Recycling 2.0: Steuerliche Anreize und ökologischer Fortschritt
Deutschland hat wenige Rohstoffe und setzt auf Recycling. Doch die Kreislaufwirtschaft lahmt noch immer. Der Staat muss eingreifen – doch wie viel Regulierung ist nötig?
Kunststoffreste zu Parkbänken und Zaunpfählen zu recyceln, ist längst nicht mehr Stand der Technik. In Deutschland gibt es aber bereits Beispiele, wie Recycling auch wirtschaftlich erfolgreich betrieben werden kann.
Erfolgsgeschichte: Wie Recycling von Starterbatterien Profite schafft
Vorbildlich ist seit Jahren das Recycling von Starterbatterien, das inzwischen zu 99 Prozent gelingt und Gewinn abwirft. Hintergrund dieser Entwicklung ist die Tatsache, dass die Nachfrage nach Blei die Menge, die frisch aus Bleierz gewonnen wird, deutlich übersteigt.
Das Recycling ist immer dann problematisch, wenn neue Materialien sehr kostengünstig hergestellt werden können, weil die dafür benötigten Rohstoffe extrem billig sind. Hier könnte man steuernd eingreifen.
Neue Wertschöpfungsketten für Zukunft des Recyclings notwendig
Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (Tab) hat in diesen Tagen einen Bericht veröffentlicht, der aufzeigt, wie der Einsatz von Recyclaten in Deutschland verbessert werden kann. Ziel ist es, die Abfallmengen und den Rohstoffverbrauch in Deutschland zu reduzieren.
Dazu sollen mehr Rezyklate bei der Herstellung von Produkten eingesetzt werden. Der Bericht hebt besonders die Herstellung von Kunststoffen, Baustoffen oder Elektrogeräten hervor. Dass dies grundlegende Veränderungen in der gesamten Wertschöpfungskette erfordert, ist im Grundsatz nachvollziehbar.
In der praktischen Umsetzung dürften die geringsten Hemmnisse bei Design und Produktion bestehen, zumindest soweit es sich um Arbeitsschritte handelt, die in Deutschland oder zumindest in Europa angesiedelt sind.
Die Schwierigkeit der sortenreinen Sammlung und deren Auswirkungen
Deutlich schwieriger wird es bei der Sammlung und Verwertung der Abfälle. Kunststoffabfälle müssten dazu sortenrein gesammelt werden, was nur bei den bepfandeten Pet-Flaschen der Fall ist. Dort funktioniert das Recycling, wie das Beispiel der Lidl- und Kaufland-Getränke-Eigenmarken zeigt.
Was die Deutsche Umwelthilfe in diesem Zusammenhang der Schwarz-Gruppe vorwirft, die Tatsache, dass es beim Recycling zu Materialverlusten kommt, die durch gebrauchte Pet-Materialien ausgeglichen werden, die von anderen Herstellern bezogen werden, die dafür auf Neumaterial zurückgreifen müssen.
Kreislaufwirtschaft in der Praxis: Erfolge und Herausforderungen
Ein nicht unerheblicher Schwund im Pet-Kreislauf entsteht aber auch durch die Verwendung gebrauchter Pet-Flaschen, aus denen nicht wieder Flaschen, sondern Kunstfasern für die Textilherstellung hergestellt werden. Diese Textilien können jedoch nicht recycelt werden.
Das Recycling von Kunststoffen, die in der Gelben Tonne oder im Gelben Sack gesammelt werden, leidet darunter, dass Verbundmaterialien und nicht sauber getrennte Teile nicht aussortiert werden können. Werden Aludeckel, Banderole oder Pappe nicht vom Kunststoffbecher getrennt, kann die Sortiermaschine die Teile nicht eindeutig identifizieren und ordnet sie dem Restmüll zu.
Der Tab-Bericht ist übrigens nicht die erste Studie zum Kunststoffrecycling für den deutschen Markt. Bereits 2020 hatte das Umweltbundesamt eine Studie zur ″Prüfung konkreter Maßnahmen zur Steigerung der Nachfrage nach Kunststoffrezyklaten und rezyklathaltigen Kunststoffprodukten″ veröffentlicht. Der Fokus lag dabei vorwiegend auf der Vergabepraxis, die von der öffentlichen Hand direkt beeinflusst werden kann.
Wie soll Rezyklateinsatz in der deutschen Wirtschaft erhöht werden?
Mit regulativen Instrumenten kann der Gesetzgeber der Industrie konkrete Vorgaben machen. Ein Beispiel hierfür ist die Verpackungsverordnung. Sie wird derzeit von der EU verhandelt und könnte sowohl die Recyclingfähigkeit von Verpackungen als auch bestimmte Recyclingquoten vorschreiben.
Auch ökonomische Instrumente sind denkbar. So könnten zusätzliche Steuern auf den Einsatz von Primärrohstoffen erhoben werden, die den Einsatz von Rezyklaten finanziell attraktiver machen. Als kooperative Instrumente nennt der Bericht freiwillige Vereinbarungen zwischen Akteuren, z. B. Herstellern und Verwertern. Solche Selbstverpflichtungen gab es in der Vergangenheit auch im Bereich des EU-Ökodesigns.
Für Kunststoffe bietet sich eine sinnvolle Ausgestaltung der sogenannten Plastiksteuer an. Diese kann, so der Bericht, ökonomische Anreize für ein besseres Recycling setzen.
Bei der Plastiksteuer handelt es sich um eine Abgabe in Höhe von 80 Cent, die alle EU-Staaten für jedes Kilogramm nicht recycelten Plastikmülls an die EU zahlen müssen. Die EU-Mitgliedstaaten haben die Möglichkeit, diese Abgabe an die EU auf nationaler Ebene zu refinanzieren. In Deutschland soll die bisher vom Steuerzahler zu tragende Plastiksteuer ab Januar 2025 auf die Kunststoffhersteller umgelegt werden, die sich allerdings lautstark dagegen wehren.
Fehlende Sortenreinheit behindert das werkstoffliche Recycling
Da der größte Teil der gesammelten Kunststoffabfälle nicht sortenrein ist, konzentriert sich der Tab-Bericht auf chemische und bioenzymatische Recyclingverfahren. Bei diesen Verfahren werden die Grundstoffe, aus denen Kunststoffe bestehen, zurückgewonnen.
Diese neuen Verfahren können dem Bericht zufolge perspektivisch ergänzende Lösungen für nicht werkstofflich verwertbare Abfälle sein. Sie sind jedoch umstritten, da der Energiebedarf sehr hoch ist und die Skalierbarkeit der Verfahren auf industrielle Maßstäbe bisher nicht gesichert ist.
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