Rasterfahndung-Domino

Nach Berlin kippt nun Wiesbaden die Rasterfahndung

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Das Landgericht Wiesbaden hat heute im zweiten Anlauf die in Hessen laufende Rasterfahndung für rechtswidrig erklärt. Damit hob es den Beschluss des Amtsgerichts Wiesbaden vom 24. September auf.

Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte die Revision des Studenten am 8. Januar zugelassen (Der 11. September im Gerichtssaal) und dabei sehr genau erläutert, was das Landgericht bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen habe: So sollte es feststellen, "ob eine gegenwärtige Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person besteht und Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Übermittlung der verlangten Daten zum Zwecke des Abgleichs mit anderen Datenbeständen zur Abwehr der Gefahr erforderlich sind".

Das Landgericht kam nun zur Auffassung, dass eine aktuelle Gefahr nicht gegeben ist. Damit folgte es jedoch lediglich der Position der Bundesregierung. Doch eine Rasterfahndung darf nur mit einer gegenwärtigen Gefahr begründet werden, die die höchste Steigerung des Gefahrenbegriffs darstellt. Das Landgericht Wiesbaden stellte jetzt fest, dass sich das Amtsgericht Wiesbaden in seiner Begründung lediglich auf Vermutungen stützt, die über "das Stadium von Mutmaßungen nicht hinauskommen".

Der AStA Giessen, der die Klage eines sudanesischen Studenten unterstützt hatte, sieht sich in seiner generellen Kritik an den stattfindenden Sicherheitsmaßnahmen in der BRD bestärkt. Carmen Ludwig vom "freien zusammenschluss von studentInnenschaften" (fzs) begrüßte das Urteil, "da es unsere Auffassung von der Rechtswidrigkeit der Rasterfahndung bestätigt. Es zeigt sich einmal mehr, dass staatliche Ermittlungsbehörden ohne Prüfung der rechtlichen Grundlagen tätig werden und auf willkürlicher Basis die Daten von tausenden von Studierenden sammeln."

Die bislang in Hessen erhobenen und gespeicherten Daten müssen nun unter der Aufsicht des Hessischen Datenschutzbeauftragten gelöscht werden. Alle aus den Daten gewonnen Erkenntnisse dürfen nicht weiter verwendet werden. Tjark Sauer, Sprecher des Asta Giessen geht davon aus, "dass die Entscheidung des Landgerichts Wiesbaden bundesweit Einfluss auf die Entscheidungen in Sachen Rasterfahndung haben wird."

Zwar kann das Hessische Landeskriminalamt gegen diesen Beschluss Beschwerde einlegen. Doch kann "nach den eindeutigen Ausführungen des Oberlandesgericht Frankfurt in seinem Beschluss vom 8. Januar nicht erwartet werden, dass eine solches Rechtsmittel Erfolg hätte", sagt Rechtsanwalt Wilhelm Achelpöhler, der den Studenten vertreten hat. Schließlich habe das Oberlandesgericht darauf hingewiesen, dass die Gerichte sich nicht auf eine Plausibilitätskontrolle beschränken dürfen, sondern eigenständig feststellen müssen, ob eine die Rasterfahndung rechtfertigende Gefahr besteht.