Raten Sie mal, wie viel billiger Fliegen statt Bahnfahren in Europa ist?

Seite 2: Politische Subventionen haben Flug-freundliche Welt erzeugt

Eine kürzlich erschienene Studie der Organisation "Transport and Environment" hat ergeben, dass den europäischen Regierungen im Jahr 2022 34,2 Milliarden Euro durch eine unzureichende Besteuerung des Luftverkehrs entgehen. Die "Steuerlücke" wird dem Bericht zufolge im Jahr 2025 auf 47,1 Milliarden ansteigen.

Umweltschäden werden dem Luftverkehr dabei generös erlassen. Zudem verursacht Fluglärm bei Anwohnern Bluthochdruck, Infarkte, Depressionen, kognitive Schäden bei Kindern und Verkürzung gesunder Lebenszeit.

Die Kosten, die dadurch im Gesundheitssystem entstehen, werden auf die Allgemeinheit abgewälzt. Dazu kommen noch viele Milliarden an Wertverlusten für Immobilien durch Lärmbelastungen. Bei all dem ist die Flugwirtschaft neben der Schifffahrt die einzige Branche, die sich zu keinen Emissionsminderungen verpflichten muss.

Es sei durch die politische Subventionierungskultur, wie das Umweltbundesamt sich ausdrückt, eine "Flug-freundliche Welt" kreiert worden: mit Airports überall im Land, einem maßgeschneiderten Angebot von Hotel- und Freizeitinfrastruktur und vereinfachten Visabestimmungen.

Dem gegenüber ist die Bahn vernachlässigt worden, während Unsummen in oft nutzlose Prestigeobjekte versenkt werden, wie der kürzlich verstorbene Verkehrs- und Bahnexperte Winfried Wolff nicht müde wurde zu betonen.

Unter Verkehrsminister Volker Wissing wird die Deutsche Bahn nun derart aufs Abstellgleis geschoben, dass es selbst dem Bundesrechnungshof zu viel wurde und er dem FDP-Minister in einem Sonderbericht vorwarf, die Verfassungsaufträge "immer schlechter" zu erfüllen.

Stefan Gössling, Professor an der Linnaeus-Universität in Schweden, der sich mit Flugemissionen beschäftigt, stellt fest:

Kurz gesagt: Wer fliegt, wird subventioniert, wer mit der Bahn fährt, wird durch höhere Preise bestraft – und auch dadurch, dass die Fahrt oft länger ist.

Der Flugverkehr macht global ungefähr 2,5 Prozent der Kohlendioxid-Emissionen aus, die die Erde immer mehr aufheizen. Diese Emissionen sind zudem ohne andere Antriebsformen, die bisher nicht marktreif zur Verfügung stehen, nicht zu vermeiden. Dabei sind es nur die Wohlhabenden, die es sich überhaupt leisten können, zu fliegen.

Global waren 2018 nach Erhebungen von Gössling nur vier Prozent der Weltbevölkerung verantwortlich für alle Auslandsflüge. Der britische Umweltjournalist George Monbiot vom Guardian verweist auf die soziale Ungerechtigkeit dahinter:

Dreiviertel der internationalen Passagiere am größten Flughafen Großbritanniens [Heathrow] reisen aus Freizeitgründen. Sie sind überproportional reich: Ihr Durchschnittseinkommen liegt bei 57.000 Pfund [über 63.000 Euro]. Lediglich 15 Prozent der Briten sind verantwortlich für 70 Prozent der Flüge. Also alle müssen bezahlen für die Urlaube, an denen sich die Bessergestellten erfreuen.

Die Forderungen der Internationalen Energieagentur (IEA) und von Greenpeace sind, die Flugindustrie gemäß ihrer Auswirkungen, Umweltschäden und ihrer Kundschaft angemessen zu besteuern.

Zudem sollten die Regierungen "nationale, einfache und erschwingliche Klimatickets" bereitstellen, wie sie von Österreich 2021 eingeführt wurden, so Greenpeace. Dort kann man nun für drei Euro am Tag den öffentlichen Nah- und Fernverkehr im Land nutzen.

Die Autoren der Greenpeace-Studien mahnen angesichts der Wetterextreme, die vor allem am wenigsten geschützten Menschen im Süden treffen:

Es ist höchste Zeit, dass die Bahn erschwinglicher wird als Fliegen in Europa.