Protest gegen Braunkohle
Demonstranten wollen sich nicht mit Dorfzerstörung für den Abbau des Klimakillers abfinden
Rund 3.500 Menschen demonstrierten nach Angaben der Veranstalter am Wochenende am rheinländischen Tagebau Garzweiler 2 gegen den fortgesetzten Abbau von Braunkohle und den drohenden Abriss des Dorfes Lützerath.
Die kleine, zur zwischen Köln und Aachen gelegenen Stadt Erkelenz gehörende Siedlung besteht aus einer Handvoll von Häusern und hat mit Eckardt Heukamp noch einen aktiven Landwirt. Dieser hatte kürzlich, wie berichtet, nach Jahren des Widerstandes unter erheblichen Druck aufgeben und an den Tagebau-Betreiber RWE verkaufen müssen.
In Lützerath wurde im vergangenen Jahr ein Protestdorf aufgebaut, mit dem sich der drohenden Räumung und dem Abriss der verbliebenen Häuser und Hofanlagen widersetzt werden soll.
Solidarische Grüße an die Rheinländer gab es am Samstag unter anderem auch aus der ostdeutschen Lausitz, wo sich ein Teil der Anwohnerinnen und Anwohner ebenfalls gegen die Dorf- und Naturzerstörung durch Tagebaue wehren.
Die Lausitzer Tagebaubetroffenen sind solidarisch mit dem Widerstand im Rheinland. Weder dort noch hier ist Braunkohleabbau eine Lösung. Dass der Lützerather Landwirt Eckardt Heukamp nach jahrelangen Kampf letztlich enteignet wurde, macht uns betroffen. Es kann uns aber nicht entmutigen, wir geben unseren Wald nicht freiwillig her, sondern pflanzen hier für die Zukunft unseres Planeten weiter Bäume!
Rebekka Schwarzbach, Umweltgruppe Cottbus
Die Lausitzer Aktivisten hatten am Freitag in einem von der Grünen Liga gepachteten Waldstück Bäume gepflanzt, um gegen Rodungen zu protestieren. Diese hatte vor einigen Wochen in der Nachbarschaft Tagebau-Betreiber Leag für die Entwässerung seiner Grube durchgeführt.
Großkraftwerk Neurath
Der Tagebau Garzweiler 2 ist derweil nur einer von mehreren in der Region betriebenen. Auf einer Fläche von knapp 31 Quadratkilometern baut der Energiekonzern RWE dort Braunkohle ab, die in seinem benachbarten Großkraftwerk Neurath verbrannt wird.
Braunkohle ist aufgrund ihres geringen Brennwertes der fossile Energieträger mit den größten CO2-Emissonen pro erzeugter Kilowattstunde Strom. Zudem wird sie meist in Großkraftwerken verfeuert, deren Abwärme wegen der großen anfallenden Mengen kaum genutzt vollständig werden können.
So auch im Falle Neuraths. Mit rund 4.200 Megawatt elektrischer Nettoleistung in zurzeit noch sechs Blöcken gehört es zu den größten Kraftwerken Deutschlands. Deshalb muss der größere Teil der Abwärme ungenutzt an die Umwelt abgegeben werden.
Entsprechend liegt der Wirkungsgrad der Anlage unter 50 Prozent. Von den 4.200 sind knapp 600 Megawatt in zwei Blöcken inzwischen in der Sicherheitsbereitschaft. Sie werden also nicht mehr betrieben, aber bereitgehalten, wofür RWE erhebliche Zuschüsse bekommt.
Neurath war 2021 mit 22,1 Millionen Tonnen CO2-Emissionen die Nummer 2 unter den europäischen Kraftwerken. Auf Platz 3 folgte das ebenfalls von RWE im rheinischen Revier betrieben Kraftwerk Niederaußem. Unter den 10 schlimmsten Kraftwerken waren sieben deutsche.
22 Millionen Tonnen entspricht in etwa den jährlichen CO2-Emissionen von Estland. Es gibt nach den Daten des Worldometers 126 Länder und autonome Territorien mit geringeren Emissionen, darunter Südsudan (11 Millionen Einwohner), Sambia (16 Millionen Einwohner), Uganda (37 Millionen Einwohner) oder die Demokratische Republik Kongo mit ihren knapp 80 Millionen Einwohnern.