Problemsport Fußball: Hitlergruß und Affenschreie

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Die EM-Qualifikation erweist sich als politisches Narrenhaus. In Herne eskaliert eine prokurdische Demonstration

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Begeisterung und Entsetzen nahe beieinander. Während Superstar Ronaldo sein 700. Karriere-Tor schießt, zeigt der Fußball sein absolut hässliches Gesicht. Noch dazu sind es gerade die Qualifikationsspiele zur Fußball-Europameisterschaft 2020, die weltweit für Aufsehen sorgen. Und zwar nicht durch Tore.

Deutscher Gruß und Affenlaute

Der Fußball hat (oder ist?) offenbar ein Problem. Bilder vom EM-Qualifikationsspiel der englischen Nationalmannschaft in Bulgarien machen die Runde, einheimische Fans zeigen auf der Tribüne den Hitlergruß. Gleich mehrfach droht wegen rassistischer Entgleisungen der Spielabbruch. Trotz Stadiondurchsage hören Beleidigungen nicht auf, von den Rängen tönt Affengeschrei - akustische Niedermache.

Einen "Angriff auf die grundlegende Idee von Nationen, die zusammenkommen", nennt der britische Guardian diese Begegnung zweier Nationalmannschaften, ein Duell, bei dem es nur bedingt um Fußball gegangen sei. Greg Clarke, Verbandschef der Football Association (FA), nannte das Geschehen ernüchtert "eine der schrecklichsten Nächte, die ich je im Fußball gesehen habe".

Der Kicker als politisches Hännes'chen

Salutieren für fragwürdige politische Interessen scheint unterdessen immer beliebter zu werden. Die türkische Nationalmannschaft bekundete auf die Weise jetzt ihre Befürwortung der Militäroffensive gegen die Kurden in Syrien. Und das schon zum zweiten Mal. Türkische Spieler hatten bereits am Freitag beim Match gegen Albanien mit einer militärischen Ehrenbezeugung auf dem Spielfeld für Aufsehen gesorgt. Nach dem Siegtreffer zum 1:0 widmeten sie ihren Salut in strammer Haltung den in Syrien eingesetzten türkischen Soldaten.

Politisches Hännes'chentheater? Am Montag wiederholte sich das Schaustück in Paris. Erneut paradierten türkische Nationalspieler vor dem Fanblock, um ihre Loyalität für die Militäraktion in Nordsyrien zu demonstrieren. Und das, obwohl die UEFA bereits ein Verfahren gegen den türkischen Verband eingeleitet hatte; beim 1:0-Sieg in der Vorwoche hatten Spieler sogar noch später in der Kabine den Militärgruß gezeigt.

Ein gepostetes Foto und ein demolierter Kiosk

Der Doofheit nicht genug. Eilig postet Cenk Tosun ein Bild auf Instagram - und erhält Beistand von den deutschen Nationalspielern Ilkay Gündogan und Emre Can, die sein Foto liken. Der nächste Eklat ist gebacken. Gündogan, darauf angesprochen, biegt sich leicht und redet sich im Fernsehen am Montagabend ansonsten sichtlich desinteressiert mit der Behauptung raus, das sei alles "Interpretationssache". Was es da zu "interpretieren" gibt, erfährt der verdutzte Zuschauer nicht. Vielleicht möchte jemand lieber das Banner mit der Aufschrift: "Hört auf, Kurden zu massakrieren" ("Arrêtez de massacrer les Kurdes") interpretieren, das am Montag in der 86. Spielminute in der Arena hoch gehalten wurde, wie die französische Nachrichtenagentur AFP berichtet.

Die EM-Qualifikation bietet ein übles Bild. Währenddessen gibt es erste beunruhigende Nachrichten, dass die Operation des türkischen Militärs in Nordsyrien auf unseren Straßen für Konfliktstoff sorgt. Am Montagabend musste die Polizei in der Ruhrgebietsstadt Herne mit einem Großaufgebot anrücken, Grund war eine Massenschlägerei zwischen Türken und Kurden. Voraufgegangen war eine prokurdische Demonstration, etwa 350 kurdisch-stämmige Demonstranten protestierten gegen die türkische Militäroffensive auf der Straße. Auf ihrem Marsch durch die Stadt kam es zu gegenseitigen Provokationen, ein Kiosk wurde gestürmt und zwei Menschen verletzt. Kurz darauf eskalierte die Situation vor einem türkischen Café, dabei gingen Scheiben zu Bruch und mehrere Menschen erlitten Verletzungen.