Roger Waters warnt vor Untergang der Menschheit

Waters zu Beginn der laufenden Tour "This is not a drill" im vergangenen August in Albany im US-Bundesstaat New York. Bild: KayVeePhotos, CC BY-ND 2.0

Konzert in Köln: Grandiose Band, hinreißende Musik, ein glückliches Publikum und genervte Kritiker. Wie der Musiker seine politischen Gegner ausspielt.

Achtung Achtung, das ist keine Übung! Die herrschende Klasse wird uns umbringen.

So lautet der ursprüngliche und vollständige Titel der Konzertreise des britischen Rockmusikers Roger Waters. Kurzfassung: "This is not a drill". Dahinter verbirgt sich ein Feuerwerk gewaltiger Bilder, eine grandiose Band und hinreißende Musik; ein glückliches Publikum und genervte Kritiker, so unsere Autorin.

Das Konzert des früheren Pink-Floyd-Frontmanns in Köln empfand sie als fantastisch. Wegen seiner Musik natürlich, aber auch wegen einiger der politischen Botschaften – während andere Stellungnahmen zu harscher Kritik und Boykottaufrufen geführt haben. Aber auch überwältigend sei der Abend gewesen. Wegen der Videokunst.

Für Roger Waters geht es um nicht wenig: Er warnt auf seiner Tournee vor einer schrecklichen Zukunft und einem möglichen Untergang der Menschheit.

Waters in der Kölner Lanxess-Arena

9. Mai: Ich bin drin, in der Kölner Lanxess-Arena. Eine Stunde anstehen, inmitten von Menschen, die in freudiger Erwartung auf Einlass warten. Rund 11.000 sind gekommen, trotz oder vielleicht auch gerade wegen der Warnungen, die von den Stadtoberen, von Kirchenfunktionären, der jüdischen Gemeinde und sogar von Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) geäußert wurden.

Es nieselt leicht, aber niemand klagt. Um mich herum sehe ich viele Menschen meines Alters – und älter: graue Haare, noch eigene Zähne, Brille, aber auch jüngere sind dabei. Schlagartig wird mir klar, warum die Halle komplett bestuhlt ist. Es gab kaum Stehplätze. Man sieht viele Männer in Jeans- und Lederjacken in Blouson-Stil, der aus der Zeit gefallen scheint.

Das Sicherheitspersonal kontrolliert die mitgebrachten Gegenstände, bei den Frauen dauert es wieder mal länger als bei den Männern. Handtaschen, kleine Rucksäckchen, Regenschirme, Butterbrot und Wasserflaschen: Alles, was Männer nie mit sich herumschleppen würden, haben Frauen an sich hängen. Reicht nicht auch mal eine Bauchtasche?

An der Seite vor dem Gebäude sieht man ein Grüppchen Demonstranten, die palästinensische Fahnen schwenken. Roger Waters wird beim Konzert sagen, sie hätten ihn begrüßt. Es sind Mitglieder der palästinensischen Gemeinde von Bonn und Köln, die meisten ebenfalls älter, vereinzelt Jugendliche.

Die Lanxess-Arena ist ein ovaler Bau, der sowohl für Kultur- wie für Sportveranstaltungen errichtet worden ist. Anstatt des Spielfeldes kann eine 360-Grad-Bühne aufgebaut werden, mitten im Oval.

Über dieser Bühne schwebt heute eine riesige, höhenverstellbare und kreuzförmige Bildschirmkonstruktion, damit das Geschehen auf der Bühne aus allen Richtungen gut zu sehen ist. Bei Hallenspielen ist diese Bildschirmkonstruktion nicht vorhanden, deshalb vermute ich, dass das Tourmanagement sie mitgebracht hat.

Pink Floyd waren ja schon früher dafür bekannt, dass sie tonnenweise Material und eigene Bühnentechnik mitschleppten. Aufbau und Einrichtung eines solchen technischen Kolosses dauert ein paar Tage. Wahrscheinlich war die Crew schon Tage vor der Ankunft der Musiker mit dem Aufbau beschäftigt.

Ich habe lange kein Rockkonzert mehr besucht. Die Karte zu Waters' Köln-Konzert war ein Geschenk meines Mannes. Eigentlich bin ich keine Pink-Floyd-Kennerin, war nie auf einem ihrer Konzerte, auch nicht bei den Stones oder anderen weltberühmten Bands. Die Entwicklung der Band und ihrer Mitglieder habe ich nicht verfolgt.

Die Melodien fand ich großartig, klar, ich kann sie mitträllern, aber die Titel, die Namen der Musiker sagten mir lange Zeit nichts und auch die Texte habe ich in meiner Jugend nur halbwegs verstanden, geschweige denn behalten. Meine Schwester hatte eine LP von dieser Gruppe, das erinnerte ich noch. "Atom Heart Mother". Die einzige Langspielplatte, die sie von dieser Gruppe besaß.

Und nun das: Politiker wollten den Rockmusiker Roger Waters, ein Gründungsmitglied von Pink Floyd, wieder ausladen, seine Auftritte verbieten. Also googelte ich fleißig, um das Versäumte nachzuholen.

Politische Kritik an Waters: Drohung der Absage seiner Konzerte

Monatelang hatte im Vorfeld seiner Konzertreise durch Europa in Frankfurt, Köln und München eine Phalanx von Politikerinnen und Politiker von Kommunen bis hin zur Bundesregierung, religiösen Funktionären, der deutsch-israelischen Gesellschaft, jüdische Gemeinden, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister und nicht zuletzt Medien Alarm geschlagen.

Der Vorwurf: Antisemitismus, wegen seiner Unterstützung der "Boycott, Desinvest, Sanctions"-Kampagne (BDS) gegen die israelische Palästina-Politik. Schon vor einigen Jahren wurden solche Vorwürfe gegen den Pink-Floyd-Mitgründer erhoben, als er ein aufblasbares Schwein mit religiösen Symbolen, unter anderem dem christlichen Kreuz und – für viele skandalös – dem Davidstern sowie mit Bildern von Geldbündeln mit Dollarzeichen durch den Konzertsaal schweben ließ.

Oder als er in früheren Jahren das brutale Vorgehen von israelischer Polizei und Armee gegen die Palästinenser mit dem Vorgehen der Nazis gegen die Juden in den 1930er-Jahren, also noch vor der Shoah, verglich. Mit Entrechtung, Enteignung, mit dem Boykott jüdischer Geschäfte, mit Pogromen, Berufsverboten, Vertreibung, Entzug der bürgerlichen Rechte, Erniedrigung und ständigen Bedrohungen.

Man erinnere sich: Westdeutsche und europäische Linke haben in den 1970er- und 1980er-Jahren eine ähnliche Position vertreten. Später wurde Kritik an der israelischen Besatzungspolitik per se als Angriff auf Israel umgedeutet und mit dem Vorwurf des Antisemitismus belegt.

Seither ist es in Deutschland – so der Eindruck der Autorin dieser Zeilen – schwerer möglich, Kritik an der israelischen Besatzungspolitik zu üben.

Politischer Druck und Abstimmung mit den Füßen

Gegen Konzertabsagen und Druck von politischer Seite, seine Auftritte zu verbieten, hat der Musiker vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht auf Kunstfreiheit geklagt und gewonnen.

Ich bin gespannt, was an diesem Abend passiert.

Eröffnet wird das Konzert mit der gut gelaunten Ansage: "Das Gericht hat festgestellt, dass ich kein Antisemit bin. Das ist großartig." Doch das stimmt so nicht.

Waters' deutscher Anwalt hatte nicht gegen den Vorwurf des Antisemitismus geklagt, keine Gegendarstellungen oder Richtigstellungen verlangt. Gegenstand der Klage war die Freiheit der Kunst. Das Gericht sah jedenfalls keine strafbaren Handlungen für die Veranstaltung vorliegen und auch keine Gefahr, dass solche bei den Konzerten begangen werden könnten.

Also finden die Konzerte statt, und die Gegner:innen sehen zähneknirschend zu. Nicht mehr lange, glaube ich, denn die grüne Kulturstaatsministerin Roth plant ein Gesetz, dass ebensolche Urteile aushebeln und die Kunstfreiheit erheblich einschränken könnte.

Waters bekam Rückenwind von prominenten Musikerkollegen, die die Bundesregierung baten, sich für die Kunstfreiheit einzusetzen und erbitterte Vorwürfe von Polly Samson, der Freundin seines früheren Bandkollegen David Gilmour, der ein Antipode zu Waters' Ansichten zu sein scheint und auch in Israel auftritt.

Das Publikum aber freut sich, sehr zur Enttäuschung der kritischen, geradezu gegnerischen Kommentatoren und Politiker:innen. Die Leute kommen natürlich vor allen wegen des Pink-Floyd-Zaubers, der magischen Musik, sind aber auch offen für etliche der politischen Ansichten, die Waters vertritt, die neben den Antisemitismus-Anschuldigungen gegen ihn aber kaum einmal erwähnt werden. Viele dieser Ansichten decken sich mit klassisch antiimperialistischen und linken Positionen.

So wird dieses Konzert zu einer regelrechten Abstimmung mit den Füßen. Ganz anders als die, zu der der katholische Stadtdechant aufgerufen hatte.

Und dann geht es richtig los

Die Arena ist dunkel. Im Schwarz des Saales leuchtet eine weiße Laufschrift auf dem Bildschirm. Alles, was Waters sagt, ist dort zu lesen. Oder ist es vorproduziert?

Seine Stimme ertönt im Tonfall eines Conférenciers, die in einer etwas launigen Ansage erklärt, dass Leute, die zwar seine Musik mögen, aber mit seiner Politik nichts anfangen könnten, sich doch bitte an die Bar "verpissen" möchten. Ich vermute, er meint damit insbesondere die Feuilletonisten, die seine Auftritte verreißen. Das Publikum lacht freundlich, einzelne zustimmende Pfiffe sind zu hören. Niemand verlässt den Saal.

Und dann geht es richtig los: wuchtige Bilderbotschaften zu magischen Klängen.

Es beginnt mit dem Lied "Comfortably Numb" und dazu auf der Bildschirmwand eine Wolkenkratzersilhouette, schwarze Stahlstrukturen, helle Fenster, die erst wie leer wirken und allmählich zu grauen, zerrissenen Betonskulpturen werden; unwirklich, in Nebel eingehüllt, und einer schwindelerregenden Kamerafahrt in die Tiefen von Straßenschluchten, Menschenmassen in der Megastadt, alle grau und verschwommene Masse, wie eine Achterbahnfahrt.

Atemberaubende, verstörende Szenen von Krieg, Zerstörung, Flucht, Menschen im Elend wechseln mit Sequenzen aus der Geschichte von Pink Floyd, Reminiszenzen an das Gründungsmitglied und Waters' Freund Syd Barrett, der 2006 verstorben ist, und andere Weggefährten.

Ich wüsste gern, wer die Videokünstler sind. Sie haben fantastische bildliche Umsetzung der Songtexte geschaffen, dichte Bilder. Disney und Marvel sind nichts dagegen. Vielleicht ein wenig viel auf einmal, da haben einige Kritiker recht. Manchmal ist weniger mehr, möchte man dem Musiker zurufen.

Es geht weiter mit "Happiest Days of our Live".

"We are Good. They are Evil. Control the Narrative. Rule the World" fließt in Riesenlettern über den Bildschirm. Indes spielt die Band "Another Brick in the Wall". "Make Love not War", fordern die Riesenbuchstaben der Bildschirme.

Für Waters sind alle US-Präsidenten seit 1989 Kriegsverbrecher, auch Wladimir Putin und Xi Jinping gehören für ihn zu dieser Kategorie. Er will sie alle vor Gericht sehen. So wie auch ich.

Der Song "Wish You Were Here" fehlt natürlich nicht und ebenso wenig die Hommage an Syd Barrett, Waters Jugendfreund und Mitgründer von Pink Floyd: "Shine On You Crazy Diamond".

Die letzten Lieder vor der Pause "In The Flesh" und "Run Like Hell", zeigen nach den Schafen, die zur Schlachtbank sollen, gespenstische Szenen in roten und dunklen Farben. Gekreuzte Klauenhämmer marschieren zu düsteren Klängen und unheilschwangeren Trommelschlägen wie Soldaten zum Krieg.

Waters erscheint auf der Bühne als Diktator im schwarzen Ledermantel, der brüllend eine Ansprache mimt, mit den Bild-Slogans "HAMMER, HAMMER, MORE GUNS; KILL; MORE LAWS, MORE TRUCKS, MORE CRIME, HAMMER, HAMMER, MORE MEN SERVING, MORE TIME, MORE BLOOD", also der Ruf nach immer mehr Waffen, mehr Soldaten, mehr Blutvergießen.

Atemlos, pausenlos. Die Bilder tun weh, sie wirken beklemmend. Die Musik hämmert.

Das Publikum ist gebannt.

Collateral Murder: Der Mord aus heiterem Himmel

Aus großer Höhe schießt die Besatzung eines Hubschraubers eine Gruppe von Männern nieder, die nichtsahnend an einer Straßenecke stehen.

Rötlich und schwarz eingefärbte Szenen. Ein Hubschrauber kreist in großer Höhe über den Opfern, man kann ihre Gesichter erkennen. Aus dem Funkverkehr zwischen zwei Männern, ist krächzend und verzerrt Folgendes zu hören:

do you see all those people? (Sehen Sie all diese Leute)
Oh Yeah. (Jep)
One of them has a weapon. (Einer hat eine Waffe)
Oh yeah. (Jep)
We have five to six individuals with AK 47s. (Wir haben hier 5 bis 6 Individuen mit Kalaschnikovs)

Request permission to engage (Erbitte Schießerlaubnis).

Light them all up! (Schießbefehl erteilt. Legen Sie sie alle um).

Ein Maschinengewehr knattert, die Männer auf der Straße rennen, fallen hin, suchen Deckung. Keiner hat eine Chance, alle werden umgebracht. Ein riesiger, glutroter Feuerball lässt das Bild förmlich explodieren.

Im Saal: Erst Stille. Pfiffe. Applaus brandet auf.

Mir treibt es fast die Tränen in die Augen, ich kenne das Video. Alle im Saal scheinen es zu kennen. Es ist unter der Bezeichnung "Collateral Murder" vor Jahren um die Welt gegangen und sorgte für Protest. Es ist die Dokumentation des Angriffs eines US-Kampfhubschraubers auf eine Gruppe irakischer Zivilisten im Juli 2007.

Zwei Journalistenkollegen von der Nachrichtenagentur Reuters waren unter den Opfern, Namir Noor Eldeen und Saeed Chmagh. Die anderen Opfer waren allesamt Zivilisten, keine Terroristen. Bei den insgesamt drei Angriffen starben nach Schätzungen zwischen zwölf und 18 Menschen, zwei Kinder wurden verwundet.

Bradley Manning hat es geleaked und Wikileaks hat es veröffentlicht. Das war neben den Folterbildern aus dem Gefängnis Abu Ghraib, die als private Handyvideos ins Internet gelangten, ein weiterer Beleg für US-Kriegsverbrechen im Irakkrieg.

Darauf die Schrift an der Wand:

What the fuck was that?
Fuck me, who did they kill?
Two Reuters cameramen,
Namir Noor eldeen und Saeed Chmagh
and 8 other civilians.

Fuck! What happened to the killers?
Nothing! Zuschauer pfeifen

Wow, where did the footage come from?
It was leaked by a very courageous american soldier.
Chelsea Manning – Beifall und Jubel

to an equally courageous Australian publisher,
Julian Assange.

Großer Beifall.

FREE JULIAN ASSANGE!

Der Saal ist begeistert, die Fans klatschen und johlen.

Die Pause danach tut gut.

Das Publikum hat die Botschaften verstanden – auch wenn viele von der Wucht und Opulenz der optischen Eindrücke ein wenig mitgenommen wirken –, und sucht nach Wegen, sie umzusetzen. In der Lobby steht ein kleiner Stand von "Free Assange Köln", einer Gruppe von Unterstützern von Julian Assange, die Unterschriften sammeln und Flugblätter verteilen. Der Musiker hat die Free-Assange-Gruppe eingeladen, sein Konzert zu begleiten.

Waters unterstützt Julian Assanges Kampf gegen die Auslieferung an die USA.

Die Kölner Aktiven haben in der zwanzigminütigen Pause jede Menge zu tun, viele Menschen drängt es geradezu, Julian Assange irgendwie zu unterstützen, und sie scheinen froh, dass sie bei dem Konzert eine Gelegenheit dazu bekommen.

Das Publikum ist schon älter

Das Publikum ist ja schon älter, im Durchschnitt wohl über 50, und kennt die Wikileaks-Enthüllungen zu den Kriegsverbrechen der USA und der Nato. Viel Sympathie und Interesse wird den Aktivisten spontan entgegengebracht. Jüngeren muss man die Geschichte von Wikileaks oft noch erläutern.

Die Pause ist vorbei, es geht in die zweite Runde. Ja, da sind auch die Schweine wieder, ohne Davidstern dieses Mal, dafür mit der Aufschrift "Fuck the Poor". Daneben Dollarnoten und die Embleme von Rüstungsfirmen. "Us and them" thematisiert in den Bildern und im Text Menschenschicksale, das Los von Obdachlosen, Armut, der Flucht vor Hunger und Krieg. Wohnungslose schieben ihre Habseligkeiten vor sich her, Menschen werden in den Krieg geschickt. Dazu der Liedtext.

The first verse is about going to war, how on the front line we don't get much chance to communicate with one another, because someone else has decided that we shouldn't. The second verse is about civil liberties, racism and colour prejudice. The last verse is about passing a tramp in the street and not helping,

schreibt die englische Wikipedia.

"Any Colour You Like" ist ein wunderbarer Film über die Vielfalt der Menschheit, der menschlichen Kulturen und Lebensweisen. Sehr optimistisch.

"Brain Damage" und "Eclipse" folgen. Aber die Apokalypse kommt in "Two Suns In The Sunset" in der Form einer Graphic Novel in Zeitlupe. Ein Autofahrer fährt auf einer Landstraße in den Sonnenuntergang. Die entspannte Szene kippt allmählich ins Unheimliche, der Wald wird seltsam blau und die Straße gelb. Plötzlich steigt am Horizont eine rote Wolke auf, ein Atompilz. Eine Feuerwalze rast auf den Autofahrer zu.

Der Mann steigt aus und steht da wie angewurzelt, seine Augen aufgerissen vor Unglauben und Entsetzen, er kann nicht fliehen, nirgends ist Rettung in Aussicht. Überlebende der ersten Angriffswelle steigen aus den Trümmern, sie verglühen in der Feuersbrunst zu Asche.

Das muss man erst mal verarbeiten. Schwerer Stoff.

Aber es ist erst zu Ende, wenn es gut wird, nicht wahr?

Jedenfalls gibt es zum guten Schluss, nach all den Schrecken, die uns vielleicht noch bevorstehen, ein wunderbares neues Waters-Stück, "The Bar". Eine Ode an – nein, nicht an Stammtische und ihre Parolen –, sondern an einen Ort, an dem man sich treffen kann, Geschichten erzählen, zuhören, debattieren, lachen, weinen, gemeinsam feiern, sich gegenseitig helfen und stützen, erinnern und Hoffnung schöpfen.

Waters sagt, die Bar sein ein Ort in seinem Kopf. Dorthin verwies er zu Beginn des Konzertes die Leute, die zwar seine Musik mögen, aber mit seiner Politik nichts anfangen können. Nur, das haben die wenigsten der Kritiker begriffen.

Begleitung zu diesem Lied werden Fotos aus dem Leben von Waters' Familie eingeblendet, von seinem Vater, der als Soldat im Zweiten Weltkrieg fiel; seiner Mutter, seinem jüngeren Bruder, der im vergangenen Jahr verstorben ist.

Waters' greift in die Tasten, und singt dazu wie in einer Pianobar, auf dem Klavier stehen zwei Flaschen, von denen er gelegentlich einen Schluck nimmt. Er hat den Song für Julian Assange geschrieben, erfahre ich später. Es ist ein ruhiges und langes Stück.

Das könnte dann doch noch ein Taschenlampen- und Feuerzeug-Moment werden. Aber nein, die dazu nötigen Smartphones werden leider nur zum Filmen genutzt und viele haben das Rauchen offenbar aufgegeben.

Und eine Art Zugabe gibt es in dem galanten Abgang der Band. Roger Waters stellt sie alle sehr ausgiebig vor.

Die Künstler:innen gehen singend und spielend von der Bühne.