor, und sie sind andererseits sehr wohl Mitglieder einer bereits bestehenden Allianz für Klimaschutz, nämlich der entsprechenden UN-Konvention und der Pariser Klimaschutzübereinkunft.

An Letzterer hat die Bundesregierung jedoch offensichtlich wenig Interesse, denn andernfalls würde sie nicht den Bau von Flüssiggas-Terminals für Frackinggas aus den USA vorantreiben.

Derweil bereitet die EU-Kommission einen Import-Stopp für russisches Erdöl vor. Doch nicht alle Mitglieder sind davon begeistert. Roth behauptet zwar im RBB-Interview, dass ein Öl-Embargo für "unsere Partner in der EU beherrschbar" sei, hat dabei aber offensichtlich nicht mit allen osteuropäischen Ländern gesprochen.

Ungarn und die Slowakei kündigen jedenfalls Widerspruch an. Immerhin heißt es jedoch aus Bratislava, man würde nachgeben, wenn es für die Slowakei eine Übergangsfrist bis 2023 gäbe.

Auch Prag und Sofia wollen nur zustimmen, wenn es für sie Ausnahmen gibt. Die tschechische Regierung möchte Übergangsfristen von zwei bis drei Jahren und Bulgarien gänzlich von dem Embargo verschont bleiben.

Fraglich ist allerdings, ob das funktionieren kann. Sollte die EU das Embargo beschließen, ist wohl eher damit zu rechnen, dass Russland die Belieferung vorzeitig und für alle Mitglieder einstellt.

Darunter hätten dann die küstenfernen osteuropäischen Länder wie die Slowakei, Ungarn oder die tschechische Republik, die bisher von der Belieferung mittels russischen Pipelines abhängig sind, besonders zu leiden. Die slowakische Regierung verweist darauf, dass die Kapazität der Adria-Pipeline, die als alternative Lieferroute in Betracht käme, begrenzt sei.

Nicht in der neuen, von der Brüsseler Kommission vorgeschlagen Sanktionsrunde enthalten, aber ebenfalls in der Diskussion, ist ein Verbot für alle EU-Reedereien, russisches Öl zu transportieren. Hiergegen gibt es aus Griechenland und Zypern Widerspruch. Die beiden südöstlichen EU-Mitglieder hängen im besonderen Masse von der maritimen Wirtschaft ab.