PiS oder die EU?
Seite 2: Moralisierende Berichterstattung über die europäischen Werte
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Dabei spielen die Gerichte eine immer wichtigere Rolle. Es hat sich nämlich gezeigt, dass in Polen und auch in Ungarn die rechtskonservativen Regierungen bei bürgerlichen Wahlen Mehrheiten erringen können. Die Einmischung der EU könnte sie noch stärken.
Mit einer EU-konformen Justiz will man sich einen Apparat schaffen, mit dem man die Macht dieser EU-kritischen Regierungen stark einschränken will. Das kann dann auch wieder linke Regierungen treffen wie in Griechenland unter Syriza. So soll die Botschaft an die Bevölkerung gehen, es ist egal, wen ihr wählt. Die Justiz sorgt schon dafür, dass alles im Bereich der vielzitierten europäischen Werte bleibt. Wenn es nach der weitgehend moralisierenden Berichterstattung vor allem in Deutschland geht, sind diese europäischen Werte, dass Synonym für Weltoffenheit, Transparenz und damit positiv besetzt.
Wenn man sich von der moralisierenden Sichtweise verabschiedet, muss man konstatieren, dass die Diskussion um die europäischen Werte vor allem dazu dient, die Hegemonie der "Deutsch-EU" durchzusetzen. Minderheitenrechte sind da eher dazu da, auch Linksliberale mit ins Boot zu holen. Es gehört schon viel historische Amnesie dazu, um Minderheitenrechte pauschal zum Markenkern der EU zu erklären.
Schließlich waren die gesellschaftspolitischen Vorstellungen der CDU/CSU zu den Rechten von sexuellen Minderheiten bis in die jüngste Vergangenheit durchaus kompatibel mit den Positionen, wie sie heute die Rechtskonservativen in Ungarn und Polen vertreten. Zudem tangiert es die so viel gerühmten europäischen Werte durchaus nicht, wenn immer mehr EU-Regierungen wie beispielsweise aktuell Dänemark die Abschreckungspolitik gegenüber Migranten weiter vorantreiben.
Auch in Deutschland Streit über EU-Recht
Bei dem Streit zwischen Polen und der EU geht es um Hegemoniefragen innerhalb der EU und unterschiedliche Interessen. Die Diskussion über die europäischen Werte sollen derweil die Linksliberalen führen.
Das wird besonders dann deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Frage, ob europäisches oder nationales Recht Vorrang hat, nicht nur in Polen ein großes Thema ist. Auch das deutsche Bundesverfassungsgericht hat sich wiederholt über EU-Recht hinweggesetzt und hat damit auch Konflikte mit den EU-Apparaten mit den EU-Apparaten nicht gescheut.
Deswegen hat die EU-Kommission erst vor wenigen Wochen gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Hier wird deutlich, dass es um Hegemoniefragen und um unterschiedliche Interessen geht. Es wäre schon positiv, wenn auch beim Streit um die Justiz in Polen weniger über Werte und mehr über Interessen geredet würde.