Pläne zur Evakuierung: Nato bereitet sich auf mögliche Konfrontation mit Russland vor
Die Nato plant für den Ernstfall. Evakuierungen und Rettungspläne werden vorbereitet. Doch sind die Streitkräfte wirklich bereit für einen Konflikt mit Russland?
Die Spannungen zwischen Russland und dem Westen erreichen einen neuen Höhepunkt. Wie das britische Portal Mail Online berichtet, arbeitet die Nato an umfassenden Evakuierungs- und Rettungsplänen für den Fall eines möglichen Krieges mit Russland.
Der deutsche Generalleutnant Alexander Sollfrank, Leiter des Nato-Logistikkommandos, bestätigte, dass das Militärbündnis darauf hinarbeitet, eine hohe Anzahl an verwundeten Soldaten aus den vordersten Linien zu retten.
Kampf gegen einen übermächtigen Gegner?
Nach Angaben von Sollfrank würde ein Krieg mit Russland nicht mit den bisherigen Einsätzen der Nato in Ländern wie Afghanistan oder dem Irak vergleichbar sein.
Man müsse sich auf schwerere Verluste auf einem deutlich größeren Schlachtfeld einstellen. Die Luftüberlegenheit, welche die Nato zuerst erreichen müsse, wäre eine Herausforderung, die Zeit erfordere.
Medizinische Evakuierung: Eine Frage der Logistik
Aufgrund der leistungsfähigen russischen Luftabwehr und des beeindruckenden Raketen- und Geschossarsenals Russlands wären medizinische Evakuierungen per Flugzeug zu riskant.
Die Nato könnte gezwungen sein, speziell entworfene "Krankenzüge" einzusetzen, um Verwundete in großen Mengen zu transportieren. Diese Lösung würde es ermöglichen, mehr Verletzte gleichzeitig zu befördern, als dies mit Flugzeugen der Fall wäre.
Das "militärische Schengen" als Lösung?
Eine weitere Herausforderung besteht darin, unterschiedliche medizinische Vorschriften der Mitgliedsländer zu überbrücken. Eine Lösung könnte ein "militärisches-medizinisches Schengen" sein – eine Anspielung auf den Schengen-Raum, der innerhalb der meisten EU-Länder freie Bewegung ermöglicht.
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Dies würde einen freien Durchgang für sensible Medikamente wie Betäubungsmittel und starke Schmerzmittel bedeuten, die für die Behandlung verwundeter Truppen erforderlich sind, aber deren grenzüberschreitender Transport strengen Regelungen unterliegt.
Vorbereitungen für den Ernstfall
Die Planung für die medizinischen Evakuierungen ist nur ein Teil einer viel breiteren Initiative der Nato, ihre Fähigkeit zur Abschreckung und Verteidigung gegen jede russische Aggression zu verbessern, heißt es von der Nato.
Im Jahr 2024 startete der Nordatlantikpakt die größte Serie militärischer Übungen seit dem Kalten Krieg. Die Übung "Steadfast Defender 2024" testete die kollektiven Fähigkeiten von etwa 90.000 Soldaten aus mehr als 30 alliierten und assoziierten Ländern in den Bereichen Land, Luft, See und Cyber-Konflikt.
Aufrüstung in Europa
In den vergangenen zwei Jahren haben viele NATO-Mitgliedsstaaten in Europa ihre Verteidigungsausgaben erhöht, größere Rüstungsaufträge unterzeichnet und Gesetze erlassen, um ihre militärischen Fähigkeiten zu stärken.
Deutschland hat über 100 Milliarden Euro zugesagt, um seine Streitkräfte zu modernisieren, während Polen sein Verteidigungsbudget auf fast fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts angehoben hat.
Die Einschätzungen der Generäle
Trotz der antiwestlichen Rhetorik Russlands glauben viele Analysten, dass Moskau kein Interesse an einem umfassenden Krieg mit der Nato hat. Norwegens Top-General Eirik Kristoffersen betonte jedoch die Notwendigkeit, dass die Nato ausreichend bewaffnet, ausgebildet und vorbereitet sein muss.
In einem Interview in Oslo im Juni erklärte er, dass Russland momentan nicht in der Lage sei, Europa anzugreifen, aber innerhalb weniger Jahre die Kapazitäten dafür aufbauen könnte.
Großbritannien und die drohende Gefahr
General Sir Patrick Sanders, ehemaliger Chef der britischen Armee, warnte, dass Großbritanniens Streitkräfte derzeit nicht in der Lage seien, einen längeren bewaffneten Konflikt durchzustehen.
Er sagte, dass ein Krieg mit Russland wahrscheinlicher werde, sollten das Vereinigte Königreich und seine Verbündeten die Schwachstellen in ihrer militärischen Kapazität nicht angehen und sich nicht erheblich aufrüsten.
Friedensbewegung gegen Aufrüstung
Die Nato sieht sich vor einer beispiellosen Herausforderung – sich auf eine mögliche Konfrontation mit Russland vorzubereiten, die das Potenzial hat, die militärische und logistische Kapazität des Bündnisses zu testen. Westliche Militärs gehen davon aus, dass eine gemeinsame Aktion der NATO-Mitgliedsstaaten notwendig ist.
Am 3. Oktober wird Berlin indes zum Schauplatz einer Großdemonstration, zu der die Friedensbewegung unter dem Motto "Nie wieder Krieg – Die Waffen nieder" einlädt. Die Veranstaltung, die sich gegen die Stationierung von US-Raketen in Deutschland, die Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sowie gegen deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine und Israel richtet, wird von einer breiten Allianz getragen. Über 3.000 Organisationen und Einzelpersonen haben sich laut Veranstalterangaben hinter das Protestvorhaben gestellt.